Homosexualität in der katholischen Kirche

Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß

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Auf dem Foto ist ein älterer Mann im Profil zu sehen, der aus einem Fenster schaut.
Der ehemalige Benediktinermönch Anselm Bilgri kritisiert den Zölibat seit längerem öffentlich. © picture alliance / dpa / Lino Mirgeler
Katharina Ceming im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 12.03.2021
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Anselm Bilgri, ehemals Prior von Kloster Andechs, heiratet seinen Lebensgefährten. Dafür musste er aus der katholischen Kirche austreten. Inoffizielle Beziehungen von Priestern würden aber toleriert, sagt die Theologin Katharina Ceming.
Mönch, homosexuell und dann will er auch noch heiraten: Wenn der ehemalige Prior von Kloster Andechs, Anselm Bilgri, am Freitag seinem Lebensgefährten Markus Achter das Jawort gibt, tut er das nicht mehr als Mitglied der römisch-katholischen Kirche. Dort trat er im Dezember 2020 aus, um sich den liberaleren Altkatholiken anzuschließen.
Die römisch-katholische Kirche hingegen habe den großen Paradigmenwechsel in der Sexualmoral seit den 70er-Jahren nicht mitgemacht, sagt die Theologin und Philosophin Katharina Ceming. Aber es gibt offenbar Grauzonen:
"Im Bereich der Sexualmoral gilt das Motto: 'Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß'. Das betrifft ja auch Priester, die in einer heterosexuellen Beziehung leben. Solange das Ganze nicht offenkundig, offiziell gemacht wird, wird es toleriert", sagt Ceming.

Die Gemeinden vor Ort sind toleranter

Aber eben nicht mehr, wenn die betreffende Person in die Öffentlichkeit geht. Dass dennoch viele homosexuelle Männer der römisch-katholischen Kirche die Treue halten - Bundesgesundheitsminister Jens Spahn etwa oder auch Berlins ehemaliger Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit - erklärt Ceming damit, dass diese vor Ort in ihren Gemeinden oftmals andere Erfahrungen machten:
"Ich glaube, das ist oft das, was Menschen innerlich auch bindet, weil man die eigene Religiosität in einem Raum leben kann, wo man sich wohlfühlt, auch wenn die Struktur drumherum nicht passt."
(uko)
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