"Ich bin eher auf der bitteren Seite"

Moderation: Ute Welty · 23.04.2013
Vor 497 Jahren wurde das deutsche Reinheitsgebot erlassen, daran erinnert heute der Tag des Bieres. Wir sprechen mit der Biersommelière Sandra Ganzenmüller über Verkostungen am Vormittag, neue Trend-Biere aus Indien und darüber, warum Verbraucher ihre lokale Brauerei unterstützen sollten.
Ute Welty: Aller guten Dinge sind vier. Nur Malz, Hopfen, Wasser und Hefe sind nach dem deutschen Reinheitsgebot im Bier erlaubt. Und der heutige Tag des Bieres dient unter anderem dazu, daran zu erinnern, denn heute vor 497 Jahren wurde eben dieses deutsche Reinheitsgebot erlassen. Sandra Ganzenmüller kennt sich damit bestens aus: sie ist nämlich Biersommelière und Ernährungsberaterin, und das ist eine ziemlich einzigartige Kombination. Guten Morgen!

Sandra Ganzenmüller: Guten Morgen!

Welty: Heute der Tag des Bieres. Hatten Sie denn zur Feier des Tages schon eins?

Ganzenmüller: Nein, in der Früh jetzt noch nicht, wobei der Vormittag natürlich die beste Zeit ist, um Bier zu verkosten, zu genießen und mit allen Sinnen zu erleben.

Welty: Warum ist das so?

Ganzenmüller: Da sind die Geschmacksnerven noch ganz frisch und die Eindrücke sind dann auch noch unverbraucht, und insofern wird in Brauereien oft in der Früh auch die Verkostung gemacht.

Welty: Haben Sie das schon mal mitgemacht? Macht das Spaß? Man denkt ja eigentlich, so der laue Sommerabend ist die perfekte Zeit für ein Bier. Aber macht es tatsächlich Spaß, um neun Uhr ein Bier zu trinken?

Ganzenmüller: Ja. Bei professionellen Verkostungen wie beispielsweise in der Jury vom European Beer Star oder auch beim World Beer Cup, wo ich teilnehmen darf, ist es natürlich auch eine gewisse Art der Arbeit. Da fangen wir in der Früh schon an und das macht auf jeden Fall Spaß.

Welty: Es gibt schlimmere Berufe, glaube ich?

Ganzenmüller: Ja, das auf jeden Fall.

Welty: Können Sie denn als Ernährungsberaterin tatsächlich ein alkoholisches Getränk empfehlen, oder bleibt die Beraterin zuhause, wenn die Sommelière unterwegs ist und Seminare gibt?

Ganzenmüller: Ich bin Ernährungswissenschaftlerin und mein Job ist nicht, Ernährungsberatungen auszuführen. Aber ich finde, das kann man sehr gut vereinbaren. Worum es mir als Biersommelière auch geht ist, dass wir in Maßen genießen, dass wir mit allen Sinnen erleben, und Genuss gehört für mich zu einem Stück Lebenskultur.

Welty: Was kann man denn über Bier bei Ihnen lernen? Schmeckt oder schmeckt nicht, das kriege ich gerade eben noch selber hin.

Ganzenmüller: Man kann natürlich die Geschmacksvielfalt bei mir erleben, die Bierkultur, dieses Durchkosten, zu entscheiden, welches Bier ist mein Bier, welches Bier ist zwar ein charaktervolles Bier, aber vielleicht jetzt nicht unbedingt mein Geschmack, und das gehen wir in unseren Seminaren Schritt für Schritt durch. Ich möchte in einem Seminar Verbrauchern nahe bringen, dass sie mal ein bisschen über den Tellerrand hinausschauen oder über den Glasrand und auch neue Eindrücke sammeln.

Welty: Haben Sie ein Lieblingsbier? Die Palette zwischen Kölsch, Alt und Pils ist ja breit gefächert.

Ganzenmüller: Ja, ich bin bekennende Altbier- und Pilstrinkerin, also ich bin eher auf der bitteren Seite. Es gibt aber auch international ganz tolle Bierstile, die ich durchaus hin und wieder genieße.

Welty: Was kommt Ihnen da in den Sinn?

Ganzenmüller: Ein IPA, was jetzt auch in Deutschland sehr im Trend ist. Es gibt viele Brauereien auch vom Verbund der freien Brauer, die jetzt dieses India Pale Ale herstellen in Sonderflaschen. Das hat auch eine nette Geschichte: das wurde in der Kolonialzeit in England eingebraut, stärker, mit mehr Hopfen, also bitterer, damit es die Schiffspassage nach Indien auch durchstehen sollte. Da hätten sie es verdünnen sollen, haben es aber nicht getan, und somit haben wir einen neuen Geschmack.

Welty: Kein Wasser in mein Bier, bitte!

Ganzenmüller: Genau! Das haben dann die Soldaten in Indien auch so gesehen.

Welty: Bier ist ein Naturprodukt. Das heißt, die Qualität der Rohstoffe ist ganz entscheidend. Machen Sie sich Sorgen, wenn Sie sich anschauen, wie sehr der Mensch in die Natur eingreift, wie sehr neue Methoden, wie zum Beispiel das Fracking zur Schiefergas-Gewinnung, in der Diskussion stehen, wenn es um die Qualität des Wassers zum Beispiel geht?

Ganzenmüller: Ich denke, wir müssen alle Verantwortung für die Umwelt auf uns nehmen für die zukünftigen Generationen, und gerade das Wasser ist entscheidend für den Bierstil. Es gibt auch viele Bierstile, die nur aufgrund des Wassers in der jeweiligen Region entstanden sind. Hartes Wasser, weiches Wasser, das macht natürlich schon sehr viel aus und insofern macht mir das ein bisschen Sorgen und sicherlich auch der ganzen Brauwirtschaft.

Deswegen ist es für Verbraucher auch so eine Aufgabe, dass sie gerade regionale Brauereien unterstützen, denen die Umwelt wichtig ist, die sich engagieren. Wie gesagt: Mitgliedsbrauereien des Verbundes "Die Freien Brauer", inhabergeführte Unternehmen achten da schon sehr drauf, und das wäre auch meine Botschaft an Verbraucher zu gucken, was sie beitragen können.

Welty: Die Botschaft der Biersommelière Sandra Ganzenmüller am Tag des Bieres hier in Deutschlandradio Kultur. Ich sage danke schön und sehr zum Wohle.

Ganzenmüller: Danke! Schönen Tag.

Welty: Ihnen auch.


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