"Ich bin der ewige Nichtstuer"
Der Schriftsteller Robert Scheer stammt aus dem rumänischen Siebenbürgen. Später zog seine Familie nach Israel. Scheer kam zum Studium nach Tübingen und blieb dort. Obwohl er betont, dass das Nichtstun der Zweck all seines Strebens sei, erscheint jetzt sein erster Roman: "Der Duft des Sussita".
"Ich war Kellner, ich arbeitete mit rumänischen Bauarbeitern in Israel, ich bezahlte ihnen Geld. Manchmal hatte ich eine Million Dollar bei mir, und ich musste diesen Leuten Geld geben. Ich wollte mit diesem Geld wegrennen."
Diesen Drang verspürte Robert Scheer, nachdem er 1992 wegen seiner pazifistischen Gesinnung aus dem obligatorischen Militärdienst entlassen worden war. Er ließ die Haare wieder wachsen und färbte sie obendrein blond. Dazu trug er eine Lederjacke mit Fransen. Er war ein bunter Vogel mit einer tiefen, anhaltenden Leidenschaft für den Hardrock.
"Jeden Tag höre ich laute Musik, und ich höre noch, was ich in meiner Kindheit gehört habe. Es gibt Leute, die sagen, Rockmusik sei primitiv, aber meistens, was mich bewegt, ist laute Rockmusik. Das ist ein Anturner!" (Lachen)
Paul Di Anno, der Leadsänger von Iron Maiden, war sein Idol.
"Er war jetzt im Knast, ja, so tätowiert, tja, ein bad boy – nicht wie ich."
Mitte der 90er-Jahre tingelte Robert Scheer vier Monate lang mit seiner eigenen Rockband durch Londoner Clubs. Dann kam das jähe Ende. Die israelischen Musiker besaßen keine Arbeitserlaubnis und wurden ausgewiesen.
"Obwohl die Engländer sind immer so nett, sie lachen, und du bist abgeschoben mit dem nächsten Flug nach Hause. Wir waren in einem Zimmer mit Afrikanern, Osteuropäern, und ja, das war auch eine interessante Erfahrung, die mich prägt."
Und sie führte Robert Scheer zum Studium der Philosophie. Aber auch das brachte keine dauerhafte Erfüllung.
"Ich hatte vor, ein Professor zu sein, was ja ein Albtraum wäre, wenn es so gekommen wäre. Ich kenne viele Leute im Philosophiegeschäft und es ist ein, würde ich sagen, heuchlerisches Geschäft. Und die Akademie ist einfach – heuchlerisch."
Er sei, sagt Robert Scheer, schon immer ein Außenseiter und ein Fremder gewesen. Ein Fremder, der sich danach sehnte, die Tage mit dem Betrachten von Bäumen und dem Hören von Musik zu verbringen oder Bücher von Thomas Bernhard und der ungarischen Schriftstellerin Agota Kristóf zu lesen. Immer wieder streut er ein, dass das Nichtstun der Zweck all seines Strebens sei.
"Wenn man ein Nichtstuer ist, ist es egal, was man tut. Hauptsache, es kommt von einem inneren Nichtstun. Damals als Kind war es ganz einfach, weil man denkt darüber nicht nach. Und auch heute versuche ich, über gar nichts nachzudenken. Das ist meine Einstellung. Ich bin der ewige Nichtstuer. Nicht der ewige Jude, der ewige Nichtstuer!"
Aus Robert Scheers Augen blitzt der Schalk. Die langen Haare hat der eher klein gewachsene Mann inzwischen gekürzt. Statt Leder trägt er Outdoor-Kleidung. Der Rucksack lehnt am Stuhl. Der 38-Jährige beobachtet genau, ob man seine Behauptungen mit einem ungläubigen oder mit einem spöttischen Lachen quittiert, ob mit Unverständnis oder verhaltener Ablehnung. Ist er ein Spieler? Ein Poseur? Einer, dem irgendwann mal Eichendorffs Novelle "Aus dem Leben eines Taugenichts" in die Hände gefallen ist? Höchstwahrscheinlich, denn Robert Scheer hat an der Universität in Haifa Philosophie und die Dichtung der Romantik studiert.
