"Ich bin kein netter Mensch, sondern Schriftsteller"

Von Hartwig Tegeler · 16.07.2009
Gelegentlich schlug bei seinen Lyrik-Lesungen der Akzent heftig durch; dieser schleppende, kühle, hessische Duktus: Jörg Fauser, 1944 in der Nähe von Frankfurt geboren, am 17. Juli 1987 durch einen Lkw überfahren. Oder auf andere Weise zu Tode gekommen? Über das Ableben des "Untegrund-Poeten" ranken sich immer noch Mythen.
Fauser in Kurzform: Vater der deutschen Popliteratur, orientiert an Burroughs, Kerouac, Bukowski. Themen: das Milieu der Süchtigen, Prostituierten, Kleinganoven und die Politszene der Nach-APO-Ära. Auszug aus dem Fauser-Gedicht "Trotzki", "Goethe und das Glück":

"Kaum war ich von der Spritze runter, tappte ich in die nächste Falle, die Revolution. Die Revolution hieß Louise, hatte unglaublich schmale Hüften, blitzende Augen, flatterndes, schwarzes Haar, kam aus Paris und war Trotzkistin."

Jörg Fauser wurde während seines Zivildienstes heroinabhängig und tauchte ab ins Istanbuler Drogenviertel Tophane. Der Roman "Thophane" von 1972 war dann der Versuch, für die Sucht eine literarische Sprache zu finden. Zu der Zeit war Jörg Fauser schon von den harten Drogen losgekommen.

"Eigentlich hat sich nichts geändert. Geblieben ist der Schnee, bleiben werden die Frachter, die Lastträger, das Messer in der Seitengasse, die Moscheen […]."

1982 und 1986 ging Jörg Fauser zusammen mit Achim Reichel auf Konzerttournee; für dessen Platte "Blues in blond" hatte er alle Texte geschrieben. Gedichte vertonen, sagte Fauser, das ist eine "neue Dimension".

Großen Erfolg hatte Jörg Fauser mit seinen Kriminalromanen "Der Schneemann" von 1981 - mit Marius Müller-Westernhagen verfilmt - und "Das Schlangenmaul". Für Fauser war der Kriminalroman, orientiert an den hardboiled-stories von Raymond Chandler und Ross Thomas, das literarische Genre, um Wirklichkeit zu beschreiben. In dieser Zeit entstand auch der autobiographische Roman "Rohstoff". Sucht wird da zum Thema. Und das Verhältnis zu den Verlagen, die Jörg Fauser Zeit seines literarischen Lebens nicht gerade freudig begrüßt hatten:

"Im Herbst hatte ich 117 Seiten eineinhalbzeilig. Ich fand, dass das reichte. Wer diese 117 Seiten las, musste schließlich wissen, woran er mit mir war. Ich ging daran, einen Verlag zu finden. Wie machte man so etwas? Ich kannte keine Verleger. Ich kannte keine Schriftsteller. […] Ich brauchte einen richtigen Verlag, einen Verleger, der ein Gespür für die neue Literatur hatte und mir seinen besten Whiskey zu trinken gab, während er Hemmingway-Anekdoten erzählte."