"Ich habe Theater durch die Praxis gelernt"
Christoph Mehler drängte es nach seiner Schauspielausbildung nicht auf die Bühne. Eigentlich hatte es ihm die Regie angetan. Mittlerweile leitet er die Box, die dritte Spielstätte des Deutschen Theaters in Berlin. Dort hat er nun das Stück "Motortown", eine kritische Auseinandersetzung mit dem Irak-Krieg, inszeniert.
Christoph Mehler sitzt an einem rechteckigen Tisch im abgedunkelten Probenraum des Deutschen Theaters und bespricht sich mit seinen Schauspielern.
Mit Motortown von Simon Stephens hat er für seine vierte Inszenierung wieder ein aktuelles Stück gewählt. Darin kommt der englische Soldat Danny aus dem Irak-Krieg zurück, versteht die Welt nicht mehr und läuft Amok.
"Mir ist wichtig an diesem Stück durch diesen Menschen zu erzählen, man könnte sagen - wie wird man zum Terroristen, wie entsteht eine Haltung von jemanden. Wir haben das Gefühl, dass uns das alles nichts angeht, dass wir davon nicht betroffen sind. Wir sind ja auch im Krieg, unsere Soldaten sind ja auch in Afghanistan und die kommen auch wieder. Das wird hier nur alles nicht thematisiert."
Jetzt hockt der knapp 1,80 Meter große Regisseur auf einem Stuhl in etwas zu großen Jeans, T-Shirt, schwarzer Lederjacke und schaut konzentriert auf die Bühne. Dann streicht er sich kurz mit dem Handrücken über den Dreitagebart und springt auf.
Und wie er da selbst jetzt hin- und herläuft, den Schauspielern den Rhythmus des Spiels vorgibt, erkennt man sein gutes Gespür für die richtigen Gesten, Mimik, Pausen und Tempiwechsel. Wie Menschen in einer bestimmten Situation wirken, das habe er intuitiv schon immer gewusst. Doch das nötige Handwerk – wie genau diese Wirkungen erzielt werden können, lernte er erst in seinen drei Jahren als Regieassistent am Deutschen Theater unter anderem von den Regisseuren Jürgen Kruse und Dimiter Gotscheff.
"Ich habe Theater eigentlich durch die Praxis gelernt, durchs Gucken und durch das Realisieren von und Respektieren von all diesen Leuten, die dann neben der Bühne stehen und da ihren Job machen von Ankleider bis zum Requisiteur vom Bühnenbildner bis zum Beleuchter usw. Das ist einfach eine so große Maschine, die gehört zum Theater dazu und die muss man auch gerade als Regisseur bedienen."
Dabei hat der Sohn einer Filmredakteurin das Theater erst mit Anfang 20 für sich entdeckt. Zunächst jobbte der gebürtige Berliner bei Film und Fernsehen, bevor er Kleindarsteller am Deutschen Theater wurde. 1999 beginnt er an einer privaten Schauspielschule zu studieren. Dort merkt er schnell, dass ihm zu den Rollen seiner Kommilitonen immer mehr einfällt als zu den eigenen. Und so bewirbt er sich nach dem Studium 2003 nicht als Schauspieler, sondern als Regieassistent und ist von da an mehr im Theater als in seiner Kreuzberger Wohnung.
"Und hab mir Stücke, die mir gefallen haben, auch sehr oft angeguckt, immer wieder und wie es immer wieder neu entsteht, wie unterschiedlich Theater sein kann im Gegensatz zum Kino. Da kann ich mich nur neu entdecken bei einem Film. Im Theater kann ich wirklich etwas auf der Bühne neu entdecken und das war sicherlich ein Grund, warum ich unbedingt zum Theater wollte."
