"Ich wäre froh, sie wäre heute noch da"
Der Schauspieler Hardy Krüger glaubt, dass Romy Schneider auch an ihrem Erfolg zerbrochen ist. Romy habe zwar einen unbeugsamen Charakter gehabt, sie habe aber nicht mit ihrer Berühmtheit und ihrer Einsamkeit umgehen können, sagte Krüger.
Liane von Billerbeck: In Hamburg bin ich jetzt telefonisch mit dem Schauspieler Hardy Krüger verbunden, der wie Romy Schneider einer der ersten internationalen Filmstars aus Deutschland in der Nachkriegszeit war und mit allen Großen seiner Zeit gespielt hat. Einen schönen guten Tag!
Hardy Krüger: Einen schönen guten Tag Ihnen und unseren Hörern!
von Billerbeck: Wie ist das für Sie, diese Vorstellung einer 70-jährigen Romy Schneider?
Krüger: Ach, das hätte mich nicht weiter gestört. Ich wäre froh gewesen, sie hätte nicht ein so tragisches und schwieriges Leben gehabt, seit der Mitte des Lebens auf jeden Fall. Ich wäre froh, sie wäre heute noch da. Denn ich bin mit 80 ja auch nicht mehr so wie ich war mit 25.
von Billerbeck: Wann sind Sie Romy Schneider eigentlich zum ersten Mal begegnet?
Krüger: Ich habe sie zum ersten Mal gesehen, ihr guten Tag gesagt zusammen mit Hans Söhnker. Da muss sie 15 oder 16 gewesen sein. Sie war damals in dem Film, den Sie auch gerade haben erwähnen lassen, "Wenn der weiße Flieder wieder blüht". Und sie war ein pausbäckiges, junges Mädchen, entzückend und wir, Hänschen und ich, fanden sie beide wunderbar und haben gedacht, dass wenn sie in besseren Filmen in Zukunft als in diesem "Weißen Flieder" spielen darf, aber das war in der Zeit sehr schwer, dann wird aus ihr sicher mal eine große Schauspielerin.
von Billerbeck: Haben Sie ihr damals was geraten, Kind, mach was anderes?
Krüger: Nee, das tue ich nie. Höchstens, ich werde gefragt und dann sehr ungern. In künstlerischen Berufen nützt es eigentlich niemandem, einen Ratschlag zu bekommen. Ich habe damals da nie gesehen, das Sie meinen, wenn ich ihr den Rat gegeben hätte, ins Ausland zu gehen, sehr früh, denn ich war dabei, mich von Deutschland zu verabschieden aus den Gründen, die ich eben angedeutet habe für Romy. Ich wollte in den seichten Filmen nicht mitspielen. Und dann habe ich sie gesehen in den "Sissi-Filmen", die ja davon gelebt haben, dass die Romy einen unglaublichen Charme und eine Kraft ausgestrahlt hat als junge Frau, die sie im Leben nicht hatte. Und als ich in Paris gearbeitet habe, denn ich habe ja lange da gelebt und Filme gemacht, wurden diese "Sissi-Filme" in Paris zu einem großen, großen Erfolg, lange, bevor sie in dem eben bei Ihnen erwähnten Theaterstück auftrat, wenn ich mich nicht irre.
von Billerbeck: Romy hat ja Deutschland verlassen, hat ihre Familie verlassen und das Land und ist dann in Frankreich vor allem berühmt geworden mit ganz anderen Filmen als mit diesen "Sissi-Filmen", die Sie eben erwähnt haben. Auch Sie haben ja als junger Schauspieler Deutschland verlassen. War es nur der Grund, nicht in seichten Filmen spielen zu wollen oder spielten da auch politische Motive eine Rolle?
Krüger: Nein, überhaupt nicht. Politische Motive konnte keine Rolle gespielt haben, denn keiner wollte. Ich war der erste deutsche Schauspieler nach dem Krieg, der sich da hat sehen lassen und da ich blond und blauäugig war, habe ich die Vergangenheit, die Verbrechen der Deutschen um die Ohren gekriegt. Doch es gab gar keine Möglichkeit dort, für Romy vielleicht. Ich will ja nicht von mir reden. Für Romy wäre es sicherlich möglich gewesen, erst mal, weil sie Österreicherin war. Den Österreichern hat man ja politisch Vieles verziehen. Und zum anderen war sie jung und eine Frau und unbekümmert und man konnte ihr gar keine Vorwürfe machen. Sie hat ja mit dieser schrecklichen Zeit nichts zu tun gehabt.
von Billerbeck: Aber Ihnen hat man die Vorwürfe gemacht?