"Der deutsche Idealismus, ich hatte eine Schwäche, und in Israel natürlich alle waren dagegen, alle diese Vorurteile, aber es hat mir gut gefallen. Hölderlin. Ich war 26,27, 28, man hat diese idealistische Einstellung. Heutzutage ist das ein bisschen lächerlich."
Aber damals gab diese Neigung den Ausschlag, nach Tübingen zu reisen und einen Deutschkurs zu belegen. Robert Scheer kam ein zweites Mal und blieb. Seit 2003 lebt er in Tübingen und ist verheiratet mit einer Frau, die ganz anders ist als er. Sie geht einer regelmäßigen Arbeit nach und hält ihm den Rücken frei fürs Schreiben. Und nun ist die Erzählsammlung "Der Duft des Sussita" endlich herausgekommen.
Der Sussita – eine Art Wüsten-Trabi - wurde 1960 von israelischen Auto-Ingenieuren gebaut und war der Stolz der jüdischen Nation. Scheer dichtet dem Auto einen süßlichen Fladenbrotduft an und lässt einen arabischen Automechaniker fantasieren, dass Kamele die wohl riechenden Sussitas liebend gern vertilgen. Wirksam sei allein ein Anti-Kamel-Spray.
Scheer liebt es, realistisch beginnende Fiktionen ins Absurde kippen zu lassen. Im September wird Robert Scheer gemeinsam mit dem schreibenden Entertainer Wladimir Kaminer sein Buch in Berlin präsentieren. Auch die Eltern aus Israel und der Bruder aus Irland reisen zu diesem Auftritt an. Und bevor Robert Scheer aus dem beschaulichen Tübingen dann auf die hell ausgeleuchtete Bühne tritt, wird er mit hundertprozentiger Sicherheit sein Mantra murmeln:
"Das Leben ist ein Spiel, und wir müssen es spielen und uns nicht anstrengen. Das ist meine Botschaft. Also strengt euch nicht an. Weil es bringt nichts. Tu nichts, das bringt doch was."
Diesen Drang verspürte Robert Scheer, nachdem er 1992 wegen seiner pazifistischen Gesinnung aus dem obligatorischen Militärdienst entlassen worden war. Er ließ die Haare wieder wachsen und färbte sie obendrein blond. Dazu trug er eine Lederjacke mit Fransen. Er war ein bunter Vogel mit einer tiefen, anhaltenden Leidenschaft für den Hardrock.
"Jeden Tag höre ich laute Musik, und ich höre noch, was ich in meiner Kindheit gehört habe. Es gibt Leute, die sagen, Rockmusik sei primitiv, aber meistens, was mich bewegt, ist laute Rockmusik. Das ist ein Anturner!" (Lachen)
Paul Di Anno, der Leadsänger von Iron Maiden, war sein Idol.
"Er war jetzt im Knast, ja, so tätowiert, tja, ein bad boy – nicht wie ich."
Mitte der 90er-Jahre tingelte Robert Scheer vier Monate lang mit seiner eigenen Rockband durch Londoner Clubs. Dann kam das jähe Ende. Die israelischen Musiker besaßen keine Arbeitserlaubnis und wurden ausgewiesen.
"Obwohl die Engländer sind immer so nett, sie lachen, und du bist abgeschoben mit dem nächsten Flug nach Hause. Wir waren in einem Zimmer mit Afrikanern, Osteuropäern, und ja, das war auch eine interessante Erfahrung, die mich prägt."
Und sie führte Robert Scheer zum Studium der Philosophie. Aber auch das brachte keine dauerhafte Erfüllung.
