Hombach wünscht sich Rechtssicherheit in Serbien

Bodo Hombach im Gespräch mit Dieter Kassel |
Der Geschäftsführer der WAZ-Gruppe, Bodo Hombach, erwartet von Serbien, dass es für Rechtssicherheit bei Investoren sorgt und sich auch gegen Oligarcheninteressen durchsetzt. Die WAZ-Gruppe wolle einen "geordnete Rückzug" aus Serbien antrete, was wegen der Behörden nicht möglich sei.
Dieter Kassel: Die Essener WAZ Mediengruppe besitzt seit den 1990er-Jahren zahlreiche Beteiligungen in Osteuropa und seit Oktober 2001 ist man auch in Serbien aktiv. Damals hat man die Hälfte eines serbischen Verlags übernommen, der unter anderem die renommierte Tageszeitung "Politika" herausgibt. Und als man dann vor ungefähr zwei Jahren auch noch die Mehrheit übernehmen wollte an der größten Boulevardzeitung des Landes, da begannen Probleme, die jetzt vor Kurzem in einem ziemlich heftigen und bizarren Streit ihren Höhepunkt fanden. Ein Streit, der auch politisch ausgetragen wurde, am besten zeigt das ein Zitat, ein Zitat des serbischen Wirtschaftsministers, der hat gesagt: "Für die WAZ ist kein Platz in Serbien, es wäre unmoralisch, wenn die irgendeine Lokalzeitung übernehmen könnten, geschweige denn die Zeitung 'Novosti', die ein nationales Markenzeichen ist".

"Novosti", das ist diese erwähnte Boulevardzeitung. Daraufhin hat der Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe, Bodo Hombach, mitgeteilt, die Beendigung des Engagements in Serbien sei beschlossene Sache, allerdings wolle man einen ordentlichen Rückzug. Der Geschäftsführer Bodo Hombach ist jetzt in Essen für uns am Telefon. Schönen guten Tag, Herr Hombach!

Bodo Hombach: Schönen guten Tag, Herr Kassel!

Kassel: Das waren ja nun harte Töne auf allen Ebenen, dazu kommt eine sehr komplizierte juristische Lage. Ist denn das alles inzwischen ein bisschen sachlicher geworden, diese Gespräche zwischen Ihnen und der serbischen Regierung?

Hombach: Wir können es nicht beurteilen, weil die Rückmeldungen sind sehr diffus und sehr verschwommen. Das ist die Fortsetzung dessen, was wir seit zwei Jahren erleben und nun nicht mehr mitmachen wollen. Das heißt, wir als Medieninvestor haben uns gesetzlich völlig korrekt verhalten, natürlich beraten von Anwaltskanzleien, die das Beste versuchen. Wenn wir andere kritisieren, dann müssen wir selber vorbildlich und rechtstreu sein.

Und wir bekommen seit zwei Jahren ganz diffuse Rückmeldungen. Also die Behörde sagt, alle Anträge seien korrekt, alle Unterlagen seien da, juristisch und administrativ spreche nichts dagegen, dass wir den weiteren Titel übernähmen, den wir übernehmen wollen, um beide auf wirtschaftlicher Basis betreiben zu können. Man wartet aber noch auf politische Entscheidungen und da hören wir auch Vertröstungen, eigenartige, hinhaltende Bemerkungen, aber in Wirklichkeit passiert nichts.

Und das Schlimme ist, dass dieser unklare Zustand seit zwei Jahren einem Oligarchen nutzt, der quasi mit unserem Investment seine eigenen Interessen verfolgt und vor zwei Tagen quasi mit unseren Anteilen einem Chefredakteur den Vertrag verlängert hat, der bekannt dafür ist, dass er sich antiwestlich äußert gegen die europäische Integration und gegen uns in einer Weise polemisiert, dabei jedes Maß und Ziel verliert.

Und der besagte Minister hat ja noch einen Satz gesagt, er hat gesagt: Wer Serbien kritisiert, hat keinen Platz mehr bei uns. Und ich habe ihm geantwortet, wir tun Ihnen gern den Gefallen und gehen, aber das soll ein geordneter Rückzug sein, wir wollen uns beim Rückzug nicht unserer Rechte berauben lassen und unseres Vermögens berauben lassen. Das ist, glaube ich, ein Anspruch, den jeder Investor stellen darf.

