Hong Kong Philharmonic Orchestra

Musik in unruhigen Zeiten

09:52 Minuten
Protestler demonstrieren mit Regenschirmen in Hongkong.
Regenschirm statt Taktstock: Seit fünf Jahren sind Regenschirme das Erkennungszeichen der Proteste in Hongkong. © imago images/Hans Lucas/Martin Bertrand
Benedikt Fohr im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 24.12.2019
Audio herunterladen
Die Demonstrationen der Demokratiebewegung halten Hongkong auch zu Weihnachten in Atem. Benedikt Fohr ist Manager des Hong Kong Philharmonic Orchestra und berichtet, wie die Proteste das Kulturleben in der Millionenmetropole beeinflussen.
An Heiligabend lieferten sich Tausende schwarz gekleidete Demonstranten in Hongkongs Touristenbezirk Tsim Sha Tsui Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die antwortete mit Tränengas, auch Pfefferspray und Schlagstöcke setzten die Beamten ein.

Weihnachtskonzert abgesagt

Benedikt Fohr ist Manager des Hong Kong Philharmonic Orchestra und erzählt, dass ein für Weihnachten geplantes Konzert nicht stattfinden konnte: "Das haben wir relativ frühzeitig abgesagt, weil eine große Protestaktion angesagt wurde."
Das Musikleben in Hongkong wird durch die Proteste beeinflusst, so Fohr: "Ich habe das Gefühl, dass eine Demonstration in Hongkong ganz andere Auswirkungen auf die Bevölkerung hat. In Deutschland oder Frankreich ist man zum Beispiel viel mehr daran gewöhnt, dass man auf die Straße geht und seine Meinung kundgibt. Und hier zieht sich immer alle gleich zurück und bleiben lieber zu Hause und fühlen sich unwohl."
Orchestermanager Benedikt Fohr
Benedikt Fohr managt seit April das Hongkong Philharmonic Orchestra. © imago images / Becker&Bredel
Teilweise fällt die U-Bahn aus: "Das ist immer das Hauptproblem, sowohl die Musiker als auch das Publikum dann nach den Konzerten wieder in die entlegenen Gegenden zu bringen. Es ist ein sehr großes Einzugsgebiet, was wir haben, bis hin zu den New Territories, also bis zum Grenzgebiet nach Mainland China. Da ist natürlich die Logistik ein entscheidender Faktor", berichtet der 56-Jährige. Aus diesem Grund sei auch der Kartenabsatz zurückgegangen.

Das Publikum muss noch erarbeitet werden

Anders als in Deutschland ist das Hong Kong Philharmonic Orchestra nicht vollständig von der öffentlichen Hand finanziert: "Wir haben eine Finanzierungsquote vom Staat von 55 Prozent. Das heißt, wir müssen 45 Prozent über Box Office und Sponsoring einspielen. Es ist nicht ganz so extrem wie in Amerika, aber doch herausfordernder als in Deutschland", so der Kulturmanager. "Hongkong ist noch nicht die Kulturmetropole, wie man es gern hätte", sagt Fohr, das Publikum müsse noch erarbeitet werden.
Über Politik wird nicht viel diskutiert im Orchester: "Weil es absehbar ist, dass es da keine einheitliche Meinung gibt. Dann lässt man das lieber außen vor. Wir halten das absichtlich aus den Diskussionen heraus, um auch zu zeigen, dass Musik über der Politik steht und eher dazu dienen sollte, Gräben zu kitten, als neue aufzureißen", fasst Fohr die Stimmung im Orcherster zusammen.
(beb)
Mehr zum Thema