"Ich habe hier etwas auf den Nagel getroffen"
Bahn-Chef Rüdiger Grube hat dem Politiker Ernst Hinsken versprochen, dass das Unternehmen künftig mehr deutsche Begriffe für überflüssige Anglizismen sucht. "Ich wurde hier bestätigt", sagte dazu der CSU-Politiker.
Liane von Billerbeck: Im Studio ist jetzt Ernst Hinsken, CSU-Bundestagsabgeordneter, herzlich Willkommen!
Ernst Hinsken: Ich grüße Sie!
von Billerbeck: Standen Sie auch schon mal ratlos vor Anglizismen der Bahn und wussten nicht so recht weiter?
Hinsken: Nein, das ist mir Gott sei Dank in meinem Leben noch nicht passiert.
von Billerbeck: Aber haben Sie geahnt, was Sie da anstoßen, dass Sie einen Konzern wie die Deutsche Bahn dazu bringen, wieder mehr das Deutsche zu nutzen?
Hinsken: Nein, das habe ich nicht geahnt. Und Sie glauben nicht, ich habe Zuschriften über Zuschriften, ich habe Mails bekommen, ich habe Anrufe bekommen, es wurden Leserbriefe in verschiedenen Zeitungen hier eingegeben und auch abgedruckt. Ich habe hier jetzt etwas auf den Nagel getroffen, was man sonst normalerweise nicht trifft.
von Billerbeck: Und die Leute waren auf Ihrer Seite und finden auch, dass die Deutsche Bahn besser deutsch sprechen sollte als englisch?
Hinsken: Ja. Ich wurde hier bestätigt. Ich habe nicht eine einzige negative Reaktion vernommen, sondern nur Positives. Ich wurde bestärkt, und es ist zum Teil auch zum Dank, zum Ausdruck gekommen, dass ich dieses Thema aufgegriffen habe und dass man auch hofft, dass Verschiedenes an Wirkungen erzielt wird. Und das ist ja sporadisch in Einzelfällen jetzt bereits der Fall.
von Billerbeck: Die Bahn hat gesagt, sie will das versuchen, aber wie soll das nun konkret passieren? Also soll es eine Quote für deutsche Begriffe geben in einem Großunternehmen wie der Bahn?
Hinsken: Nein. Also ich bin auch der Meinung, solche hinlänglichen Begriffe, die bisher schon Eingang gefunden haben, wie Service Point und dergleichen, mit denen jedermann was anzufangen vermag, die sollten bleiben. Aber wenn es ein bisschen Kunstbegriffe sind, die sollten doch ein wenig auch mit Deutsch versehen werden, dass der einzelne Kunde etwas damit anzufangen versteht, dass er nicht zu X, zu Y rennt und nachfragt, was das überhaupt bedeuten soll, was das heißt. Er kennt sich ja nicht aus.
Wir müssen ja davon ausgehen, dass in der Bundesrepublik Deutschland über 33, 35 Prozent kein Englisch können und dass darüber hinaus gerade auch in der Altersgruppe 25- bis 49-Jährige auch ein ganz, ganz großer Teil vorhanden ist, der des Englischen nur bedingt mächtig ist beziehungsweise der mit solchen Begriffen überhaupt nichts anzufangen wusste.
Und diesbezüglich meine ich, ist die Bahn auf richtigem Trip, wenn sie sagt, sie wollen in Zukunft eben auch dafür besorgt sein oder darum besorgt sein, dass die deutschen Begriffe wieder verstärkt Eingang finden, und zwar neben den englischen, das kann man ja durchaus lassen. Aber man sollte sich hier ein Beispiel nehmen an den Nachbarländern, wo es genauso gehandhabt wird, wo in mehr Sprachen praktisch die einzelnen Begriffe zum Ausdruck gebracht werden.
von Billerbeck: Danach wollte ich gerade fragen, wenn man beispielsweise von Paris nach Brüssel fährt im Thalys, dann kriegt man die Ansagen in drei Sprachen, in Englisch, Französisch und Flämisch. Das wäre ein gutes Beispiel, wir könnten noch Polnisch hinzufügen vielleicht. Das würden Sie befürworten?
Hinsken: Ja, grundsätzlich. Die Welt ist kleiner geworden, sie ist offener geworden, und sind wir glücklich und froh darüber. Und ich war ja lange Zeit Tourismusbeauftragter der Bundesregierung, ich habe mich über jeden Gast, der aus fernen Ländern zu uns in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist, besonders gefreut, und die sollen auch weiterhin kommen und sollen hier auch sprachlich vermittelt bekommen, damit sie sich zurechtfinden. Und das ist nur möglich, wenn in Mehrsprachigkeit eben Begriffe ausgedeutet werden.
von Billerbeck: Trotzdem ist das Englische ja eine wichtige Kommunikationssprache, wir leben in einer globalisierten Welt – das wissen Sie als ehemaliger Tourismusbeauftragter –, es wäre doch gut, wenn man das also jetzt nicht verteufelt.
