"Ich hoffe, dass alle zur Vernunft kommen"
Nach Einschätzung des verkehrspolitischen Sprechers der Union, Hans-Peter Friedrich, ist für den Abbruch der Verhandlungen zwischen Bahn und GDL auch der Konkurrenzkampf der Gewerkschaften untereinander verantwortlich. Dieser Konflikt werde in der Öffentlichkeit oft übersehen, sagte der CSU-Politiker.
Birgit Kolkmann: "Solange wir verhandeln, streiken wir nicht." Das hatte der Chef der Lokführergewerkschaft Manfred Schell Anfang Dezember versprochen. Aufatmen allerorten, doch gestern Nachmittag kam dann eine neue Hiobsbotschaft: "Verhandlungen ergebnislos abgebrochen". Jetzt drohen wieder Streiks bei der Bahn. Der Konzern reagierte mit völligem Unverständnis. Noch am Mittag habe man gestern sehr vernünftig miteinander verhandelt. Abends sollte es dann ein Spitzentreffen der drei Bahngewerkschaftschefs mit Hartmut Mehdorn geben. Das ist dann geplatzt. Das Ganze wird allmählich absurd, sagte dann der Chef der größten Bahngewerkschaft Transnet, Norbert Hansen. Horst Friedrich ist verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, jetzt bei uns am Telefon. Schönen guten Morgen!
Hans-Peter Friedrich: Guten Morgen. Hier ist Hans-Peter Friedrich, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, aber auch in der Verkehrspolitik tätig.
Kolkmann: Das ist natürlich ganz toll. Da haben wir uns richtig ins Fettnäpfchen begeben. Ich kann mich nur entschuldigen. Aber das Gespräch können wir mit Ihnen trotzdem führen?
Friedrich: Das machen wir.
Kolkmann: Wie absurd kommt Ihnen denn das Ganze vor?
Friedrich: Wir haben ja in dem ganzen Konflikt zwei große Konfliktlinien: einmal den Bahnvorstand und Hartmut Mehdorn, der sagt, "ich möchte ein einheitliches Tarifgerüst in meinem Konzern haben", und die GDL die sagt "nein, wir wollen einen eigenständigen Tarifvertrag". Da gibt es einen Konflikt und der zweite Konflikt, der glaube ich oft übersehen wird in der Öffentlichkeit, ist der Konflikt zwischen drei Gewerkschaften, die sich um einen Kuchen bei der Bahn, bei dem Bahnunternehmen streiten. Ich glaube, dass dieser Konflikt diesmal eine ganz wesentliche Rolle spielt.
Kolkmann: Nun hat ja Herr Hansen gesagt, das Ganze käme ihm nun ziemlich absurd vor. Ist das ein kleines bisschen scheinheilig? Spielt auch Herr Hansen dort eine ganz wichtige Rolle, dass es nicht zum Klappen kommt bei der Bahn?
Friedrich: Ich glaube schon, dass Herr Hansen wesentlich näher an Herrn Mehdorn dran ist als seine übrigen Kollegen. Deswegen besteht zumindest immer der Verdacht, dass es da irgendwelche Absprachen gab und gibt. Ob der Verdacht gerechtfertigt ist, das weiß ich nicht. Aber zumindest muss, glaube ich, die GDL in dieser Situation auch immer so ein bisschen den Eindruck haben, in eine Zangenbewegung zu kommen: auf der einen Seite den Bahnvorstand und auf der anderen Seite sozusagen die Tarifgemeinschaft, bestehend aus GDBA und GDL, wo er ja gezwungen werden soll, sozusagen mit denen eine Art Kooperationsvertrag zu schließen, so dass er von beiden Seiten, so dass die GDL von beiden Seiten unter Druck kommt.
Kolkmann: Wenn natürlich auf diese Weise der Bahnchef mit einem der Gewerkschaftschefs über die Bande spielt und diese Zangenbewegung entsteht, von der Sie gerade sprechen, dann kann das Spiel ja endlos weitergehen?
