Horváths "Italienische Nacht" an der Schaubühne

"Tiefenspaltungen in der Linken"

Marie Burchard (vorn von hinten, als Adele), Hans-Jochen Wagner (dahinter, als Stadtrat) und Ensemble während der Fotoprobe zu "Italienische Nacht" von Ödön von Horvath in der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin. Premiere ist am 23. November 2018. Regie führt Thomas Ostermeier.
Marie Burchard (vorn von hinten, als Adele), Hans-Jochen Wagner (dahinter, als Stadtrat) und Ensemble während der Fotoprobe zu "Italienische Nacht" von Ödön von Horvath in der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin. © imago/Martin Müller
Thomas Ostermeier im Gespräch mit Dieter Kassel · 23.11.2018
Frühjahr 1931: Republikaner wollen eine "Italienische Nacht" veranstalten, Faschisten kommen ihnen in die Quere. Es gehe in Ödön von Horváths Stück um eine zerstrittene Linke, sagt Thomas Ostermeier, der das Stück in Berlin inszeniert - und Bezüge zu heute sieht.
Uraufgeführt wurde Ödon von Horváths Theaterstück "Italienische Nacht" im März 1931: Engagierte Sozialdemokraten veranstalten ein italienisches Essen als eine Art Sommerfest. Dieses Fest soll durch einen "Deutschen Tag" gestört werden. So die Handlung in Kurzform.
Offiziell gilt Horváths "Italienische Nacht", angesiedelt im oberbayerischen Murnau, als Lustspiel. Kerngedanke der Inszenierung sei jedoch die Linke selbst, die sich streite, zerlege und entsolidarisiere, sagt der Regisseur Thomas Ostermeier, der das Stück aktuell an der Berliner Schaubühne inszeniert hat. Auch heute gebe es "Tiefenspaltungen in der Linken", davon handele das Stück: "Man guckt auf seine Leute."

"Und haben sich ihre Schlächter selber gewählt"

Zwar erinnere die Welt, in der sich seine neue Aufführung bewege, eher an die 1970er- oder 80er-Jahre, so Ostermeier. Doch einen Bezug zur Gegenwart habe er angestrebt: "Die Aufmärsche, die vorm Fenster stattfinden oder auf der Straße, die damals Blaskapellen und Freikorps-Verbände darstellten, sind bei uns heute eher Aufmärsche der Neuen Rechten."
Horvarth habe vermutlich im Jahr 1931 gar nicht geahnt, wie aktuell sein Stück war, so Ostermeier. Auch habe er bewusst mit der Ambivalenz gespielt, dass in Italien die Faschisten schon seit den 1920er-Jahren an der Macht waren.
Auch damals hätten sich viele der "Abgehängten" von den Rechten besser als verstanden gefühlt von den Linken, meinte Ostermeier, und hätten sich "ihre Schlächter selber gewählt". Heute sei die AfD eine "ultra-neoliberale Partei" und damit keine gute Wahl für "die Leute, die Angst um ihre Rente haben oder um ihr Auskommen".
(huc)
Mehr zum Thema