Ihr Parteikollege Peter Ramsauer, Bundesverkehrsminister, der hat nun angeordnet, dass in seinem Ministerium deutsch gesprochen wird. Ich kenne kein Land der Erde, in dem man so respektlos mit der eigenen Sprache umgeht, hat er gesagt. Was halten Sie denn davon?
Hinsken: Ich glaube, er liegt richtig. Und er hat sich ein Beispiel daran genommen, dass er es nicht versteht, dass zum Beispiel die EU-Richtlinien, mit denen wir als Abgeordnete, die ja überschwemmt werden, in Englisch und in Französisch vorhanden sind, in deutscher Sprache nicht. Und das ist ein Manko.
von Billerbeck: Aber Deutsch ist doch eine EU-Sprache, auch ganz offiziell.
Hinsken: Ist eine EU-Sprache, aber die amtlichen Mitteilungen und Richtlinien und dergleichen mehr kommen nur in diesen zwei Sprachen, die ich genannt habe, nämlich Englisch und Französisch, aber nicht in Deutsch.
Und ich glaube, wenn man das Ganze etwas weiter nach vorne treibt, gerade was ich hier angestoßen habe mit meinen Schreiben an den DB-Präsidenten Herrn Dr. Grube, dann kommt man zu guter Letzt dorthin, wo ich hin möchte, dass eben wir Deutsche auch in gewisser Hinsicht als Weltsprache anerkannt werden und auch das Notwendige an Berücksichtigung finden.
von Billerbeck: Trotzdem, bleiben wir mal noch zum Schluss an diesem Beispiel "Kiss and Ride", was die Bahn sich da ausgedacht hatte für eine Kurzparkzone, das war ja vielleicht ganz witzig gemeint. Sind wir Deutschen vielleicht einfach schlicht humorlos, dass wir den Gag nicht verstanden haben?
Hinsken: Ja, wissen Sie, ich habe ja gerne Witze, und ich freue mich über jeden Witz. Aber wenn jemand in Eile ist, befindet sich am Bahnhof und er sucht einen Kurzzeitparkplatz und findet den nicht, weil er nicht in der Lage ist zu erkennen, was "Kiss and Ride" bedeutet, dann muss dem Rechnung getragen werden, dass eben hier die Deutsche Bahn auch besorgt ist, das Notwendige zu machen und zu tun.
Im Übrigen, wir haben in der Zwischenzeit ja über 7000 Begriffe, deutsche Begriffe, die in der Zwischenzeit schon einen englischen Charakter haben. Das ist auf die Dauer gesehen nicht gut, da kann man ruhig ein bisschen zurückdrehen, ohne als Vorgestriger bezeichnet zu werden.
von Billerbeck: Die Bahn will künftig mit weniger Anglizismen fahren. Erreicht hat das der Bundestagsabgeordnete Ernst Hinsken, der bei uns zu Gast war. Danke für das Gespräch!
Hinsken: Ich bedanke mich ebenso!
Ernst Hinsken: Ich grüße Sie!
von Billerbeck: Standen Sie auch schon mal ratlos vor Anglizismen der Bahn und wussten nicht so recht weiter?
Hinsken: Nein, das ist mir Gott sei Dank in meinem Leben noch nicht passiert.
von Billerbeck: Aber haben Sie geahnt, was Sie da anstoßen, dass Sie einen Konzern wie die Deutsche Bahn dazu bringen, wieder mehr das Deutsche zu nutzen?
Hinsken: Nein, das habe ich nicht geahnt. Und Sie glauben nicht, ich habe Zuschriften über Zuschriften, ich habe Mails bekommen, ich habe Anrufe bekommen, es wurden Leserbriefe in verschiedenen Zeitungen hier eingegeben und auch abgedruckt. Ich habe hier jetzt etwas auf den Nagel getroffen, was man sonst normalerweise nicht trifft.
von Billerbeck: Und die Leute waren auf Ihrer Seite und finden auch, dass die Deutsche Bahn besser deutsch sprechen sollte als englisch?
Hinsken: Ja. Ich wurde hier bestätigt. Ich habe nicht eine einzige negative Reaktion vernommen, sondern nur Positives. Ich wurde bestärkt, und es ist zum Teil auch zum Dank, zum Ausdruck gekommen, dass ich dieses Thema aufgegriffen habe und dass man auch hofft, dass Verschiedenes an Wirkungen erzielt wird. Und das ist ja sporadisch in Einzelfällen jetzt bereits der Fall.
von Billerbeck: Die Bahn hat gesagt, sie will das versuchen, aber wie soll das nun konkret passieren? Also soll es eine Quote für deutsche Begriffe geben in einem Großunternehmen wie der Bahn?
Hinsken: Nein. Also ich bin auch der Meinung, solche hinlänglichen Begriffe, die bisher schon Eingang gefunden haben, wie Service Point und dergleichen, mit denen jedermann was anzufangen vermag, die sollten bleiben. Aber wenn es ein bisschen Kunstbegriffe sind, die sollten doch ein wenig auch mit Deutsch versehen werden, dass der einzelne Kunde etwas damit anzufangen versteht, dass er nicht zu X, zu Y rennt und nachfragt, was das überhaupt bedeuten soll, was das heißt. Er kennt sich ja nicht aus.