"Ich hatte vor, ein Professor zu sein, was ja ein Albtraum wäre, wenn es so gekommen wäre. Ich kenne viele Leute im Philosophiegeschäft und es ist ein, würde ich sagen, heuchlerisches Geschäft. Und die Akademie ist einfach – heuchlerisch."
Er sei, sagt Robert Scheer, schon immer ein Außenseiter und ein Fremder gewesen. Ein Fremder, der sich danach sehnte, die Tage mit dem Betrachten von Bäumen und dem Hören von Musik zu verbringen oder Bücher von Thomas Bernhard und der ungarischen Schriftstellerin Agota Kristóf zu lesen. Immer wieder streut er ein, dass das Nichtstun der Zweck all seines Strebens sei.
"Wenn man ein Nichtstuer ist, ist es egal, was man tut. Hauptsache, es kommt von einem inneren Nichtstun. Damals als Kind war es ganz einfach, weil man denkt darüber nicht nach. Und auch heute versuche ich, über gar nichts nachzudenken. Das ist meine Einstellung. Ich bin der ewige Nichtstuer. Nicht der ewige Jude, der ewige Nichtstuer!"
Aus Robert Scheers Augen blitzt der Schalk. Die langen Haare hat der eher klein gewachsene Mann inzwischen gekürzt. Statt Leder trägt er Outdoor-Kleidung. Der Rucksack lehnt am Stuhl. Der 38-Jährige beobachtet genau, ob man seine Behauptungen mit einem ungläubigen oder mit einem spöttischen Lachen quittiert, ob mit Unverständnis oder verhaltener Ablehnung. Ist er ein Spieler? Ein Poseur? Einer, dem irgendwann mal Eichendorffs Novelle "Aus dem Leben eines Taugenichts" in die Hände gefallen ist? Höchstwahrscheinlich, denn Robert Scheer hat an der Universität in Haifa Philosophie und die Dichtung der Romantik studiert.
"Der deutsche Idealismus, ich hatte eine Schwäche, und in Israel natürlich alle waren dagegen, alle diese Vorurteile, aber es hat mir gut gefallen. Hölderlin. Ich war 26,27, 28, man hat diese idealistische Einstellung. Heutzutage ist das ein bisschen lächerlich."
Aber damals gab diese Neigung den Ausschlag, nach Tübingen zu reisen und einen Deutschkurs zu belegen. Robert Scheer kam ein zweites Mal und blieb. Seit 2003 lebt er in Tübingen und ist verheiratet mit einer Frau, die ganz anders ist als er. Sie geht einer regelmäßigen Arbeit nach und hält ihm den Rücken frei fürs Schreiben. Und nun ist die Erzählsammlung "Der Duft des Sussita" endlich herausgekommen.
Der Sussita – eine Art Wüsten-Trabi - wurde 1960 von israelischen Auto-Ingenieuren gebaut und war der Stolz der jüdischen Nation. Scheer dichtet dem Auto einen süßlichen Fladenbrotduft an und lässt einen arabischen Automechaniker fantasieren, dass Kamele die wohl riechenden Sussitas liebend gern vertilgen. Wirksam sei allein ein Anti-Kamel-Spray.
Scheer liebt es, realistisch beginnende Fiktionen ins Absurde kippen zu lassen. Im September wird Robert Scheer gemeinsam mit dem schreibenden Entertainer Wladimir Kaminer sein Buch in Berlin präsentieren. Auch die Eltern aus Israel und der Bruder aus Irland reisen zu diesem Auftritt an. Und bevor Robert Scheer aus dem beschaulichen Tübingen dann auf die hell ausgeleuchtete Bühne tritt, wird er mit hundertprozentiger Sicherheit sein Mantra murmeln:
"Das Leben ist ein Spiel, und wir müssen es spielen und uns nicht anstrengen. Das ist meine Botschaft. Also strengt euch nicht an. Weil es bringt nichts. Tu nichts, das bringt doch was."