Hope Jahren: "Blattgeflüster"

Das Forscherleben einer Pflanzenversteherin

Licht und Schatten zeichnen sich an satt grünen Blätter ab.
Blätter nutzen Duftstoffe, um beispielsweise Artgenossen vor Schädlingen zu warnen. © dpa/picture alliance/Arno Burgi
Von Johannes Kaiser · 04.01.2017
Die amerikanische Geobiologin Hope Jahren hat sich seit Kindheitsbeinen der Erkundung der Pflanzen verschrieben. In "Blattgeflüster" erzählt sie, wie sie kommunizieren und extremen Bedingungen trotzen. Zudem gewährt sie uns Einblick in ihr abenteuerliches Forscherleben.
So komisch das klingen mag: Pflanzen kommunizieren miteinander. Sie nutzen dazu flüchtige organische Verbindungen, Duftstoffe, die sie losschicken, um Artgenossen zum Beispiel vor feindlichen Attacken durch Raupen zu warnen. Die Pflanzen können daraufhin Abwehrstoffe entwickeln, die oftmals so wirksam sind, das sie den Angreifern den Appetit verderben oder sie sogar umbringen.
Die amerikanische Geobiologin Hope Jahren erzählt in ihrem autobiografischen Buch viele solcher Geschichten aus dem Leben der Pflanzen. Deren Erkundung hat sie sich seit Kindheitsbeinen mit Haut und Haaren verschrieben. Sie ist fasziniert von der Art und Weise, wie sich Pflanzen selbst unter extremen Verhältnissen am Leben halten.

Hope Jahre verbrachte Tage und Nächte im Labor

So werfen zum Beispiel Kakteen in der Wüste bei extremer Wassernot schon mal ihre Wurzeln ab, um zu verhindern, dass der ausgetrocknete Boden ihnen Wasser absaugt. Dennoch wachsen sie weiter. Rund 100 Pflanzen können in einen totenähnlichen Tiefschlaf verfallen. So überstehen sie sogar Trockenperioden, die Jahre andauern. Der nächste Regenguss erweckt die Auferstehungspflanzen dann vom Totenbett.
In drei großen Kapiteln erzählt Hope Jahren von Wurzeln und Blättern, Holz und Knoten, Blüten und Früchten und deren "Geflüster". Sie versteht es glänzend, komplizierte physiologische und chemische Vorgänge so bildhaft zu übersetzen, dass man rasch begreift, was in den Pflanzen geschieht. Diesen Einblicken in pflanzliches Werden und Vergehen folgen sehr ausführliche und vor allem persönliche Berichte über ihre Forschungsarbeit.
Man lernt eine Wissenschaftlerin kennen, die geradezu besessen ist von ihrer Arbeit und ihre Nächte im Labor verbringt. Anfangs hatte sie erheblich Mühe, von der männlichen Forschergemeinschaft ernst genommen zu werden. Ihre Forschungsaufträge wurden regelmäßig abgelehnt. Geldmangel führte dazu, dass sie sich ihre Laborausrüstung zusammenbetteln musste. Zusammen mit ihrem langjährigen und engsten Mitarbeiter Bill bastelte sie sich aus ausgemusterten Geräten wieder funktionsfähige Apparaturen.
Cover von Hope Jahren "Blattgeflüster"
Cover von Hope Jahren "Blattgeflüster"© Ludwig Verlag

Für einige Zeit in der Psychiatrie

Es ist abenteuerlich, was die beiden auf die Beine stellten, um ihre Forschungsziele zu erreichen. Ein Privatleben scheinen sie jahrelang nicht gehabt zu haben. Bisweilen ist einem diese Art von euphorischem Wissensdrang unheimlich. So erzählt Hope Jahren, wie sie schließlich für einige Zeit in der Psychiatrie landete und fortan mit Medikamenten ihre manisch-depressiven Schübe unter Kontrolle bekam.
Seitdem ist sie ruhiger geworden, hat geheiratet und einen kleinen Sohn bekommen. Sie lebt heute als gut bezahlte Hochschulprofessorin auf Hawaii. Als Forscherin ist sie allseits anerkannt. Ihre Forschungsergebnisse werden in renommierten Fachzeitschriften veröffentlicht.
Das Buch gibt einen überraschenden Einblick in das ungewöhnliche Leben einer Biologin, die sich der Erkundung der Pflanzenwelt verschrieben hat.

Hope Jahren: Blattgeflüster – Die wunderbare Welt der Pflanzen – Aus dem Leben einer leidenschaftlichen Forscherin
Aus dem Amerikanischen von Merlie Taeger
Ludwig Verlag, München 2016
334 Seiten, 22,99 Euro

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