Holzlieferant, Jagdrevier, Naturerlebnis
Von den alten Germanen bis zur Öko-Bewegung der 80er-Jahre: In lesenswerten Anekdoten schildert der Forstwissenschaftler Peter Laufmann das Verhältnis der Deutschen zu ihren Wäldern. Die Bilder vermögen die Sehnsucht nach dem Wald, die den Deutschen stets nachgesagt wird, einzufangen.
Die Rosskastanie, die so fest nach Deutschland zu gehören scheint wie kaum ein anderer Baum, ist in Wirklichkeit ein "heimgekehrter Klimaflüchtling": Vor rund zwei Millionen Jahren verschwand sie aus Europa, als es bitter kalt wurde und Gletscher aus dem Norden nach Deutschland drängten. Sie war nicht das einzige Opfer der immer wiederkehrenden Eiszeiten. Zahlreiche Bäume, die heute unsere Wälder prägen wie Buchen oder Eichen, überlebten die frostigen Zeiten im Exil, in wärmeren Regionen rund um das Mittelmeer.
Erst nachdem die Eismassen zurückgegangen waren, kehrten sie allmählich wieder zurück. Allerdings nahmen sie sich dafür viel Zeit. Schließlich sind Bäume darauf angewiesen, dass der Wind oder Tiere ihre Samen verbreiten. Am schnellsten erobern sich die Birken neue Landschaften. Sie sind die Sprinter unter den Bäumen. Jedes Jahr können sie rund 2000 Meter vorankommen. Buchen und Eichen schaffen gerade mal 100 bis 250 Meter. Es dauerte also schon einige Tausend Jahre, bis sich wieder Wald in Deutschland ausbreitete.
Es sind genau diese flott geschriebenen Geschichten, die den großformatigen Textbildband "Deutschlands Wälder" des Forstwissenschaftlers Peter Laufmann so besonders, so lesenswert machen. Mit den historischen Rückblicken macht der Autor deutlich, dass der jetzige Zustand des Waldes nur eine Momentaufnahme ist. Er hat sich im Verlaufe der Jahrmillionen schon häufig verändert und wird es auch weiterhin tun. Vor allem seit der Mensch massiv eingreift, hängt das Erscheinungsbild des Waldes ganz wesentlich davon ab, was sich die jeweiligen Zeitgenossen von ihm erwarteten oder erhofften.
Die Bauern sahen ihn als Waldweide für ihre Tiere und als Holzlieferant für den Ofen und für so gut wie alle Alltagsgegenstände. Die Adeligen beanspruchten ihn als exklusives Jagdrevier. Der aufkommende Kapitalismus nahm den Wald nur als verwertbares Kapital wahr: Es wurde wild gerodet. Erst seit Beginn der 80er Jahre macht man sich Gedanken über die ökologische Funktion des Waldes, seine Rolle für den Klimaschutz, die Artenvielfalt und das Naturerlebnis.
Peter Laufmann erzählt gerne kleine amüsante Anekdoten. So glaubte zum Beispiel Julius Cäsar, dass die Elchen im alten Germanien keine Knie besäßen und sich daher zum Schlafen, statt auf den Boden zu legen, an Bäume lehnten. Die alten Germanen hätten ihre Elche dadurch erbeutet, dass sie die Bäume umhauten. Die armen Elche konnten ja nicht wieder aufstehen.
Der Leser kann auf unangestrengte Art und Weise eine Menge über die verschiedenen Baumarten lernen. Dabei helfen ihm die wunderschönen Naturfotos von Olaf Schulz. Man erliegt bei den Doppelfotoseiten oft der Verzauberung des Blätterhauses, schwelgt in den satten Farben, etwa wenn die Sonne durch die dichten Laubkronen eines Buchenwaldes scheint. Auf anderen Seiten wiederum bestaunt man schneeglitzernde Kiefern oder die knorrigen Zweige uralter Eichen. Die Bilder vermögen jene Sehnsucht nach dem Wald, die den Deutschen stets nachgesagt wird, einzufangen. Ein Buch, das Lust macht, aufzubrechen, um Deutschlands Wälder zu erkunden.
Besprochen von Johannes Kaiser
Peter Laufmann: Deutschlands Wälder, mit Bildern von Olaf Schulz
Verlag Frederking & Thaler, München 2010
192 Seiten, 120 Abbildungen, 39,90 Euro
Erst nachdem die Eismassen zurückgegangen waren, kehrten sie allmählich wieder zurück. Allerdings nahmen sie sich dafür viel Zeit. Schließlich sind Bäume darauf angewiesen, dass der Wind oder Tiere ihre Samen verbreiten. Am schnellsten erobern sich die Birken neue Landschaften. Sie sind die Sprinter unter den Bäumen. Jedes Jahr können sie rund 2000 Meter vorankommen. Buchen und Eichen schaffen gerade mal 100 bis 250 Meter. Es dauerte also schon einige Tausend Jahre, bis sich wieder Wald in Deutschland ausbreitete.
Es sind genau diese flott geschriebenen Geschichten, die den großformatigen Textbildband "Deutschlands Wälder" des Forstwissenschaftlers Peter Laufmann so besonders, so lesenswert machen. Mit den historischen Rückblicken macht der Autor deutlich, dass der jetzige Zustand des Waldes nur eine Momentaufnahme ist. Er hat sich im Verlaufe der Jahrmillionen schon häufig verändert und wird es auch weiterhin tun. Vor allem seit der Mensch massiv eingreift, hängt das Erscheinungsbild des Waldes ganz wesentlich davon ab, was sich die jeweiligen Zeitgenossen von ihm erwarteten oder erhofften.
Die Bauern sahen ihn als Waldweide für ihre Tiere und als Holzlieferant für den Ofen und für so gut wie alle Alltagsgegenstände. Die Adeligen beanspruchten ihn als exklusives Jagdrevier. Der aufkommende Kapitalismus nahm den Wald nur als verwertbares Kapital wahr: Es wurde wild gerodet. Erst seit Beginn der 80er Jahre macht man sich Gedanken über die ökologische Funktion des Waldes, seine Rolle für den Klimaschutz, die Artenvielfalt und das Naturerlebnis.
Peter Laufmann erzählt gerne kleine amüsante Anekdoten. So glaubte zum Beispiel Julius Cäsar, dass die Elchen im alten Germanien keine Knie besäßen und sich daher zum Schlafen, statt auf den Boden zu legen, an Bäume lehnten. Die alten Germanen hätten ihre Elche dadurch erbeutet, dass sie die Bäume umhauten. Die armen Elche konnten ja nicht wieder aufstehen.
Der Leser kann auf unangestrengte Art und Weise eine Menge über die verschiedenen Baumarten lernen. Dabei helfen ihm die wunderschönen Naturfotos von Olaf Schulz. Man erliegt bei den Doppelfotoseiten oft der Verzauberung des Blätterhauses, schwelgt in den satten Farben, etwa wenn die Sonne durch die dichten Laubkronen eines Buchenwaldes scheint. Auf anderen Seiten wiederum bestaunt man schneeglitzernde Kiefern oder die knorrigen Zweige uralter Eichen. Die Bilder vermögen jene Sehnsucht nach dem Wald, die den Deutschen stets nachgesagt wird, einzufangen. Ein Buch, das Lust macht, aufzubrechen, um Deutschlands Wälder zu erkunden.
Besprochen von Johannes Kaiser
Peter Laufmann: Deutschlands Wälder, mit Bildern von Olaf Schulz
Verlag Frederking & Thaler, München 2010
192 Seiten, 120 Abbildungen, 39,90 Euro