Krüger: Ja, zur Genüge. Ich habe das auch verstanden. Hänschen Söhnker, ich habe ihn erwähnt, er war derjenige, der den Mut gehabt hat, mir, dem 15-Jährigen zu sagen, dass Hitler ein Verbrecher ist. Und so habe ich das sehr früh erfahren, auch von Hänschen erfahren, dass es für uns …
von Billerbeck: Vor dem Ende des Krieges, muss man dazu sagen.
Krüger: Zwei Jahre vor dem Ende des Krieges, ja. Er ist ein großes Risiko eingegangen. Ich hätte ja ein schlechter Charakter sein können und bei der Gestapo ihn anzeigen können, was ich nicht gemacht habe. Wir sind lebenslange Freunde gewesen, geworden. Da habe ich schon gewusst, von Söhnker angeregt, dass wir Deutsche, denn dieser Krieg, der geht ja zu Ende, das war klar, er war verloren, schon zwei Jahre vor Kriegsende, dass wir Deutsche es in anderen Ländern sehr schwer haben werden. Und ich habe trotzdem es gewagt dahin zu gehen und wollte das mal probieren. Aber à la longue ist es ja auch gutgegangen. Ich habe ja im Ausland Karriere machen können, obgleich es am Anfang schwer war.
von Billerbeck: Ich wollte gerade fragen, wie lange es gedauert hat, Sie als blonder, blauäugiger Klischeedeutscher, wann Sie diese Rolle losgeworden sind.
Krüger: Durch meinen ersten Film in England. "Einer kam durch" hieß der auf Deutsch. Das war das Gegenteil eines Klischeedeutschen und das Publikum in England hat den Film mit großer Begeisterung aufgenommen, die Presse auch und der lief um die ganze Welt als Erfolgsfilm. Und damit hatte ich es dann leichter.
von Billerbeck: Wenn Sie an Romy Schneider denken, was ist da der Film, den Sie am stärksten in Erinnerung haben und den Sie sich immer wieder ansehen würden?
Krüger: Oh, ich glaube, dass es die Filme waren, die sie später gemacht hat in Paris, weil ich da ja schon sehen konnte, dass sie erwachsen wurde und dass sie eigentlich aus ihrem persönlichen Leiden herausgebrochen ist mit ihren Rollen. Und welche ich davon mir immer wieder ansehen würde, das kann ich jetzt nicht beurteilen. Im Moment fällt mir das nicht ein. Aber da war sie wirklich hervorragend geworden. Und es hat mir nur sehr leidgetan, sie hat mich auch in London noch mal angerufen, wir waren ja miteinander befreundet, haben uns öfter gesehen usw. Und sie hat mich einmal in London angerufen und hat mich, weil ich von Paris zurückkam nach London, nach Alain ausgefragt.
von Billerbeck: Alain Delon, die große Liebe.
Krüger: Ja, das wusste sie damals noch nicht. Sie wollte wissen, was ich davon halten würde, wenn sie nach Paris gehen würde. Und da hat sie auch Alain erwähnt. Ich kann mich jetzt im Moment nicht mehr erinnern, in welchem Zusammenhang. Ich glaube, es war mit Visconti, der etwas mit Romy und mit Alain drehen wollte. Und dann habe ich eben gesehen, wie sie eigentlich doch unter der Verbindung mit Alain aus den verschiedensten Gründen, die auch mit Visconti zu tun hatten, gelitten hat.
von Billerbeck: Ihr letzter Ehemann, Daniel Biasini hat ja sich öffentlich beklagt, dass von Romy immer so das Bild des unglücklichen Wesens gezeichnet würde, und sie wäre doch, so sagt er, auch eine sehr starke Frau gewesen. Und Robert Lebeck, der Fotograf, hat hier im Interview auch gesagt, sie sei sogar eine Nervensäge gewesen. Wie haben Sie sie in Erinnerung?
Krüger: Nur das Liebenswerte an ihr ist in meiner Erinnerung geblieben. Ich habe sie dann, nachdem sie die Beziehung mit Alain gesehen hat, nur noch einmal auf einem Flughafen kurz getroffen beim Umsteigen in verschiedene Flugzeuge. Den Weg nach unten, den sie als Person durchgemacht hat, den habe ich nicht mit ansehen müssen. Aber ich muss widersprechen, sie war keine starke Person. Sie hatte einen sehr unbeugsamen Charakter, aber sie konnte mit der Berühmtheit, die sie ja erreicht hatte auf der ganzen Welt, mit der konnte sie nur schwer umgehen. Sie hat sich auch ausnutzen lassen von verschiedenen Menschen. Wissen Sie, das wird da oben, wenn man da oben angekommen ist, wo Romy angekommen war, und zwar recht früh, da oben wird das sehr einsam. Und wenn man nicht die Charakterstärke besitzt, das abzuschütteln, was mit dieser Einsamkeit und was mit dieser Berühmtheit zu tun hat, dann wird das Leben sehr, sehr schwer.
von Billerbeck: Hardy Krüger war mein Gesprächspartner. Der Schauspieler war wie Romy Schneider einer der ersten internationalen Stars aus Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich danke Ihnen für das Gespräch und alles Gute für Ihren Film!
