Ich bin wie du

Von Tobias Wenzel · 23.12.2005
Tina und Elisa Bloch sehen nicht nur gleich aus, sie haben auch die gleichen Rauchgewohnheiten. Sie sind Zwillinge, eineiige Zwillinge und damit gefragte Probanden. Denn Zwillinge faszinieren Wissenschaftler schon lange.
Tina und Elisa Bloch: "Wir rauchen, seit wir 15 sind, und haben auch zusammen angefangen, und rauchen auch konstant gleich und gleich viel."

Tina und Elisa Bloch sehen nicht nur gleich aus, sie haben auch die gleichen Rauchgewohnheiten. Sie sind Zwillinge, eineiige Zwillinge und damit gefragte Probanden. Denn Zwillinge faszinieren Wissenschaftler schon lange. Unter anderem den Berliner Zwillingsforscher Andreas Busjahn:

"Die eineiigen Zwillinge sind besonders spannend, um jetzt rauszufinden, welche Umweltfaktoren im Zusammenhang mit genetischen Risiken eine Rolle spielen. Weil hier kann ich jetzt gucken bei eineiigen Zwillingen, einer ist dicker, einer ist dünner, die Gene sind gleich. Welche Umweltfaktoren unterscheiden sich jetzt?"

Denn die Gene eineiiger Zwillinge müssen per Definition identisch sein. Schließlich sind solche Zwillinge aus einer einzigen befruchteten Eizelle entstanden, die sich dann in zwei genetisch identische Zellen geteilt hat. Zweieiige Zwillinge hingegen haben sich aus zwei separat befruchteten Eizellen entwickelt.

Eineiige und zweieiige Zwillinge wachsen in der Regel unter ähnlichen Umweltbedingungen auf. Weisen eineiige Zwillinge eine größere Ähnlichkeit hinsichtlich eines Merkmals auf als zweieiige, so spricht viel dafür, dass dieses Merkmal genetisch bedingt ist. Die niederländische Zwillingsforscherin Dorrett Boomsma hat eine Studie mit unterschiedlich alten Zwillingen zum Rauchen gemacht:

"Am Anfang spielt die Genetik keine große Rolle: Die Familie, das Lebensumfeld, der Freundeskreis bestimmen sehr stark, ob jemand mit dem Rauchen anfängt oder nicht. Aber wenn die Schwelle einmal überschritten ist, wenn Sie eine bestimmte Anzahl von Zigaretten pro Tag erreicht haben, wird die Nikotinabhängigkeit zum entscheidenden Faktor. Und die Veranlagung zur Abhängigkeit, die ist hochgradig vererbbar: zu 80 Prozent."

Die Zwillingsforschung lehrt: Je älter man wird, desto mehr Macht haben die Gene auf uns. Das gilt auch für die Gewichtzunahme. Andreas Busjahn versucht deshalb durch Zwillingsstudien auch einzelne Gene auszumachen, die für den Träger dieses Erbmaterials ein erhöhtes Risiko zum Übergewicht bedeuten. Irgendwann könnte ein Arzt dann den Eltern nach der Geburt spezielle Tipps geben:

"Dein Kind hat ein besonders hohes Risiko, Gewicht zuzunehmen auf Grund dieser 20 Genvarianten. Das heißt, für euch ist es besonders wichtig, dieses Kind bewusst zu ernähren, dem Kind auch bestimmte Bewegungsmuster beizubringen, das heißt dem Kind einfach einen Lebensstil anzuerziehen, der diese Risiken kompensiert."

So könnten wir alle langfristig von der Zwillingsforschung profitieren und zugleich mehr darüber erfahren, inwieweit wir durch unsere Gene einerseits und unsere Umwelt andererseits definiert werden.

Ein Gespräch zum Thema Zwillinge mit Dominik Wichman, Chefredakteur des Magazins der "Süddeutschen Zeitung", können Sie bis zu acht Wochen nach der Sendung in unserem Audio-On-Demand-Player hören.