"Homo rudolfensis, Neandertaler & Co - Woher kommen wir Menschen?"

Er hat etwas von "Indiana Jones": Mit seinem beigefarbenen Sonnenhut, dem Khakihemd, im Schein des flackernden Lagerfeuers begutachtet er seine prähistorischen Knochenfunde. Im Gegensatz zu dem Schauspieler Harrison Ford ist Prof. Dr. Friedemann Schrenk aber tatsächlich Wissenschaftler, sogar einer der bedeutendsten Paläoanthropologen der Welt. Seit fast 20 Jahren gräbt der Urmenschenforscher vom Frankfurter Senckenberg-Institut in Afrika, genauer in Malawi, Kenia und Tansania, der "Wiege der Menschheit".
Am 11. August 1991 stieß er - gemeinsam mit einem amerikanischen Kollegen - in Malawi auf seinen bisherigen Spitzenfund: Einen Unterkiefer, der sich später als ein Überbleibsel eines Exemplars des "Homo rudolfensis" erweisen sollte. Mit etwa 2,5 bis 1,9 Millionen Jahren das bisher älteste Relikt jener Gattung, aus dem der moderne Mensch hervor gegangen ist. Seitdem verbringt Friedemann Schrenk jährlich mehrere Monate in Malawi, zu seinem zwanzigköpfigen Team gehören ausschließlich Malawier. Der Professor für Paläoanthropologie führt aber auch mit seinen deutschen Studenten Grabungen in Afrika durch, derzeit in Uganda. Schrenk ist trotz seiner Aufsehen erregenden Funde Realist geblieben:

"Graben kann jeder. Die Herausforderung liegt darin, das Ganze legal zu machen. Es ist ja nicht mehr wie im Kolonialismus, dass man die Sachen einfach mitnimmt. Aber die afrikanische Gesetzgebung ist sehr streng und das ist auch gut so. Ich brauche auch keine Nobelpreis-verdächtigen Studenten. Ich brauche jemanden, der mir notfalls auch ein Auto reparieren kann."

Sein Ziel: "Ich möchte, dass alle Fundstücke dort bleiben können. Deshalb habe ich hier auch Präparatoren ausgebildet, die die Funde vor Ort bearbeitet können. Und ich muss ständig für Gelder sorgen."

Eine echte Herausforderung angesichts eines mageren Forschungsetats von gerade einmal 4000 Euro jährlich. Dennoch gibt sich der umtriebige Professor nicht geschlagen. So hat er gemeinsam mit seiner Uraha-Foundation in der Hauptstadt Korongo ein Kultur- und Museumszentrum gegründet, in dem er seine Grabungen dokumentiert.

Das diesjährige Neandertaler-Jahr, in dem an den legendären Fund im rheinischen Mettmann vor 150 Jahren erinnert wird, nutzt Friedemann Schrenk, um mit manchem Irrglauben aufzuräumen.

"Wir heutigen Menschen stammen nicht vom Neandertaler ab. Unser Ursprung liegt in Afrika. Während sich die Neandertaler in Europa noch entwickelt haben, war der moderne Mensch in Afrika längst vorhanden. Die Neandertaler haben auch an verschiedenen Orten im heutigen Europa gelebt. Unsere Wiege liegt in Afrika, darüber will ich aufklären."

Er sieht darin durchaus eine politische Arbeit: "Die meisten Afrikaner können gar nicht glauben, dass in ihrem Land der Ursprung der Menschheit liegen soll. Sie denken, dass er in den USA liegt. Dabei haben dort die ersten Menschen vor knapp 12.000 Jahren gelebt. Und dann fragen sich die Afrikaner schon: 'Wenn dem so ist, warum geht es uns heute so schlecht?'"

"Homo rudolfensis, Neandertaler & Co - Woher kommen wir Menschen?"
Darüber diskutiert Prof. Dr. Friedemann Schrenk heute von 9 Uhr 07 bis 11 Uhr gemeinsam mit Gisela Steinhauer, in der Sendung "Radiofeuilleton - Im Gespräch".
Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800 / 2254 - 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen über die Forschung von Prof. Dr. Friedemann Schrenk im Internet unter:
Senckenberg - Forschungsinstitut und Naturmuseum