Friedrich: Das ist ja wohl offensichtlich einer der Hauptbeweggründe, warum das jetzt gescheitert ist, aber wir werden das heute Mittag in der Pressekonferenz sicher hören. Bis dahin kann man nur spekulieren. Ich hoffe, dass alle zur Vernunft kommen, denn auch Transnet und GDBA müssen natürlich wissen, dass sie als Gewerkschaften etwas riskieren, nämlich dass im Wettbewerb der Bahnunternehmen, der Schienenunternehmen, der Logistikunternehmen es letzten Endes einen Wettbewerbsvorteil für die bedeuten wird, die mit Gewerkschaften nichts zu tun haben, also für die Unternehmen, die gewerkschaftsfrei sind, und das kann nicht im Interesse der Gewerkschaften Transnet und GDBA sein. Insofern kann man nur hoffen, dass alle drei Gewerkschaften an einem Strang ziehen, im Interesse der Beschäftigten und ihrer Mitglieder.
Kolkmann: Das wird ja immer betont, dass man etwas möchte, einen einheitlichen Tarifvertrag, eine Einheit auch des Konzerns bewahren. Das ist immer so der Überbau, der da genannt wird. Das hört sich nach außen gut an, aber wenn man anschaut, was dann nach innen jetzt los ist, tun ja die Gewerkschaften alles andere als diese Einheit zu bewahren.
Friedrich: Das ist so ein bisschen das Problem, weil Einheit bedeutet natürlich, dass alle drei zusammen sich koordinieren müssen und keiner sagen kann "ich bin besser als der andere". Separate Verträge heißt, dass einer sich mehr profilieren kann als der andere. Nun will die GDL einen eigenen Verhandlungsspielraum haben. Das heißt, sie möchte einen Spezialtarifvertrag, der ihr möglichst viele Spielräume eröffnet, selber sozusagen als GDL zu glänzen. Das kann ich verstehen. Deswegen geht wahrscheinlich der Hauptstreit jetzt darum, was kommt in diesen Basistarifvertrag, auf den sich alle verständigen müssen, und wo bekommt die GDL eigene Verhandlungsspielräume.
Kolkmann: Kann es auch sein, dass die anderen Gewerkschaften zusammen mit dem Konzern ein bisschen auf Zeit spielen, denn ich glaube am 19. Januar geht GDL-Chef Manfred Schell in Pension, dass die vielleicht denken, dann ist er weg, dann haben wir leichteres Spiel?
Friedrich: Wenn sie das denken, was ich nicht weiß, dann wäre das sicher ein Irrtum, denn ich habe nicht den Eindruck, dass der Schell sozusagen der Scharfmacher ist. Schell ist ein sehr, sehr erfahrener Gewerkschafter. Er war ja auch lange Abgeordneter. Ich glaube, dass diejenigen, die nach ihm kommen, noch einen Tick schärfer sind. Insofern wäre das sicher ein Fehler zu glauben, man hätte es leichter nach dem 19.
Kolkmann: Das Ganze hat ja wahrscheinlich auch noch weitere Konsequenzen für die Privatisierungspläne der Bahn. Werden die durch diese Streitigkeiten immer weiter verzögert?
Friedrich: Zunächst einmal gab es zwischen den Tarifverhandlungen hier und diesen Privatisierungsgeschichten überhaupt keinen Zusammenhang. Allerdings muss man sehen, dass die Privatisierung ja jetzt durchaus in realistische Nähe gerückt ist. Ich denke, es ist jetzt ein Kompromiss auf dem Tisch, der es möglich machen könnte, noch im Jahr 2008 die Teilprivatisierung vorzunehmen, und dann schaut natürlich jeder Investor sich das Unternehmen genau an, bevor er sein Geld dort anlegt, und schaut sich an: Was haben die für Gewinne gemacht, wie ist dort der soziale Frieden, wie ist die Streiksituation. Plötzlich spielt dann dieser Tarifkonflikt möglicherweise doch eine Rolle. Insofern ist es auch aus der Sicht derjenigen, die an diesem Börsengang großes Interesse haben, jetzt wichtig, dass man bei den Tarifverhandlungen zu Potte kommt.
Kolkmann: Am Ende muss die Bahn ja auch für die Kundschaft da sein. Die hat ja zumindest was den Personenverkehr anging bislang doch eine ziemlich große Geduld bewiesen. Könnte das sein, dass der Geduldsfaden jetzt langsam reißt?