Wir müssen ja davon ausgehen, dass in der Bundesrepublik Deutschland über 33, 35 Prozent kein Englisch können und dass darüber hinaus gerade auch in der Altersgruppe 25- bis 49-Jährige auch ein ganz, ganz großer Teil vorhanden ist, der des Englischen nur bedingt mächtig ist beziehungsweise der mit solchen Begriffen überhaupt nichts anzufangen wusste.
Und diesbezüglich meine ich, ist die Bahn auf richtigem Trip, wenn sie sagt, sie wollen in Zukunft eben auch dafür besorgt sein oder darum besorgt sein, dass die deutschen Begriffe wieder verstärkt Eingang finden, und zwar neben den englischen, das kann man ja durchaus lassen. Aber man sollte sich hier ein Beispiel nehmen an den Nachbarländern, wo es genauso gehandhabt wird, wo in mehr Sprachen praktisch die einzelnen Begriffe zum Ausdruck gebracht werden.
von Billerbeck: Danach wollte ich gerade fragen, wenn man beispielsweise von Paris nach Brüssel fährt im Thalys, dann kriegt man die Ansagen in drei Sprachen, in Englisch, Französisch und Flämisch. Das wäre ein gutes Beispiel, wir könnten noch Polnisch hinzufügen vielleicht. Das würden Sie befürworten?
Hinsken: Ja, grundsätzlich. Die Welt ist kleiner geworden, sie ist offener geworden, und sind wir glücklich und froh darüber. Und ich war ja lange Zeit Tourismusbeauftragter der Bundesregierung, ich habe mich über jeden Gast, der aus fernen Ländern zu uns in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist, besonders gefreut, und die sollen auch weiterhin kommen und sollen hier auch sprachlich vermittelt bekommen, damit sie sich zurechtfinden. Und das ist nur möglich, wenn in Mehrsprachigkeit eben Begriffe ausgedeutet werden.
von Billerbeck: Trotzdem ist das Englische ja eine wichtige Kommunikationssprache, wir leben in einer globalisierten Welt – das wissen Sie als ehemaliger Tourismusbeauftragter –, es wäre doch gut, wenn man das also jetzt nicht verteufelt.
Ihr Parteikollege Peter Ramsauer, Bundesverkehrsminister, der hat nun angeordnet, dass in seinem Ministerium deutsch gesprochen wird. Ich kenne kein Land der Erde, in dem man so respektlos mit der eigenen Sprache umgeht, hat er gesagt. Was halten Sie denn davon?
Hinsken: Ich glaube, er liegt richtig. Und er hat sich ein Beispiel daran genommen, dass er es nicht versteht, dass zum Beispiel die EU-Richtlinien, mit denen wir als Abgeordnete, die ja überschwemmt werden, in Englisch und in Französisch vorhanden sind, in deutscher Sprache nicht. Und das ist ein Manko.
von Billerbeck: Aber Deutsch ist doch eine EU-Sprache, auch ganz offiziell.
Hinsken: Ist eine EU-Sprache, aber die amtlichen Mitteilungen und Richtlinien und dergleichen mehr kommen nur in diesen zwei Sprachen, die ich genannt habe, nämlich Englisch und Französisch, aber nicht in Deutsch.
Und ich glaube, wenn man das Ganze etwas weiter nach vorne treibt, gerade was ich hier angestoßen habe mit meinen Schreiben an den DB-Präsidenten Herrn Dr. Grube, dann kommt man zu guter Letzt dorthin, wo ich hin möchte, dass eben wir Deutsche auch in gewisser Hinsicht als Weltsprache anerkannt werden und auch das Notwendige an Berücksichtigung finden.
von Billerbeck: Trotzdem, bleiben wir mal noch zum Schluss an diesem Beispiel "Kiss and Ride", was die Bahn sich da ausgedacht hatte für eine Kurzparkzone, das war ja vielleicht ganz witzig gemeint. Sind wir Deutschen vielleicht einfach schlicht humorlos, dass wir den Gag nicht verstanden haben?
Hinsken: Ja, wissen Sie, ich habe ja gerne Witze, und ich freue mich über jeden Witz. Aber wenn jemand in Eile ist, befindet sich am Bahnhof und er sucht einen Kurzzeitparkplatz und findet den nicht, weil er nicht in der Lage ist zu erkennen, was "Kiss and Ride" bedeutet, dann muss dem Rechnung getragen werden, dass eben hier die Deutsche Bahn auch besorgt ist, das Notwendige zu machen und zu tun.
Im Übrigen, wir haben in der Zwischenzeit ja über 7000 Begriffe, deutsche Begriffe, die in der Zwischenzeit schon einen englischen Charakter haben. Das ist auf die Dauer gesehen nicht gut, da kann man ruhig ein bisschen zurückdrehen, ohne als Vorgestriger bezeichnet zu werden.
von Billerbeck: Die Bahn will künftig mit weniger Anglizismen fahren. Erreicht hat das der Bundestagsabgeordnete Ernst Hinsken, der bei uns zu Gast war. Danke für das Gespräch!
Hinsken: Ich bedanke mich ebenso!