Krüger: Danke, auch für Sie! Wiederhören!
Hardy Krüger: Einen schönen guten Tag Ihnen und unseren Hörern!
von Billerbeck: Wie ist das für Sie, diese Vorstellung einer 70-jährigen Romy Schneider?
Krüger: Ach, das hätte mich nicht weiter gestört. Ich wäre froh gewesen, sie hätte nicht ein so tragisches und schwieriges Leben gehabt, seit der Mitte des Lebens auf jeden Fall. Ich wäre froh, sie wäre heute noch da. Denn ich bin mit 80 ja auch nicht mehr so wie ich war mit 25.
von Billerbeck: Wann sind Sie Romy Schneider eigentlich zum ersten Mal begegnet?
Krüger: Ich habe sie zum ersten Mal gesehen, ihr guten Tag gesagt zusammen mit Hans Söhnker. Da muss sie 15 oder 16 gewesen sein. Sie war damals in dem Film, den Sie auch gerade haben erwähnen lassen, "Wenn der weiße Flieder wieder blüht". Und sie war ein pausbäckiges, junges Mädchen, entzückend und wir, Hänschen und ich, fanden sie beide wunderbar und haben gedacht, dass wenn sie in besseren Filmen in Zukunft als in diesem "Weißen Flieder" spielen darf, aber das war in der Zeit sehr schwer, dann wird aus ihr sicher mal eine große Schauspielerin.
von Billerbeck: Haben Sie ihr damals was geraten, Kind, mach was anderes?
Krüger: Nee, das tue ich nie. Höchstens, ich werde gefragt und dann sehr ungern. In künstlerischen Berufen nützt es eigentlich niemandem, einen Ratschlag zu bekommen. Ich habe damals da nie gesehen, das Sie meinen, wenn ich ihr den Rat gegeben hätte, ins Ausland zu gehen, sehr früh, denn ich war dabei, mich von Deutschland zu verabschieden aus den Gründen, die ich eben angedeutet habe für Romy. Ich wollte in den seichten Filmen nicht mitspielen. Und dann habe ich sie gesehen in den "Sissi-Filmen", die ja davon gelebt haben, dass die Romy einen unglaublichen Charme und eine Kraft ausgestrahlt hat als junge Frau, die sie im Leben nicht hatte. Und als ich in Paris gearbeitet habe, denn ich habe ja lange da gelebt und Filme gemacht, wurden diese "Sissi-Filme" in Paris zu einem großen, großen Erfolg, lange, bevor sie in dem eben bei Ihnen erwähnten Theaterstück auftrat, wenn ich mich nicht irre.
von Billerbeck: Romy hat ja Deutschland verlassen, hat ihre Familie verlassen und das Land und ist dann in Frankreich vor allem berühmt geworden mit ganz anderen Filmen als mit diesen "Sissi-Filmen", die Sie eben erwähnt haben. Auch Sie haben ja als junger Schauspieler Deutschland verlassen. War es nur der Grund, nicht in seichten Filmen spielen zu wollen oder spielten da auch politische Motive eine Rolle?
Krüger: Nein, überhaupt nicht. Politische Motive konnte keine Rolle gespielt haben, denn keiner wollte. Ich war der erste deutsche Schauspieler nach dem Krieg, der sich da hat sehen lassen und da ich blond und blauäugig war, habe ich die Vergangenheit, die Verbrechen der Deutschen um die Ohren gekriegt. Doch es gab gar keine Möglichkeit dort, für Romy vielleicht. Ich will ja nicht von mir reden. Für Romy wäre es sicherlich möglich gewesen, erst mal, weil sie Österreicherin war. Den Österreichern hat man ja politisch Vieles verziehen. Und zum anderen war sie jung und eine Frau und unbekümmert und man konnte ihr gar keine Vorwürfe machen. Sie hat ja mit dieser schrecklichen Zeit nichts zu tun gehabt.
von Billerbeck: Aber Ihnen hat man die Vorwürfe gemacht?
Krüger: Ja, zur Genüge. Ich habe das auch verstanden. Hänschen Söhnker, ich habe ihn erwähnt, er war derjenige, der den Mut gehabt hat, mir, dem 15-Jährigen zu sagen, dass Hitler ein Verbrecher ist. Und so habe ich das sehr früh erfahren, auch von Hänschen erfahren, dass es für uns …
von Billerbeck: Vor dem Ende des Krieges, muss man dazu sagen.