Nach zwei Jahren kann Christoph Mehler bereits eigene Regie-Ambitionen verwirklichen. Er inszeniert erfolgreich am Deutschen Theater sein erstes Stück "Fußbodenbelag". Und dann wird ihm – nur ein halbes Jahr später – die Leitung der Box angeboten. Das war nicht nur für den Newcomer ohne Regiestudium eine sensationelle Überraschung.
"Da habe ich dann natürlich auch sofort ja gesagt. Mir war nicht ganz klar, wo das hingeht und was das an Arbeit bedeutet. Es ist natürlich ganz was anderes in einer Leitungsposition zu stehen, wo man viel verantwortlicher für die Dinge ist und man viel mehr das Ganze im Auge haben muss."
Und deshalb reist er, wenn er gerade nicht selbst inszeniert durch das Land immer auf der Suche nach neuen Stücken, Schauspielern und Regisseuren für die Box und das Musikprogramm in der Bar. Auch wenn die neue Spielstätte inzwischen gut läuft und oft ausverkauft ist, verlief der rasante Aufstieg des 32-Jährigen anfangs alles andere als glatt. Seine Eröffnungsinszenierung "Opfer vom Dienst" ein Stück der Gebrüder Presnjakow, wurde nicht nur von den Kritikern, weil die Erwartungen sehr hoch waren, sondern auch im eigenen Haus stark kritisiert.
Der Russe Walja arbeitet, wenn er nicht gerade im Bett herum lümmelt, als Opfer vom Dienst für die Polizei. Die nämlich benötigt dringend für die Rekonstruktion von Straftaten jemanden, der sich mal würgen lässt oder bereitwillig vom Fenster stürzt. Mit schnellen Szenewechseln ist dem Nachwuchsregisseur hier - wie ich finde - durchaus eine gelungene Inszenierung geglückt. Und so wurde sie jetzt auch – aller Kritik zum Trotz - zu den Ruhrfestspielen Recklinghausen eingeladen.
"Insofern hat sich das alles relativiert, jetzt nach Monaten bin ich wirklich für diese Erfahrung, wo man so viel Aufmerksamkeit für seine Arbeit bekommen hat und eben so schlechte, bin ich einfach dankbar. Denn so was bringt einen ja immer weiter, weil man sich neu sammeln muss und neu überlegen muss, wie weit will man das alles. Aber ich habe das schnell weggesteckt und arbeite jetzt einfach weiter."
Mit Motortown von Simon Stephens hat er für seine vierte Inszenierung wieder ein aktuelles Stück gewählt. Darin kommt der englische Soldat Danny aus dem Irak-Krieg zurück, versteht die Welt nicht mehr und läuft Amok.
"Mir ist wichtig an diesem Stück durch diesen Menschen zu erzählen, man könnte sagen - wie wird man zum Terroristen, wie entsteht eine Haltung von jemanden. Wir haben das Gefühl, dass uns das alles nichts angeht, dass wir davon nicht betroffen sind. Wir sind ja auch im Krieg, unsere Soldaten sind ja auch in Afghanistan und die kommen auch wieder. Das wird hier nur alles nicht thematisiert."
Jetzt hockt der knapp 1,80 Meter große Regisseur auf einem Stuhl in etwas zu großen Jeans, T-Shirt, schwarzer Lederjacke und schaut konzentriert auf die Bühne. Dann streicht er sich kurz mit dem Handrücken über den Dreitagebart und springt auf.
Und wie er da selbst jetzt hin- und herläuft, den Schauspielern den Rhythmus des Spiels vorgibt, erkennt man sein gutes Gespür für die richtigen Gesten, Mimik, Pausen und Tempiwechsel. Wie Menschen in einer bestimmten Situation wirken, das habe er intuitiv schon immer gewusst. Doch das nötige Handwerk – wie genau diese Wirkungen erzielt werden können, lernte er erst in seinen drei Jahren als Regieassistent am Deutschen Theater unter anderem von den Regisseuren Jürgen Kruse und Dimiter Gotscheff.