Friedrich: Das ist natürlich immer so ein Punkt, dass Bürgerinnen und Bürger, die die Bahn gerne und oft nutzen, irgendwann mal die Nase voll haben, aufs Auto umsteigen und dann wieder Gefallen am Autofahren finden. Dann verliert die Bahn Kunden. Das kann immer sein. Insofern besteht auch da eine Gefahr für das Bahnunternehmen und für die Arbeitsplätze, die die Gewerkschaft nicht aus dem Auge lassen sollte.
Kolkmann: Vielen Dank, Hans-Peter Friedrich von der CDU/CSU. Er ist verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion.
Hans-Peter Friedrich: Guten Morgen. Hier ist Hans-Peter Friedrich, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, aber auch in der Verkehrspolitik tätig.
Kolkmann: Das ist natürlich ganz toll. Da haben wir uns richtig ins Fettnäpfchen begeben. Ich kann mich nur entschuldigen. Aber das Gespräch können wir mit Ihnen trotzdem führen?
Friedrich: Das machen wir.
Kolkmann: Wie absurd kommt Ihnen denn das Ganze vor?
Friedrich: Wir haben ja in dem ganzen Konflikt zwei große Konfliktlinien: einmal den Bahnvorstand und Hartmut Mehdorn, der sagt, "ich möchte ein einheitliches Tarifgerüst in meinem Konzern haben", und die GDL die sagt "nein, wir wollen einen eigenständigen Tarifvertrag". Da gibt es einen Konflikt und der zweite Konflikt, der glaube ich oft übersehen wird in der Öffentlichkeit, ist der Konflikt zwischen drei Gewerkschaften, die sich um einen Kuchen bei der Bahn, bei dem Bahnunternehmen streiten. Ich glaube, dass dieser Konflikt diesmal eine ganz wesentliche Rolle spielt.
Kolkmann: Nun hat ja Herr Hansen gesagt, das Ganze käme ihm nun ziemlich absurd vor. Ist das ein kleines bisschen scheinheilig? Spielt auch Herr Hansen dort eine ganz wichtige Rolle, dass es nicht zum Klappen kommt bei der Bahn?
Friedrich: Ich glaube schon, dass Herr Hansen wesentlich näher an Herrn Mehdorn dran ist als seine übrigen Kollegen. Deswegen besteht zumindest immer der Verdacht, dass es da irgendwelche Absprachen gab und gibt. Ob der Verdacht gerechtfertigt ist, das weiß ich nicht. Aber zumindest muss, glaube ich, die GDL in dieser Situation auch immer so ein bisschen den Eindruck haben, in eine Zangenbewegung zu kommen: auf der einen Seite den Bahnvorstand und auf der anderen Seite sozusagen die Tarifgemeinschaft, bestehend aus GDBA und GDL, wo er ja gezwungen werden soll, sozusagen mit denen eine Art Kooperationsvertrag zu schließen, so dass er von beiden Seiten, so dass die GDL von beiden Seiten unter Druck kommt.
Kolkmann: Wenn natürlich auf diese Weise der Bahnchef mit einem der Gewerkschaftschefs über die Bande spielt und diese Zangenbewegung entsteht, von der Sie gerade sprechen, dann kann das Spiel ja endlos weitergehen?
Friedrich: Das ist ja wohl offensichtlich einer der Hauptbeweggründe, warum das jetzt gescheitert ist, aber wir werden das heute Mittag in der Pressekonferenz sicher hören. Bis dahin kann man nur spekulieren. Ich hoffe, dass alle zur Vernunft kommen, denn auch Transnet und GDBA müssen natürlich wissen, dass sie als Gewerkschaften etwas riskieren, nämlich dass im Wettbewerb der Bahnunternehmen, der Schienenunternehmen, der Logistikunternehmen es letzten Endes einen Wettbewerbsvorteil für die bedeuten wird, die mit Gewerkschaften nichts zu tun haben, also für die Unternehmen, die gewerkschaftsfrei sind, und das kann nicht im Interesse der Gewerkschaften Transnet und GDBA sein. Insofern kann man nur hoffen, dass alle drei Gewerkschaften an einem Strang ziehen, im Interesse der Beschäftigten und ihrer Mitglieder.
