"Ich war versessen auf das Leben"

Nach einem Beitrag von Barbara Rosenberg · 09.03.2005
"Der Berliner hat sich nicht geändert, er hat eine große Schnauze und ist im Grunde gutmütig - ich lebe gern hier und fühle mich stinkewohl." Diese klaren Worte hat einst Brigitte Mira gesprochen, die nun im Alter von 94 Jahren in einem Krankenhaus in <em> ihrem </em> Berlin gestorben ist. Sie ist zwar gebürtige Hamburgerin, wurde aber als eine der "Drei Damen vom Grill" für die Fernsehzuschauer zu <em> der </em> Ur-Berlinerin schlechthin. Große Anerkennung erhielt sie bereits 1973 für ihre Hauptrolle in dem Fassbinder-Film "Angst essen Seele auf".
Geboren wurde sie am 20. April 1910 in Hamburg. Der Vater, ein russischer Jude, war Pianist. Mit acht Jahren kam Brigitte Mira auf die Ballettschule und stand Ende der 20er Jahre bereits auf der Bühne. 1930 wurde sie Soubrette am Stadttheater in Bremerhaven. Ab 1941 trat sie in Berlin im Theater und im Kabarett auf. Da sie in der Nazizeit als Halbjüdin galt, besorgte sie für sich und ihren Vater falsche Papiere für den arischen Nachweis. Ihre Naivität gegenüber der Nazipolitik konnte sich Brigitte Mira nie verzeihen.

Schlagerparade, Volksstücke, Musicals und komische Rollen in den Filmen der 50er Jahre - Brigitte Mira war lange die Ulknudel vom Dienst. 1972 holte sie Peter Zadek nach Bochum für seine Fallada-Revue "Kleiner Mann, was nun". Dort lernte sie Rainer Werner Fassbinder kennen und spielte in seiner Fernsehserie "Acht Stunden sind kein Tag" mit und wurde Teil des Fassbinder-Clans.

Später ging sie mit den "Alten Schachteln" auf Tournee und hat ihre Mitstreiterinnen überlebt. Auch die über 90-Jährige spielte noch in Filmen mit, trat bei Galas auf und tourte als letzte "Alte Schachtel" mit ungebrochener Energie durch die Bundesrepublik. In ihren Memoiren "Von ganzem Herzen" ist ein Kapitel mit dem Titel "Ich war versessen auf das Leben" überschrieben. Das hat ihr über alle Schicksalsschläge und früheren Enttäuschungen hinweggeholfen.