Kassel: Ich glaube, es ist juristisch auch so (deshalb haben Sie das nicht getan), dass Sie den Namen dieses Oligarchen nicht nennen dürfen, ich darf das streng genommen: Milan Beko heißt er. Das ist nun aber ein Mann, der auch schon unter Milosevic Minister war, der eine etwas obskure Figur ist. Wie ist es denn überhaupt dazu gekommen, dass so ein doch seriöser Konzern wie die WAZ-Mediengruppe den quasi als Mittelsmann benutzt?

Hombach: Wir haben zunächst ganz normal mit einem Broker versucht, an der Börse die Anteile zu kaufen. Die haben uns damals nicht einmal geantwortet auf unser Ansinnen und haben uns stattdessen gesagt, nein wir sollten serbische Firmen einschalten, die als Aufkäufer der Aktien zugelassen seien und auftreten. Man hat uns diesen Geschäftsmann dann auch vonseiten der Regierung empfohlen, nachdem wir uns von einem anderen schon einmal getrennt hatten, weil es später dann Vorwürfe gegen ihn gab. Auch dieser war uns von höchster Stelle zuvor empfohlen worden. Und wir haben mit ihm einen ganz normalen Vertrag gemacht, wir würden so etwas Treuhandvertrag nennen. Ist nur schwer umzusetzen, weil er sich schlicht an die Vereinbarungen nicht hält.

Kassel: Aber wenn ich das richtig verstanden habe, hat er von Ihnen, um drei Firmen aufzukaufen, hohe Beträge bekommen. Theoretisch haben Sie Geld ausgegeben für die Boulevardzeitung, praktisch gehört sie Ihnen aber nicht.

Hombach: Sie gehört uns in unserem juristischen Sinne natürlich ganz eindeutig. Wir haben einen Rechtsanspruch darauf, uns die Anteile überschreiben zu lassen. Wir konnten das aber vertragsgerecht in den letzten zwei Jahren nicht tun, weil aus für uns unerklärlichen Gründen die Entscheidung der Behörde immer verzögert wurde. Insofern gab es ein eigenartiges Zusammenspiel zwischen behördlicher, sprich politischer Entscheidung und Oligarcheninteressen. Und da liegt der Hase im Pfeffer.

Kassel: Was können Sie denn nun machen? Wenn es in Deutschland wäre, gibt es natürlich Gerichte, bei denen man eindeutige Wege einschlagen könnte, in einigen anderen Ländern auch. Wenn Sie in den EU-Ländern wären – das ist Serbien nun nicht –, können Sie juristisch überhaupt was machen?

Hombach: Wir hoffen das. Also das ist ja das, was nicht nur wir mit großem Interesse verfolgen, sondern auch ganz große Teile der Wirtschaft, aber auch Teile Europas, die bei mir anfragen und sagen, was ist denn da los? Und diese Öffentlichkeit ist hoffentlich hilfreich, weil Serbien, das serbische Volk den berechtigten Wunsch hat, eines Tages zu Europa zu gehören, sich natürlich unseren Rechtsnormen und Verhaltensweisen annähern muss. Und das ist ein wichtiges Exempel. An dieser Frage wird geprüft werden können, wie weit man in der europäischen Entwicklung schon ist und ob Investoren Rechtssicherheit haben.

Dass es einen politischen Konflikt geben kann um Medien, die natürlich um ihre Unabhängigkeit kämpfen – und wir achten sehr darauf, unabhängig zu sein, natürlich veröffentlichen unsere Medien Dinge, die die Mächtigen nicht veröffentlicht sehen wollen, darauf sind wir auch stolz –, dass es da einen Konflikt gibt, kann ich verstehen. Aber wenn es jetzt um die Frage geht, unter welchen Bedingungen wir unser Recht wahren können, unseren Besitz sichern können, dann ist das sehr exemplarisch weit über die Medienwirtschaft hinaus, und darum geht es jetzt.

Kassel: Haben Sie denn inzwischen doch das Gefühl, zumindest vom jetzigen Stand, kann man keinem ausländischen Unternehmen empfehlen, in Serbien zu investieren?

Hombach: Also der Ausgang unseres Verfahrens wird Ihre Frage beantworten. Wir haben im Augenblick ganz besondere Schwierigkeiten, ein Teil der Schwierigkeiten erklärt sich aus der brisanten Situation, wenn man Medieninvestor ist, das ist natürlich ein bisschen was anderes, wenn man in einem weniger sensiblen Feld ist, das wissen wir weltweit, das kennen wir auch aus anderen Ländern, da will ich mal Abstriche machen, da sind wir auch erfahren und auch nicht überempfindlich.