Krüger: Zwei Jahre vor dem Ende des Krieges, ja. Er ist ein großes Risiko eingegangen. Ich hätte ja ein schlechter Charakter sein können und bei der Gestapo ihn anzeigen können, was ich nicht gemacht habe. Wir sind lebenslange Freunde gewesen, geworden. Da habe ich schon gewusst, von Söhnker angeregt, dass wir Deutsche, denn dieser Krieg, der geht ja zu Ende, das war klar, er war verloren, schon zwei Jahre vor Kriegsende, dass wir Deutsche es in anderen Ländern sehr schwer haben werden. Und ich habe trotzdem es gewagt dahin zu gehen und wollte das mal probieren. Aber à la longue ist es ja auch gutgegangen. Ich habe ja im Ausland Karriere machen können, obgleich es am Anfang schwer war.
von Billerbeck: Ich wollte gerade fragen, wie lange es gedauert hat, Sie als blonder, blauäugiger Klischeedeutscher, wann Sie diese Rolle losgeworden sind.
Krüger: Durch meinen ersten Film in England. "Einer kam durch" hieß der auf Deutsch. Das war das Gegenteil eines Klischeedeutschen und das Publikum in England hat den Film mit großer Begeisterung aufgenommen, die Presse auch und der lief um die ganze Welt als Erfolgsfilm. Und damit hatte ich es dann leichter.
von Billerbeck: Wenn Sie an Romy Schneider denken, was ist da der Film, den Sie am stärksten in Erinnerung haben und den Sie sich immer wieder ansehen würden?
Krüger: Oh, ich glaube, dass es die Filme waren, die sie später gemacht hat in Paris, weil ich da ja schon sehen konnte, dass sie erwachsen wurde und dass sie eigentlich aus ihrem persönlichen Leiden herausgebrochen ist mit ihren Rollen. Und welche ich davon mir immer wieder ansehen würde, das kann ich jetzt nicht beurteilen. Im Moment fällt mir das nicht ein. Aber da war sie wirklich hervorragend geworden. Und es hat mir nur sehr leidgetan, sie hat mich auch in London noch mal angerufen, wir waren ja miteinander befreundet, haben uns öfter gesehen usw. Und sie hat mich einmal in London angerufen und hat mich, weil ich von Paris zurückkam nach London, nach Alain ausgefragt.
von Billerbeck: Alain Delon, die große Liebe.
Krüger: Ja, das wusste sie damals noch nicht. Sie wollte wissen, was ich davon halten würde, wenn sie nach Paris gehen würde. Und da hat sie auch Alain erwähnt. Ich kann mich jetzt im Moment nicht mehr erinnern, in welchem Zusammenhang. Ich glaube, es war mit Visconti, der etwas mit Romy und mit Alain drehen wollte. Und dann habe ich eben gesehen, wie sie eigentlich doch unter der Verbindung mit Alain aus den verschiedensten Gründen, die auch mit Visconti zu tun hatten, gelitten hat.
von Billerbeck: Ihr letzter Ehemann, Daniel Biasini hat ja sich öffentlich beklagt, dass von Romy immer so das Bild des unglücklichen Wesens gezeichnet würde, und sie wäre doch, so sagt er, auch eine sehr starke Frau gewesen. Und Robert Lebeck, der Fotograf, hat hier im Interview auch gesagt, sie sei sogar eine Nervensäge gewesen. Wie haben Sie sie in Erinnerung?
Krüger: Nur das Liebenswerte an ihr ist in meiner Erinnerung geblieben. Ich habe sie dann, nachdem sie die Beziehung mit Alain gesehen hat, nur noch einmal auf einem Flughafen kurz getroffen beim Umsteigen in verschiedene Flugzeuge. Den Weg nach unten, den sie als Person durchgemacht hat, den habe ich nicht mit ansehen müssen. Aber ich muss widersprechen, sie war keine starke Person. Sie hatte einen sehr unbeugsamen Charakter, aber sie konnte mit der Berühmtheit, die sie ja erreicht hatte auf der ganzen Welt, mit der konnte sie nur schwer umgehen. Sie hat sich auch ausnutzen lassen von verschiedenen Menschen. Wissen Sie, das wird da oben, wenn man da oben angekommen ist, wo Romy angekommen war, und zwar recht früh, da oben wird das sehr einsam. Und wenn man nicht die Charakterstärke besitzt, das abzuschütteln, was mit dieser Einsamkeit und was mit dieser Berühmtheit zu tun hat, dann wird das Leben sehr, sehr schwer.
von Billerbeck: Hardy Krüger war mein Gesprächspartner. Der Schauspieler war wie Romy Schneider einer der ersten internationalen Stars aus Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich danke Ihnen für das Gespräch und alles Gute für Ihren Film!
Krüger: Danke, auch für Sie! Wiederhören!