"Ich bin eigentlich gar kein Musiker"
Der 60-jährige Chanok Sagarik ist Musiklehrer, Musiker und Komponist und setzt sich für die traditionelle thailändische Musik ein. Und das mit ungewöhnlichen Mitteln, unter anderem mit Hilfe von Computerprogrammen. Damit hat er in ganz Thailand Schlagzeilen gemacht - Schlagzeilen, die bis zur Königsfamilie vorgedrungen sind.
Eine offene Holzbaracke in einem Hinterhof in Bangkok. Chanok Sagarik, ein 60-jähriger Mann im Hawai-Hemd, strahlt Ruhe aus. Sein schwarzes Haar ist kurz geschnitten und hinten stark anrasiert. Chanok begleitet mit einem Mikrofon die Übungen seiner elf Schüler. Die sitzen auf dem grünen Boden vor ihrer Zither. Ein ganz normaler Musikunterricht, könnte man denken. Aber Chanok Sagarik ist ein außergewöhnlicher Musiklehrer:
"Ich bin eigentlich gar kein Musiker. Ich habe in Bangkok Wirtschaft studiert. Am Ende meines Studiums hatte ich ein Schlüsselerlebnis: In einem Club für traditionelle Thai-Musik entdeckte ich das Foto meines Großvaters, des Komponisten Luang Pradit Phairoh. Alle verehrten ihn. Da schämte ich mich, dass ich keine Ahnung von Musik hatte. Ich wurde mir sofort der Pflicht bewusst, das Wissen meines Großvaters weiterzugeben."
Das perfekte Examen, die Aussichten, ein erfolgreicher Geschäftsmann zu werden - das alles war für ihn plötzlich unbedeutend. Chanok lernte von seiner Mutter das Spielen auf traditionellen Thai-Instrumenten. Bald war Chanok so gut, dass er selbst Unterricht gab. Das ganze aus Pflichtgefühl, nicht aus Liebe zur Musik:
"Ich gehe nicht vollkommen in der Musik auf. Ich mag Musik nicht mehr oder weniger als der Durchschnittsmensch. Menschen, die Musik wirklich innig lieben, wahre Künstler, mögen es nicht zu unterrichten, so wie sich ein Trinker nicht gern seinen eigenen Drink mixt. Künstler lieben es aufzutreten, aber nicht zu unterrichten. Beim Lehrer ist es genau umgekehrt. Ich würde mich deshalb als Lehrer bezeichnen, nicht als Künstler."
Und das, obwohl Chanok selbst ein renommierter Musiker ist. Vor allem aber hat er Innovationen in die traditionelle Thai-Musik gebracht.
Die sechsjährige Mint schlägt mit zwei Filzhämmerchen auf ein Saiteninstrument und blickt auf den Bildschirm eines Notebooks. Eine Software spielt dasselbe Lied und lässt virtuelle Musiksaiten aufleuchten. Chanok hat das Computerprogramm entwickelt und ins Internet gestellt. Zum Ärger einiger Kollegen:
"Einige Lehrer der alten Schule und solche, die mit Computern nicht umgehen können, mögen die Programme nicht. Sie ziehen die traditionellen Lehrmethoden vor. Ich denke, sie haben Angst, die Software könnte sie überflüssig machen. Aber die Sorge ist unbegründet: Die Software kann keine Lehrer ersetzen."
Aber die Software kann dabei helfen, so Chanok, die traditionelle Thai-Musik zu bewahren. Viele Eltern halten die Musik nämlich für altmodisch und melden ihre Kinder lieber beim Schlagzeugunterricht an. Das heißt nicht, dass Chanok alles Nicht-Thailändische ablehnt. Im Gegenteil: Er liebt es, in andere Länder zu reisen und von dort neue Instrumente nach Thailand zu bringen. Seit Jahren spielt und unterrichtet er Thai-Musik auf der chinesischen Zither Guzheng. Ungeachtet der Kritik einiger Puristen:
"Mein Großvater hat schon einst aus Java das Instrument 'Angaluung' mitgebracht. Heute ist Angaluung so verbreitet in Thailand, dass es viele für ein thailändisches Instrument halten. Wenn man auf fremden Instrumenten Thai-Musik spielt, bleibt es doch Thai-Musik. Wenn man 'Jingle Bells' auf dem thailändischen Xylophon 'Ranad' spielt, bleibt es ja auch 'Jingle Bells'. Musik ist doch eine Frage der Töne."
Das sieht auch die Königsfamilie so. Prinzessin Chulaphorn spielt mittlerweile sogar selbst die chinesische Zither. Darauf ist Chanok stolz, ohne es wirklich zu zeigen. Er ist bescheiden, aber gewitzt: Seine Lieblingsschülerin Mint hat zu wenig geübt. Chanok, der selbst eine Tochter hat, schleicht sich von hinten an sie heran:
"Wir müssen jetzt erst mal etwas klarstellen: Zuerst musst du üben. Dann werde ich dir auch ein paar Zaubertricks zeigen. Schau, deine Nachbarin kann schon viel besser spielen als du!"
Zauberer - das wollte Chanok als Kind werden. Jetzt ist Zaubern für ihn Hobby und didaktisches Mittel. Chanoks Großvater wäre stolz auf ihn gewesen. Und Chanok ist stolz auf seinen Großvater, dessen Lebensgeschichte gerade verfilmt wurde. 1933, als das Militär die traditionelle Thai-Musik verbot, komponierte er heimlich - so wurde schon dem kleinen Chanok erzählt - das "Lied vom Kummer". (Das hat nach seinem Tod sogar die klassischen Orchester erobert.)
