Humoristen-Ehrung auf dem Bürgersteig

Von Christoph Gehring · 08.06.2009
Die Kabarettisten Emil Steinberger und Vicco von Bülow alias Loriot sind am Montag mit zwei Sternen auf dem "Walk of Fame der Satire" in Mainz geehrt worden. Gestiftet hat sie Bundeskulturminister Bernd Neumann. Er bezeichnete die Ausgezeichneten als zwei der bedeutendsten Künstler ihrer Zunft.
Bernd Neumann hat viele Termine. Die meisten davon machen Bernd Neumann vermutlich sogar Spaß, was ganz sicher mehr ist, als andere Politiker von sich sagen können. Denn Bernd Neumann ist der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und als solcher hat er es vorrangig mit Kultur- und Medienschaffenden zu tun, mit feingeistigen Menschen ohne existenzielle Ängste also, denen er meistens, wenn er sie trifft, auch noch ein bisschen Geld von der Bundesregierung vorbeibringen darf.

So wie an diesem Montagmittag in Mainz: Bernd Neumann steht auf einem Platz unter einem weißen Plastikpavillon und verspricht, dass der Bund auch in Zukunft das Deutsche Kabarettarchiv unterstützen wird. Und dann darf er zwei Größen des deutschsprachigen Humors ehren:

"Meine Damen und Herren, es ist mir wirklich eine große Ehre, heute zwei Sterne der Satire stiften zu können. Sie sind zwei Künstlern gewidmet, die ohne Zweifel zu den bedeutendsten ihrer Zunft gehören: Emil Steinberger und Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot."

Danach ertrinkt die Rede des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien wieder in dem allgegenwärtigen Mainzer Fluglärm - der Frankfurter Flughafen lässt grüßen.

Seit fünf Jahren bauen sie in Mainz am "Walk of Fame" der deutschsprachigen Kleinkunst: Zwischen dem "unterhaus", dem famosen Kabaretttempel, und dem Deutschen Kabarettarchiv auf der anderen Seite dieses Platzes, unter dem sich die größte Tiefgarage von Mainz verbirgt, werden in unregelmäßigen Zeitabständen kleine Bronzetafeln ins Pflaster eingelassen, die die ganz Besonderen der allesamt ausgezeichneten Kleinkünstler ehren, deren Werk im Kabarettarchiv gesammelt ist: Hanns-Dieter Hüsch, natürlich, aber auch Valeska Gert und Friedrich Hollaender, Lore Lorentz und Helmut Qualtinger, Helen Vita und Kurt Tucholsky.

64 dieser Bronzetäfelchen mit dem silbernen Stern und dem eingravierten Autogramm des jeweils Geehrten haben sie schon ins Mainzer Platzpflaster versenkt, 80 sollen es mal sein. Bezahlt werden die Bronzetäfelchen von edlen Stiftern. Der Mainzer Oberbürgermeister hat schon einen Stern gestiftet und der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, der amtierende Außenminister und ein gewesener Bundespräsident, aber auch die EWS Werkzeugfabrik und die Landschaftsarchitekten Bierbaum und Aichele. Und jetzt eben der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, der über Emil Steinberger spricht, aber eigentlich Peer Steinbrück meint:

Bernd Neumann: "Mit Ihrem Werk haben Sie über Jahrzehnte hinweg eine humoristische Verbindung zwischen der Schweiz und Deutschland geschaffen. Vielleicht sollten wir uns darauf in diesen Tagen wieder mehr besinnen, statt die Beziehungen zwischen unseren Ländern mitunter zu sehr auf fiskalische Friktionen zu reduzieren."

Grundsätzlich sollte ein Kabarettist natürlich seinen Lebenswandel überdenken, wenn er von einem Politiker gelobt und gepriesen wird. Andererseits ist es die Politik, die solche schönen Sachen wie das Kabarettarchiv und die Sterne für die Kabarettstars finanziert. Emil Steinberger, dem man irgendwie ansieht, dass ihm die Sterneneinweihung auch ohne den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Spaß gemacht hätte, nimmt's professionell:

"Es braucht scheinbar für gewisse ... äh ... gewisse Ereignisse braucht es scheinbar Politiker dazu. Natürlich sind das diejenigen Leute, die Geldgeber sind. Und da kommt er, der Herr Neumann, und guckt sich mal das an: Wo geht sein Geld hin? Und dass er da richtig beruhigt ist nachher, ist natürlich auch schön."

Tatsächlich macht der Bundesregierungsbeauftragte für Kultur und Medien einen sehr zufriedenen Eindruck. Er weiß das Geld des Bundes offenbar wirklich gut angelegt im Mainzer Kabarettarchiv. Außerdem - das ist vielleicht noch wichtiger für Bernd Neumanns Zufriedenheit - sind genug Fotografen und Kamerateams da, um seinem Auftritt Gewicht zu verleihen.

Der Krawattenknoten sitzt perfekt, das Einstecktuch harmoniert mit dem Binder und der Teint spricht für viel Sonne im Leben eines Kultur- und Medienbeauftragten der Bundesregierung. Wenn man es nicht besser wüsste - man würde Bernd Neumann glatt als Beauftragten der Bundesregiereung für Hanseatentum und Herrenmode durchgehen lassen. Doch er macht in Kultur- und Medienpolitik. Die steht in Zeiten der Wirtschaftskrise vielleicht nicht ganz oben auf der Agenda, zugegeben. Aber auch in der Kleinkunst, auf dem Kabarett rettet der Politiker die Arbeitsplätze der Menschen, findet Bernd Neumann:

"Muss auch mal sagen: Ohne uns, ohne die Politiker, wäre das politische Kabarett arbeitslos. Und von daher sind wir schon sehr attraktive Objekte."