"Homeland" von Hindi Zahra

Wüstenrock trifft psychedelische Verklärtheit

Die französisch-marokkanische Musikerin und Schauspielerin Hindi Zahra, aufgenommen 2014 beim Filmfest Hamburg.
Hindi Zahra singt teilweise in Berber, ihrer Muttersprache © picture alliance / dpa / Claudio Onorati
Von Thorsten Bednarz · 10.04.2015
Lange Jahre hat es gedauert, jetzt bringt Hindi Zahra mit "Homeland" ihr zweites Album heraus. In der "Tonart" verrät die französisch-marrokanische Sängerin, warum sie die Pause brauchte, und spricht über ihre musikalische Kindheit und ihre Einflüsse.
Einfach macht es uns Hindi Zahra nicht mit ihrer Musik. Nein, es ist keine Weltmusik, auch wenn die verschiedensten globalen Einflüsse auf diesem neuen Album Homeland klar vor uns liegen. Es ist aber auch kein Chanson-Pop, wie ihn ihre Kollegin Zaz inzwischen spielt. Von Song zu Song stellt uns Hindi Zahra immer wieder neue Einflüsse vor, verschiebt Perspektiven. Etwas, was sie schon in ihrer frühen musikalischen Kindheit in Marokko gelernt zu haben scheint.
"Wir lebten wie ein eigener Stamm – alle Generationen unter einem Dach. So hörte ich auch die Musik verschiedener Generationen: meine Großmutter hörte die traditionelle Musik, meine Mutter hörte die Beatles, aber auch ägyptische und indische Musik. Und meine Onkels, die hörten psychedelische Musik und Reggae. Sie waren die Hippies bei uns. Ich hörte also all diese Musiken und ihre ganzen Mischformen …"
Und trotzdem schlägt auf Homeland ein ganz anderer Einfluss durch: die junge Françoise Hardy. Vielleicht nicht gerade musikalisch, sondern eher in der Anmutung. Da finden wir ebenfalls den Mädchencharme und die musikalische Ausgebufftheit der Arrangements, ihre stilistische Vielfalt und auch die Verbindung derer untereinander, die immer wieder überraschend Neues entstehen lässt.
"Ich habe ständig Françoise Hardy gehört, als ich dieses Album in Marokko vorbereitete. Es ist verrückt, dass du mit diesem Namen kommst. Dieses erste Album von Françoise Hardy ist absolut unglaublich! Die Texte, die Produktion… Mal klingt es ganz einfach, dann wieder kompliziert. Diese Frau war unglaublich! Und ihre frühen Alben haben mein neues ungemein beeinflusst."
Ruhe finden nach der Tour
Vor fünf Jahren erschien Hindi Zahras Debütalbum, es folgten Tourneen und ein Kinofilm mit Fatih Akin. Trotzdem ist der Abstand ungewöhnlich lang. Man könnte beinahe meinen, dieses zweite Album sei das erste Comeback. Doch das weist die Sängerin weit von sich.
"Wenn Du zwei Jahre lang auf Tour bist, dann reagiert dein Körper nicht mehr so, wie er soll. Ich wollte mich irgendwo niederlassen, meine Ruhe finden und meinen Körper wieder spüren. Diese angespannte Energie der Tour sollte weichen. Erst dann konnte ich mit meinem Produzenten an der Idee meines neuen Albums arbeiten.
Aber ich muss Dir auch sagen – ich kann nicht einfach so eine neue Geschichte für meine Lieder in einem Jahr finden. Ich musste erst einmal mein altes Reisegepäck loswerden und mit neuen Informationen wieder füllen, um daraus wirklich neue Songs zu machen. Es brauchte ganz einfach diese Zeit und ich wollte das respektieren, um dieses neue Album produzieren zu können."
Unter Zeitdruck im Studio
Das hört man dem Album an, es strahlt eine tiefe Ruhe aus. Und eine angenehme Leichtigkeit, so als wollte Hindi Zahra allen Vergleichen mit anderen Kolleginnen oder gar einen Wettstreit mit ihnen aus dem Wege gehen.
"Deswegen arbeite ich ja nicht im Studio. Ich schreibe und nehme Zuhause auf und nur das, was ich dort nicht machen kann, mache ich im Studio. Ich versuche das möglichst zu minimieren, denn im Studio hast du ständig die Zeit im Nacken, da herrscht das Regime der Uhr!"
Tot he forces, der einzige Song, der etwas tiefer auf die Herkunft Hindi Zharas verweist. Und einer der spannendsten des neuen Albums zugleich. Hier trifft Wüstenrock auf die psychedelische Verklärtheit einer Nico und dazu singt Björk ein Kinderlied in einer unverständlichen Sprache. Ein aufregender und vielschichtiger Song, wie ich gerne mehr davon auf diesem Album gehört hätte.
"Vom ersten Album waren viele Marokkaner enttäuscht, weil es da nur einen Song in Berber gab, meiner alten Sprache. Sie wollten mehr davon hören. Aber ich möchte meine Zuhörer in kleinen Schritten in meine Welt einführen. Also schreibe ich nur einen oder zwei Songs in Amasir. Und hier ist es jetzt dieses Lied To the forces, das meine Herkunft ins Spiel bringt. Hier hören wir einen Rhythmus meines Stammes aus Mauretanien, wie er dort von den Tuareg gespielt wird. Aber ich bin viel mehr als nur das! Ich möchte hinausgehen und viel mehr und andere Musik entdecken. Da gehe ich auch nach Südamerika, Indien und in den Nahen Osten."