Totgesagte leben länger - auch die Thai-Musik, sagt Chanok Sagarik, lächelt kurz weise, um gleich wieder ausdruckslos zu blicken.
"Wenn ich im Sinne meines Großvaters die nächste Musik-Generation hervorbringe und die wiederum eine weitere, dann gibt es Thai-Musik auch noch in tausend Jahren."
"Ich bin eigentlich gar kein Musiker. Ich habe in Bangkok Wirtschaft studiert. Am Ende meines Studiums hatte ich ein Schlüsselerlebnis: In einem Club für traditionelle Thai-Musik entdeckte ich das Foto meines Großvaters, des Komponisten Luang Pradit Phairoh. Alle verehrten ihn. Da schämte ich mich, dass ich keine Ahnung von Musik hatte. Ich wurde mir sofort der Pflicht bewusst, das Wissen meines Großvaters weiterzugeben."
Das perfekte Examen, die Aussichten, ein erfolgreicher Geschäftsmann zu werden - das alles war für ihn plötzlich unbedeutend. Chanok lernte von seiner Mutter das Spielen auf traditionellen Thai-Instrumenten. Bald war Chanok so gut, dass er selbst Unterricht gab. Das ganze aus Pflichtgefühl, nicht aus Liebe zur Musik:
"Ich gehe nicht vollkommen in der Musik auf. Ich mag Musik nicht mehr oder weniger als der Durchschnittsmensch. Menschen, die Musik wirklich innig lieben, wahre Künstler, mögen es nicht zu unterrichten, so wie sich ein Trinker nicht gern seinen eigenen Drink mixt. Künstler lieben es aufzutreten, aber nicht zu unterrichten. Beim Lehrer ist es genau umgekehrt. Ich würde mich deshalb als Lehrer bezeichnen, nicht als Künstler."
Und das, obwohl Chanok selbst ein renommierter Musiker ist. Vor allem aber hat er Innovationen in die traditionelle Thai-Musik gebracht.
Die sechsjährige Mint schlägt mit zwei Filzhämmerchen auf ein Saiteninstrument und blickt auf den Bildschirm eines Notebooks. Eine Software spielt dasselbe Lied und lässt virtuelle Musiksaiten aufleuchten. Chanok hat das Computerprogramm entwickelt und ins Internet gestellt. Zum Ärger einiger Kollegen:
"Einige Lehrer der alten Schule und solche, die mit Computern nicht umgehen können, mögen die Programme nicht. Sie ziehen die traditionellen Lehrmethoden vor. Ich denke, sie haben Angst, die Software könnte sie überflüssig machen. Aber die Sorge ist unbegründet: Die Software kann keine Lehrer ersetzen."
Aber die Software kann dabei helfen, so Chanok, die traditionelle Thai-Musik zu bewahren. Viele Eltern halten die Musik nämlich für altmodisch und melden ihre Kinder lieber beim Schlagzeugunterricht an. Das heißt nicht, dass Chanok alles Nicht-Thailändische ablehnt. Im Gegenteil: Er liebt es, in andere Länder zu reisen und von dort neue Instrumente nach Thailand zu bringen. Seit Jahren spielt und unterrichtet er Thai-Musik auf der chinesischen Zither Guzheng. Ungeachtet der Kritik einiger Puristen:
"Mein Großvater hat schon einst aus Java das Instrument 'Angaluung' mitgebracht. Heute ist Angaluung so verbreitet in Thailand, dass es viele für ein thailändisches Instrument halten. Wenn man auf fremden Instrumenten Thai-Musik spielt, bleibt es doch Thai-Musik. Wenn man 'Jingle Bells' auf dem thailändischen Xylophon 'Ranad' spielt, bleibt es ja auch 'Jingle Bells'. Musik ist doch eine Frage der Töne."
Das sieht auch die Königsfamilie so. Prinzessin Chulaphorn spielt mittlerweile sogar selbst die chinesische Zither. Darauf ist Chanok stolz, ohne es wirklich zu zeigen. Er ist bescheiden, aber gewitzt: Seine Lieblingsschülerin Mint hat zu wenig geübt. Chanok, der selbst eine Tochter hat, schleicht sich von hinten an sie heran:
"Wir müssen jetzt erst mal etwas klarstellen: Zuerst musst du üben. Dann werde ich dir auch ein paar Zaubertricks zeigen. Schau, deine Nachbarin kann schon viel besser spielen als du!"
Zauberer - das wollte Chanok als Kind werden. Jetzt ist Zaubern für ihn Hobby und didaktisches Mittel. Chanoks Großvater wäre stolz auf ihn gewesen. Und Chanok ist stolz auf seinen Großvater, dessen Lebensgeschichte gerade verfilmt wurde. 1933, als das Militär die traditionelle Thai-Musik verbot, komponierte er heimlich - so wurde schon dem kleinen Chanok erzählt - das "Lied vom Kummer". (Das hat nach seinem Tod sogar die klassischen Orchester erobert.)
Totgesagte leben länger - auch die Thai-Musik, sagt Chanok Sagarik, lächelt kurz weise, um gleich wieder ausdruckslos zu blicken.
"Wenn ich im Sinne meines Großvaters die nächste Musik-Generation hervorbringe und die wiederum eine weitere, dann gibt es Thai-Musik auch noch in tausend Jahren."