"Ich habe Theater eigentlich durch die Praxis gelernt, durchs Gucken und durch das Realisieren von und Respektieren von all diesen Leuten, die dann neben der Bühne stehen und da ihren Job machen von Ankleider bis zum Requisiteur vom Bühnenbildner bis zum Beleuchter usw. Das ist einfach eine so große Maschine, die gehört zum Theater dazu und die muss man auch gerade als Regisseur bedienen."
Dabei hat der Sohn einer Filmredakteurin das Theater erst mit Anfang 20 für sich entdeckt. Zunächst jobbte der gebürtige Berliner bei Film und Fernsehen, bevor er Kleindarsteller am Deutschen Theater wurde. 1999 beginnt er an einer privaten Schauspielschule zu studieren. Dort merkt er schnell, dass ihm zu den Rollen seiner Kommilitonen immer mehr einfällt als zu den eigenen. Und so bewirbt er sich nach dem Studium 2003 nicht als Schauspieler, sondern als Regieassistent und ist von da an mehr im Theater als in seiner Kreuzberger Wohnung.
"Und hab mir Stücke, die mir gefallen haben, auch sehr oft angeguckt, immer wieder und wie es immer wieder neu entsteht, wie unterschiedlich Theater sein kann im Gegensatz zum Kino. Da kann ich mich nur neu entdecken bei einem Film. Im Theater kann ich wirklich etwas auf der Bühne neu entdecken und das war sicherlich ein Grund, warum ich unbedingt zum Theater wollte."
Nach zwei Jahren kann Christoph Mehler bereits eigene Regie-Ambitionen verwirklichen. Er inszeniert erfolgreich am Deutschen Theater sein erstes Stück "Fußbodenbelag". Und dann wird ihm – nur ein halbes Jahr später – die Leitung der Box angeboten. Das war nicht nur für den Newcomer ohne Regiestudium eine sensationelle Überraschung.
"Da habe ich dann natürlich auch sofort ja gesagt. Mir war nicht ganz klar, wo das hingeht und was das an Arbeit bedeutet. Es ist natürlich ganz was anderes in einer Leitungsposition zu stehen, wo man viel verantwortlicher für die Dinge ist und man viel mehr das Ganze im Auge haben muss."
Und deshalb reist er, wenn er gerade nicht selbst inszeniert durch das Land immer auf der Suche nach neuen Stücken, Schauspielern und Regisseuren für die Box und das Musikprogramm in der Bar. Auch wenn die neue Spielstätte inzwischen gut läuft und oft ausverkauft ist, verlief der rasante Aufstieg des 32-Jährigen anfangs alles andere als glatt. Seine Eröffnungsinszenierung "Opfer vom Dienst" ein Stück der Gebrüder Presnjakow, wurde nicht nur von den Kritikern, weil die Erwartungen sehr hoch waren, sondern auch im eigenen Haus stark kritisiert.
Der Russe Walja arbeitet, wenn er nicht gerade im Bett herum lümmelt, als Opfer vom Dienst für die Polizei. Die nämlich benötigt dringend für die Rekonstruktion von Straftaten jemanden, der sich mal würgen lässt oder bereitwillig vom Fenster stürzt. Mit schnellen Szenewechseln ist dem Nachwuchsregisseur hier - wie ich finde - durchaus eine gelungene Inszenierung geglückt. Und so wurde sie jetzt auch – aller Kritik zum Trotz - zu den Ruhrfestspielen Recklinghausen eingeladen.
"Insofern hat sich das alles relativiert, jetzt nach Monaten bin ich wirklich für diese Erfahrung, wo man so viel Aufmerksamkeit für seine Arbeit bekommen hat und eben so schlechte, bin ich einfach dankbar. Denn so was bringt einen ja immer weiter, weil man sich neu sammeln muss und neu überlegen muss, wie weit will man das alles. Aber ich habe das schnell weggesteckt und arbeite jetzt einfach weiter."