Aber jetzt geht es um den Kern, jetzt geht es darum, ob Vertragstreue gilt, ob man Verträge durchsetzen kann, ob man Rechtsregeln durchsetzen kann, ob die beachtet werden, ob die Behörden sich auch den eigenen Gesetzen gemäß entsprechend konform verhalten. Und das wird eine spannende Frage werden und da bin ich froh, dass wir das nicht alleine im Auge haben, sondern dass zum Beispiel der Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft, der die Interessen der Unternehmen hier vertritt, die diesen Weg gehen, mit uns sich das sehr gründlich ansieht.

Ich weiß, dass andere auch schwierige Erfahrungen haben, aber ich hoffe, dass die serbische Politik die Kraft hat, sich gegen Oligarcheninteresse, das sich ziemlich vulgär äußert, also das sind schon Leute, die so auftreten, als hätten sie die Macht im Land und sagen mir das auch, dass gegen ihre Interessen nichts läuft. Leider hatten sie ein paarmal Recht behalten mit ihren Prognosen, aber ich hoffe, dass sich die serbische Politik durchsetzt und damit ihren Anspruch, sich zu europäisieren, auch manifestiert.

Kassel: Wir reden im Deutschlandradio Kultur mit Bodo Hombach, dem Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe, wir reden mit ihm über die Schwierigkeiten in Serbien, die dazu geführt haben, dass die WAZ Mediengruppe dieses Land nun verlassen möchte. Ihr Unternehmen, Herr Hombach, ist ja nun in einigen osteuropäischen Ländern aktiv, teilweise auch schon länger als in Serbien, teilweise noch relativ junge Zeit wie in Russland zum Beispiel, Bulgarien, Rumänien, da sind Sie unter anderem auch, in Kroatien ... Haben Sie ähnliche Erfahrung gemacht sowohl unternehmerisch als auch journalistisch ähnliche Erfahrung gemacht auch in anderen Ländern schon?

Hombach: Natürlich ist ein Land, das sich in schwierigen Situationen, Transformationsprozessen bewegt, ist ein, wenn man so will, ist ein Land, das sich erst mal entwickeln muss. Und da macht man auf dem Weg zu normalen Verhältnissen, sei es im publizistischen Bereich, im wirtschaftlichen Bereich, macht man schon andere Erfahrungen als im alten Europa.

Aber Erfahrungen dieser Art, wo wir das Gefühl hatten, dass wir hier in eine Zange genommen werden zwischen handfestem Oligarcheninteresse, das sich wirtschaftlich motiviert, nationalistischen Tönen ungewöhnlichsten Ausmaßes und einer Politik, die den Verdacht auslöst, dass sie jetzt nicht politisch unabhängig ist, sondern in dem einen oder anderen Fall mehr die Interessen des Oligarchen im Auge hat, so was habe ich noch nicht erlebt.

Das ist für mich ganz neu auch in der Zuspitzung, auch in der Art und Weise, wie zum Beispiel unser freundlicher Brief an den Präsidenten – das war gar nicht der erste, sondern der dritte –, wo ich ihm die Verhältnisse mitteile und ich ihn bitte, uns nun bei unserem Rückzug rechtsstaatlich und fair begleiten zu lassen durch die Administration, solche Reaktionen sind ganz ungewöhnlich.

Aber einen Trend beobachte ich und der ist problematisch: Ich sehe, dass in vielen Ländern immer mehr wirtschaftsinteressierte Oligarchenfirmen sich Medien kaufen, nicht um ein seriöses, ordentliches Mediengeschäft zu machen, sondern ihr Geschäft machen sie anderswo. Sie kaufen sich Medien, selbst wenn die große Verluste machen, um ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen und abzusichern. Das ist eine Entwicklung, die wir aus vielen Ländern kennen, die im Augenblick beschleunigt läuft, die in einigen Fällen auch von der Politik gerne gesehen wird, weil solche Medien oft auch gefällig sind. Aber es ist eine gefährliche Entwicklung, wenn Medien nicht mehr unabhängig sind, sondern instrumentalisiert werden können.

Kassel: Sagt Bodo Hombach, der Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe über das Engagement in Serbien und anderswo. Herr Hombach, ich danke Ihnen für das Gespräch!

Hombach: Ich danke für das Interesse!