Hommage an einen Verwandten im Geiste
In den letzten Jahren ist es still geworden um den berühmten realistischen Bildhauer, Zeichner und Grafiker Alfred Hrdlicka. Doch das Malen aufgegeben hat der streitbare Künstler nie. In Düsseldorf sind nun 63 Aquarelle Hrdlickas aus der letzten Zeit zu sehen, die sich mit Heinrich Heine befassen.
Ob das Wiener Mahnmal zur Judenverfolgung, das Antikriegsdenkmal in Hamburg, das Friedrich-Engels-Denkmal in Wuppertal, mit dem er eine kraftvolle Allegorie revolutionären Bekenntnisses schuf - Hrdlickas Arbeiten waren immer umstritten. Denn er forderte, Kunst müsse sich mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit auseinandersetzen.
So dreht sich in seinem Werk alles um politische Macht und Unterdrückung. Und um das Aufbegehren gegen diese Gewalt. Doch als würde es dies heut nicht mehr geben, wird der seit langem kranke Künstler kaum noch ausgestellt. Heidemarie Vahl, Leiterin des Museums im Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf:
"Die Politik ist raus aus der Öffentlichkeit, und damit verschwindet auch ein so politisch engagierter Künstler, der mit seinen Arbeiten provozieren möchte, der politische Aussagen als Programm hat, als Inhalt festhält. Das ist unbequem. Und das stört die Stromlinie."
Nun ist er wieder da - wenigstens im Heinrich-Heine-Institut - und nichts ist wie früher: Die klare, kraftvolle Handschrift, mit der er bisher die Widersprüche herrschender Wirklichkeit zeigte, gibt es nicht mehr. Aus Kraftgründen nutzt der fast 80-Jährige die Form des Aquarells, und viele Blätter wirken im ersten Moment fast abstrakt: Grau- und Schwarztöne, Rot- und Bordeauxtöne scheinen formlos ineinander zu verschwimmen, bis sich dank weniger Striche Gestalten herausschälen - und man ihn doch wiedererkennt: Einen noch immer kraftvollen, über die Verhältnisse wütenden Hrdlicka - der einen ebensolchen Heine zeigt.
"Heine ist ja eine Persönlichkeit, die gegen die Zeit, gegen seine Zeit der Reaktion gelebt hat. Der Außenseiter war. Und Heine war acht Jahre lang bettlägerig, krank. Er spricht von dieser Phase als von seiner Matratzengruft. Ein Mann, der also leiden musste und dagegen rebelliert hat. Und das sind sicherlich Züge, die Hrdlicka ihm wahlverwandt und sympathisch machen. Dazu kommt natürlich die Außenseiterrolle Heines als Jude, als politischer Vordenker, als skeptischer Aufklärer, als Vertreter der Saint Simonistischen Ideen, also der frühsozialistischen Ideen."
Oft greifen die Bildtitel Zeilen aus Heines Schriften auf. So heißt das erste, programmatisch gehängte Blatt: "Der Teufel, der Adel und die Jesuiten existieren nur so lange, wie man an sie glaubt". Hrdlicka widmet es dem scharf analysierenden Schriftsteller, der schreibend gegen jeglichen Idealismus und für soziale Gerechtigkeit stritt: Auf dem fast leeren Blatt sieht man ein kleines skizziertes Heine-Porträt, und am unteren Bildrand die gefällten Köpfe der Antiaufklärer - derjenigen, die nicht "Zuckererbsen für Jedermann" wollen, sondern auf das "Eiapopeia im Himmelreich" vertrösten.
Sinnlich geht es zu auf den Blättern mit Mathilde, Heines Muse und Ehefrau. Düster sind die Arbeiten zur Matratzengruft. Hell die, die Heine bei der Arbeit zeigen. Auf dem größten leuchtet er in Gelb- und Grüntönen wie die Fackel der Aufklärung. Porträts von Engels und Marx verweisen auf die enge Freundschaft der drei. So sorgte Marx dafür, dass das hierzulande verbotene "Deutschland ein Wintermärchen" in Paris erschien.
"Die beiden waren - nicht nur, was die Ästhetik, die Bildung, den Bildungshorizont anging - gleichrangig, sondern es gibt auch eine ganz intensive politische Zusammenarbeit. Es sind die Ideen der Emanzipation, der Demokratisierung, die Heine ein Leben lang verfolgt hat."
Wie dies auch Hrdlicka tat. Und so ist der Heine-Zyklus immer auch als Kommentar auf unsere Zeit zu sehen, in der aufklärerische Gedanken seit 1989 verpönt sind und gesellschaftliche Utopien angeblich nicht mehr existieren. Dass das Festhalten an der Idee einer sozial gerechten Gesellschaft bis heute nicht folgenlos bleibt, zeigt das Blatt "Denkerclub". Was Heine einst durch Druckverbot und politische Verfolgung ins Exil zwang, wo er elendig lebte und starb, erlebt Hrdlicka auf seine Weise: So sieht man auf dem Blatt zwei Männer im Profil. Der linke große scheint dem vor ihm stehenden kleineren ins Haar zu greifen. Doch blickt man genau hin, sieht man, dass der Kopf vom Leib getrennt ist. Der Mann, der ihn in Händen hält, wirkt aristokratisch, wie ein Sinnbild der Reaktion. Der brutal zum Schweigen gebrachte trägt die Gesichtszüge von Alfred Hrdlicka.
