Hundert alltägliche Rätsel gelüftet

Von Christine Westerhaus |
Vielleicht haben Sie sich auch schon gefragt, wie eine Schnecke ihr Haus baut oder warum die Buchstaben auf PC-Tastaturen so kompliziert angeordnet sind? Anschaulich und verständlich klären die Autoren 100 Fragen, die Zuschauer der Wissenschaftssendung "Nano" auf 3sat gestellt haben.
Wie baut eine Schnecke ihr Haus? Links herum oder rechts herum? Und muss sie umziehen, wenn sie für ihre Wohnung zu groß geworden ist? Martin Borré und Thomas Reintjes erklären in ihrem Buch Rätsel des Alltags, über die sich nicht nur Kinder Gedanken machen.

" Schnecken kommen schon mit Haus auf die Welt. Zum Beispiel die Weinbergsschnecke. (...) Etwa drei Jahre lang ist sie mit dem Hausbau beschäftigt. (...) Windung um Windung baut sie an ihrem Haus an. Entsprechend ihrem eigenen Wachstum macht sie die Windungen immer breiter. (...). Im genetischen Bauplan der Schnecken ist festgeschrieben, ob sich die Schale links- oder rechtsherum windet. So gut wie alle Weinbergsschnecken winden sich rechtsherum. "

Anschaulich und für Laien verständlich klären die Autoren insgesamt 100 Fragen, die Zuschauer der Wissenschaftssendung "Nano" des Fernsehsenders 3sat gestellt haben und die nun zum ersten Mal in Buchform zusammengestellt wurden. Neben dem links- oder rechtsdrehenden Schneckenhaus werden auch andere Alltagsphänomene erklärt, die mit einem Orientierungssinn zu tun haben. Warum die Athleten im Stadion immer gegen den Uhrzeigersinn laufen zum Beispiel. Das tun sie nur deshalb, weil es der Internationale Leichtathletikverband so festgelegt hat.

Die meisten dieser Fragen sind zwar nicht neu - viele von ihnen kennt man schon aus anderen Büchern, Hörfunk oder Zeitungsrubriken, in denen Alltagsphänomene erklärt werden. Und trotzdem lohnt es sich, diesen Band zu lesen. Denn die beiden Wissenschaftsjournalisten klären auch Fragen, über die der Leser vielleicht noch nicht nachgedacht hat.

"Warum sind die Buchstaben auf Tastaturen so kompliziert angeordnet" zum Beispiel, oder "was ist der Unterschied zwischen Obst und Gemüse". Das können zwar auch die beiden Autoren nicht abschließend beantworten, weil sich darüber selbst Botaniker nicht einig sind. Doch allein um das zu erfahren, lohnt es sich, die Antwort zu lesen.

" Das kommt darauf an, wen Sie fragen. Der Botaniker wird Ihnen sagen ... Obst stamme von einer mehrjährigen Pflanze, Gemüse von einer einjährigen. (...) Als Nächstes fragen Sie einen weiteren Botaniker und Sie bekommen eine weitere Meinung. "Obst" sagt er, "sollte man besser als Frucht bezeichnen, also etwas, das aus einer Blüte hervorgeht. Zwei Wackelkandidaten kommen auf den Tisch: Die Tomate und die Zucchini. Sie sind Früchte, da sie aus einer Blüte hervorgehen – gehören sie damit zum Obst?"

Selbst schwierige technische Fragen wie "Was ist Schwarzlicht?" oder "Wie funktioniert ein Laser?", beantworten Borré und Reintjes insgesamt so gut verständlich, dass auch Nicht-Physiker sie verstehen können. Leider gilt das nicht für die Erklärung der Quantenmechanik, die der naturwissenschaftlich Ungebildete wahrscheinlich nach der Lektüre dieses Buches immer noch nicht verstanden hat.

Von anderen Büchern, in denen Alltagsfragen beantwortet werden, hebt sich dieses Bändchen auch durch die originelle Einteilung der Antworten ab. "Sein und Schein" heißt zum Beispiel eine Kategorie und dort versammeln sich Rätsel wie "Warum ist der Regenbogen krumm?" und "Warum vergisst man seine Träume?".

Hier findet man auch die Frage nach dem Unterschied zwischen Obst und Gemüse wieder. Unter dem Begriffspaar "Pech und Schwefel" ist die Antwort auf das Phänomen, "warum frieren Frauen schneller als Männer" eingeordnet. Ob sie da auch hingehört, ist wohl eher eine Frage der Interpretation. Die Erklärung jedenfalls wird den meisten Frauen nicht gefallen:

" Ausschlaggebend für kalte Gliedmaßen ist das Verhältnis von Fett- zu Körpermasse und das ist bei Frauen ungünstiger: Frauen haben im Durchschnitt einen Körperfettanteil von 25 Prozent. Bei Männern macht das Fett dagegen nur 15 Prozent der Körpermasse aus.(...) Nur 25 Prozent der weiblichen Körpermasse sind Muskeln, bei Männern hingegen sind es um die 40 Prozent (...) Und mehr Muskeln sind gleichbedeutend mit einer höheren Wärmeproduktion."

Die meisten der insgesamt 100 Erklärungen sind kurzweilig, knapp und enthalten eine gut dosierte Menge an Informationen. Zudem passt das Bändchen in fast jede Hand- oder Jackentasche. Und so ist dieses Buch eine ideale Lektüre für unterwegs.

Martin Borré und Thomas Reintjes: Warum Frauen schneller frieren – Alltagsphänomene wissenschaftlich erklärt
Verlag C.H. Beck (becksche Reihe)
176 Seiten
9,90 €