Hummer für alle
18.07.2011
Sie stürzte ein Dogma und bekam dafür den Nobelpreis: Gemeinschaftlicher Besitz an natürlichen Ressourcen, so bewies die amerikanische Politikwissenschaftlerin Elinor Ostrom, führt keineswegs zu dessen Ruin.
Damit wurde die sogenannte "Tragik der Allmende" widerlegt, die besagt: ein allen frei zugängliches Gemeinschaftsgut wie zum Beispiel eine Wiese führt unweigerlich dazu, dass jeder versucht, diese Wiese möglichst intensiv zu nutzen. Mit dem Resultat, das sie binnen kurzem zerstört ist.
Diese Behauptungen hat Elinor Ostrom im Verlauf ihrer wissenschaftlichen Untersuchungen detailliert widerlegt; ihr Plädoyer für Gemeingüter lässt sich jetzt (in stark verkürzter Form) auf Deutsch nachlesen. Gemeingüter wie Wälder, Fischbestände, Weideflächen oder Bewässerungssysteme lassen sich durchaus erfolgreich gemeinsam nutzen. Allerdings braucht man dafür Regeln. Die gemeinsamen Besitzer müssen sich nicht nur darauf einigen, wer wann wie viel nutzen darf, sondern auch dafür sorgen, dass kontrolliert wird, ob sich alle an die Absprachen halten. Wirksame Sanktionen müssen gegen diejenigen verhängt werden, die sie missachten.
Elinor Ostrom nennt ein typisches Beispiel: Um Schildkröteneier auf einigen philippinischen Inseln zu schützen, hatten Fischer und Behörden gemeinsam ein Projekt entwickelt, das eine zu große Ausbeutung verhindern sollte. Daraufhin stiegen die Bestände wieder an. Als sich der Staat über dieses lokale Abkommen hinwegsetzte und zum Schutz der Schildkröten das Sammeln der Eier komplett verbot, wurden die Bestände binnen kurzem hemmungslos geplündert.
Klüger gingen die Fischereibehörden in Maine vor. Als die Hummerbestände drastisch sanken, wurden zusammen mit den Fischern genaue Regeln wie u.a. individuelle Fangplätze, Anzahl der Fallen, Heimathäfen vereinbart. Eine gute Kontrolle über die tatsächlichen Fänge war damit möglich. Heute gibt es wieder genügend Hummer in Maine.
Die im Buch genannten Beispiele zeigen, dass eine gemeinsame Verwaltung von Gemeingüter zwar viel Zeit kostet, aber erfolgreicher diese Ressourcen schützt als Staat oder Privateigentümer. Unterschiedliche Interessen dürfen nicht durch eine Befehlshierarchie, Anordnungen von oben mundtot gemacht werden. Die Betroffenen, die die Verhältnisse vor Ort am besten kennen, müssen sich untereinander einigen. Ständige Rückmeldungen über Erfolge und Fehlschläge geben solchen Systemen größere Stabilität.
Das Buch gewährt allerdings nur einen ersten Einblick in Elinor Ostroms Forschungsergebnisse. Der Text ist aus zwei ihrer Schriften zusammengesetzt und macht daher auch eher den Eindruck einer lockeren Ideensammlung, als den eines in sich geschlossenen Gedankengebäudes. Das ist bedauerlich, denn ihre Theorien sind faszinierend. Elinor Ostrom widerlegt mit ihren Arbeiten immerhin die neoliberale Überzeugung, dass der Mensch ein egoistisch handelndes Wesen sei. Sie zeigt, dass man ihm nur die Möglichkeit dazu geben muss, dann beweist er durchaus Gemeinsinn.
Besprochen von Johannes Kaiser
Elinor Ostrom, Was mehr wird, wenn wir teilen. Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingüter
oekom Verlag 2011
125 Seiten, 14,95 Euro
Diese Behauptungen hat Elinor Ostrom im Verlauf ihrer wissenschaftlichen Untersuchungen detailliert widerlegt; ihr Plädoyer für Gemeingüter lässt sich jetzt (in stark verkürzter Form) auf Deutsch nachlesen. Gemeingüter wie Wälder, Fischbestände, Weideflächen oder Bewässerungssysteme lassen sich durchaus erfolgreich gemeinsam nutzen. Allerdings braucht man dafür Regeln. Die gemeinsamen Besitzer müssen sich nicht nur darauf einigen, wer wann wie viel nutzen darf, sondern auch dafür sorgen, dass kontrolliert wird, ob sich alle an die Absprachen halten. Wirksame Sanktionen müssen gegen diejenigen verhängt werden, die sie missachten.
Elinor Ostrom nennt ein typisches Beispiel: Um Schildkröteneier auf einigen philippinischen Inseln zu schützen, hatten Fischer und Behörden gemeinsam ein Projekt entwickelt, das eine zu große Ausbeutung verhindern sollte. Daraufhin stiegen die Bestände wieder an. Als sich der Staat über dieses lokale Abkommen hinwegsetzte und zum Schutz der Schildkröten das Sammeln der Eier komplett verbot, wurden die Bestände binnen kurzem hemmungslos geplündert.
Klüger gingen die Fischereibehörden in Maine vor. Als die Hummerbestände drastisch sanken, wurden zusammen mit den Fischern genaue Regeln wie u.a. individuelle Fangplätze, Anzahl der Fallen, Heimathäfen vereinbart. Eine gute Kontrolle über die tatsächlichen Fänge war damit möglich. Heute gibt es wieder genügend Hummer in Maine.
Die im Buch genannten Beispiele zeigen, dass eine gemeinsame Verwaltung von Gemeingüter zwar viel Zeit kostet, aber erfolgreicher diese Ressourcen schützt als Staat oder Privateigentümer. Unterschiedliche Interessen dürfen nicht durch eine Befehlshierarchie, Anordnungen von oben mundtot gemacht werden. Die Betroffenen, die die Verhältnisse vor Ort am besten kennen, müssen sich untereinander einigen. Ständige Rückmeldungen über Erfolge und Fehlschläge geben solchen Systemen größere Stabilität.
Das Buch gewährt allerdings nur einen ersten Einblick in Elinor Ostroms Forschungsergebnisse. Der Text ist aus zwei ihrer Schriften zusammengesetzt und macht daher auch eher den Eindruck einer lockeren Ideensammlung, als den eines in sich geschlossenen Gedankengebäudes. Das ist bedauerlich, denn ihre Theorien sind faszinierend. Elinor Ostrom widerlegt mit ihren Arbeiten immerhin die neoliberale Überzeugung, dass der Mensch ein egoistisch handelndes Wesen sei. Sie zeigt, dass man ihm nur die Möglichkeit dazu geben muss, dann beweist er durchaus Gemeinsinn.
Besprochen von Johannes Kaiser
Elinor Ostrom, Was mehr wird, wenn wir teilen. Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingüter
oekom Verlag 2011
125 Seiten, 14,95 Euro