"Ich werde Ihnen jetzt die Finger brechen!"

Von Ulrich Panzer · 13.08.2007
Die Anwendung von Folter ist in den westlichen Demokratien uneingeschränkt verboten. In den letzten Jahren hat jedoch eine Diskussion darüber eingesetzt, ob gezielte Gewalt gegen Strafverdächtige in Ausnahmefällen zugelassen werden sollte.
Auslöser waren die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA und die Entführung des Bankierssohns Jakob von Metzler im Herbst 2002. Damals hatte der Frankfurter Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner dem Entführer mit körperlicher Gewalt gedroht, sollte er das Versteck seines Opfers nicht preisgeben.

Gibt es eine moralische Rechtfertigung der Folter, wenn es darum geht, Menschenleben zu retten? Oder verbietet sich schon allein der Gedanke daran, weil Folter die Menschenwürde verletzt und jede Aufweichung des Verbots verheerende Konsequenzen haben kann?

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Links:
Menschenwürde und Folterverbot
Darf Deutschland ausnahmsweise foltern?
Human Rights Watch

Literatur:

Rainer Trapp: Folter oder selbstverschuldete Rettungsbefragung?
Mentis Verlag
28,80 Euro
Der Osnabrücker Philosophieprofessor befürwortet den Einsatz von Folter als letztem Ausweg in Ausnahmefällen, wenn es z.B. darum geht, ein in Lebensgefahr schwebendes Entführungsopfer zu befreien, der von der Polizei gefasste Täter sich jedoch weigert, die dafür nötigen Informationen preiszugeben. Die Argumentation des Autors ist in sich stringent und wirkt zunächst überzeugend, allerdings vernachlässigt und unterschätzt Trapp die Folgen und Gefahren der von ihm geforderten, euphemistisch als "Rettungsbefragung" bezeichneten Folter.

Wolfgang Lenzen (Hrsg.): Ist Folter erlaubt?
Juristische und philosophische Aspekte
Mentis Verlag
34 Euro
Ein Sammelband, in dem vorwiegend Befürworter einer Lockerung des Folterverbots ihre Sichtweise darlegen. Hier findet sich u.a. auch eine Kurzfassung der Abhandlung von Rainer Trapp.

Gerhardt Beestermöller, Hauke Brunkhorst (Hrsg.): Rückkehr der Folter
Der Rechtsstaat im Zwielicht?
Becksche Reihe
12.90 Euro
Ein Sammelband mit Aufsätzen, die sich kritisch mit der Forderung nach einer Aufweichung des Folterverbots auseinandersetzen. Z.T. sehr lesenswert, leider einige Dopplungen.

Jan Philipp Reemtma: Folter im Rechtsstaat?
Hamburger Edition
12 Euro
Der Autor spricht sich gegen eine Lockerung des Folterverbots aus, da dadurch der Rechtskultur beschädigt und letztlich aufs Spiel gesetzt werde: "Wir sind, was wir tun. Und wir sind, was wir versprechen, niemals zu tun." - Nicht ganz leicht zu lesen, aber die differenzierte Herangehensweise macht das Buch zu einer lohnenden Lektüre. Was die Arbeit zusätzlich interessant macht, ist der persönliche Hintergrund des Autors, der Mitte der neunziger Jahre selbst Opfer einer Entführung war.

Murat Kurnaz: Fünf Jahre meines Lebens
Ein Bericht aus Guantanamo
Rowohlt Verlag
16.90 Euro
Kurnaz beschreibt sehr detailliert seine Erfahrungen während der Haft in Guantanamo. Eine beklemmende und berührende Lektüre. Der Eindruck des Schreckens wird durch den betont nüchternen Stil des Buchs verstärkt.

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