Service
Die Ausstellung "... wir haben viel für einander gefühlt ... - Aquarelle von Alfred Hrdlicka zu Heinrich Heine" ist bis zum 24. Februar 2008 im Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf zu sehen.
So dreht sich in seinem Werk alles um politische Macht und Unterdrückung. Und um das Aufbegehren gegen diese Gewalt. Doch als würde es dies heut nicht mehr geben, wird der seit langem kranke Künstler kaum noch ausgestellt. Heidemarie Vahl, Leiterin des Museums im Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf:
"Die Politik ist raus aus der Öffentlichkeit, und damit verschwindet auch ein so politisch engagierter Künstler, der mit seinen Arbeiten provozieren möchte, der politische Aussagen als Programm hat, als Inhalt festhält. Das ist unbequem. Und das stört die Stromlinie."
Nun ist er wieder da - wenigstens im Heinrich-Heine-Institut - und nichts ist wie früher: Die klare, kraftvolle Handschrift, mit der er bisher die Widersprüche herrschender Wirklichkeit zeigte, gibt es nicht mehr. Aus Kraftgründen nutzt der fast 80-Jährige die Form des Aquarells, und viele Blätter wirken im ersten Moment fast abstrakt: Grau- und Schwarztöne, Rot- und Bordeauxtöne scheinen formlos ineinander zu verschwimmen, bis sich dank weniger Striche Gestalten herausschälen - und man ihn doch wiedererkennt: Einen noch immer kraftvollen, über die Verhältnisse wütenden Hrdlicka - der einen ebensolchen Heine zeigt.
"Heine ist ja eine Persönlichkeit, die gegen die Zeit, gegen seine Zeit der Reaktion gelebt hat. Der Außenseiter war. Und Heine war acht Jahre lang bettlägerig, krank. Er spricht von dieser Phase als von seiner Matratzengruft. Ein Mann, der also leiden musste und dagegen rebelliert hat. Und das sind sicherlich Züge, die Hrdlicka ihm wahlverwandt und sympathisch machen. Dazu kommt natürlich die Außenseiterrolle Heines als Jude, als politischer Vordenker, als skeptischer Aufklärer, als Vertreter der Saint Simonistischen Ideen, also der frühsozialistischen Ideen."
Oft greifen die Bildtitel Zeilen aus Heines Schriften auf. So heißt das erste, programmatisch gehängte Blatt: "Der Teufel, der Adel und die Jesuiten existieren nur so lange, wie man an sie glaubt". Hrdlicka widmet es dem scharf analysierenden Schriftsteller, der schreibend gegen jeglichen Idealismus und für soziale Gerechtigkeit stritt: Auf dem fast leeren Blatt sieht man ein kleines skizziertes Heine-Porträt, und am unteren Bildrand die gefällten Köpfe der Antiaufklärer - derjenigen, die nicht "Zuckererbsen für Jedermann" wollen, sondern auf das "Eiapopeia im Himmelreich" vertrösten.
Sinnlich geht es zu auf den Blättern mit Mathilde, Heines Muse und Ehefrau. Düster sind die Arbeiten zur Matratzengruft. Hell die, die Heine bei der Arbeit zeigen. Auf dem größten leuchtet er in Gelb- und Grüntönen wie die Fackel der Aufklärung. Porträts von Engels und Marx verweisen auf die enge Freundschaft der drei. So sorgte Marx dafür, dass das hierzulande verbotene "Deutschland ein Wintermärchen" in Paris erschien.
"Die beiden waren - nicht nur, was die Ästhetik, die Bildung, den Bildungshorizont anging - gleichrangig, sondern es gibt auch eine ganz intensive politische Zusammenarbeit. Es sind die Ideen der Emanzipation, der Demokratisierung, die Heine ein Leben lang verfolgt hat."
Wie dies auch Hrdlicka tat. Und so ist der Heine-Zyklus immer auch als Kommentar auf unsere Zeit zu sehen, in der aufklärerische Gedanken seit 1989 verpönt sind und gesellschaftliche Utopien angeblich nicht mehr existieren. Dass das Festhalten an der Idee einer sozial gerechten Gesellschaft bis heute nicht folgenlos bleibt, zeigt das Blatt "Denkerclub". Was Heine einst durch Druckverbot und politische Verfolgung ins Exil zwang, wo er elendig lebte und starb, erlebt Hrdlicka auf seine Weise: So sieht man auf dem Blatt zwei Männer im Profil. Der linke große scheint dem vor ihm stehenden kleineren ins Haar zu greifen. Doch blickt man genau hin, sieht man, dass der Kopf vom Leib getrennt ist. Der Mann, der ihn in Händen hält, wirkt aristokratisch, wie ein Sinnbild der Reaktion. Der brutal zum Schweigen gebrachte trägt die Gesichtszüge von Alfred Hrdlicka.
Service
Die Ausstellung "... wir haben viel für einander gefühlt ... - Aquarelle von Alfred Hrdlicka zu Heinrich Heine" ist bis zum 24. Februar 2008 im Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf zu sehen.