Kolkmann: Das wird ja immer betont, dass man etwas möchte, einen einheitlichen Tarifvertrag, eine Einheit auch des Konzerns bewahren. Das ist immer so der Überbau, der da genannt wird. Das hört sich nach außen gut an, aber wenn man anschaut, was dann nach innen jetzt los ist, tun ja die Gewerkschaften alles andere als diese Einheit zu bewahren.
Friedrich: Das ist so ein bisschen das Problem, weil Einheit bedeutet natürlich, dass alle drei zusammen sich koordinieren müssen und keiner sagen kann "ich bin besser als der andere". Separate Verträge heißt, dass einer sich mehr profilieren kann als der andere. Nun will die GDL einen eigenen Verhandlungsspielraum haben. Das heißt, sie möchte einen Spezialtarifvertrag, der ihr möglichst viele Spielräume eröffnet, selber sozusagen als GDL zu glänzen. Das kann ich verstehen. Deswegen geht wahrscheinlich der Hauptstreit jetzt darum, was kommt in diesen Basistarifvertrag, auf den sich alle verständigen müssen, und wo bekommt die GDL eigene Verhandlungsspielräume.
Kolkmann: Kann es auch sein, dass die anderen Gewerkschaften zusammen mit dem Konzern ein bisschen auf Zeit spielen, denn ich glaube am 19. Januar geht GDL-Chef Manfred Schell in Pension, dass die vielleicht denken, dann ist er weg, dann haben wir leichteres Spiel?
Friedrich: Wenn sie das denken, was ich nicht weiß, dann wäre das sicher ein Irrtum, denn ich habe nicht den Eindruck, dass der Schell sozusagen der Scharfmacher ist. Schell ist ein sehr, sehr erfahrener Gewerkschafter. Er war ja auch lange Abgeordneter. Ich glaube, dass diejenigen, die nach ihm kommen, noch einen Tick schärfer sind. Insofern wäre das sicher ein Fehler zu glauben, man hätte es leichter nach dem 19.
Kolkmann: Das Ganze hat ja wahrscheinlich auch noch weitere Konsequenzen für die Privatisierungspläne der Bahn. Werden die durch diese Streitigkeiten immer weiter verzögert?
Friedrich: Zunächst einmal gab es zwischen den Tarifverhandlungen hier und diesen Privatisierungsgeschichten überhaupt keinen Zusammenhang. Allerdings muss man sehen, dass die Privatisierung ja jetzt durchaus in realistische Nähe gerückt ist. Ich denke, es ist jetzt ein Kompromiss auf dem Tisch, der es möglich machen könnte, noch im Jahr 2008 die Teilprivatisierung vorzunehmen, und dann schaut natürlich jeder Investor sich das Unternehmen genau an, bevor er sein Geld dort anlegt, und schaut sich an: Was haben die für Gewinne gemacht, wie ist dort der soziale Frieden, wie ist die Streiksituation. Plötzlich spielt dann dieser Tarifkonflikt möglicherweise doch eine Rolle. Insofern ist es auch aus der Sicht derjenigen, die an diesem Börsengang großes Interesse haben, jetzt wichtig, dass man bei den Tarifverhandlungen zu Potte kommt.
Kolkmann: Am Ende muss die Bahn ja auch für die Kundschaft da sein. Die hat ja zumindest was den Personenverkehr anging bislang doch eine ziemlich große Geduld bewiesen. Könnte das sein, dass der Geduldsfaden jetzt langsam reißt?
Friedrich: Das ist natürlich immer so ein Punkt, dass Bürgerinnen und Bürger, die die Bahn gerne und oft nutzen, irgendwann mal die Nase voll haben, aufs Auto umsteigen und dann wieder Gefallen am Autofahren finden. Dann verliert die Bahn Kunden. Das kann immer sein. Insofern besteht auch da eine Gefahr für das Bahnunternehmen und für die Arbeitsplätze, die die Gewerkschaft nicht aus dem Auge lassen sollte.
Kolkmann: Vielen Dank, Hans-Peter Friedrich von der CDU/CSU. Er ist verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion.