Hoffnungsträger in schwieriger Mission

31.01.2013
Gustavo Dudamel ist jung und hip, aber bei den alteingesessenen Spitzenorchestern ein gern gesehener Gastdirigent. Mit Barber, Bartók und Strauss kehrt der Venezolaner zu den Berliner Philharmonikern zurück.
Nun wird in alle Richtungen munter spekuliert, und auch sein Name ist dabei hin und wieder zu hören: Seit einigen Wochen sitzt Gustavo Dudamel unversehens auf dem Karussell möglicher Rattle-Nachfolger. Sir Simon Rattle will den Chefdirigentenposten der Berliner Philharmoniker in fünf Jahren aufgeben – und ein "natürlicher Nachfolger" ist nicht in Sicht. Für die Suche möchten sich die Orchestermusiker – die ihren Chefdirigenten in geheimer, basisdemokratischer Abstimmung selber wählen – zwei Jahre Zeit nehmen.

In dieser Ära werden wohl alle jüngeren Dirigenten der Berliner Philharmoniker unweigerlich auch auf ihre Führungsqualitäten hin überprüft werden. Dudamel wird mit diesem Konzert der erste von ihnen sein, denn der Zufall will es, dass er als erster junger Dirigent nach Rattles Ankündigung vor das Orchester tritt. Eine schwierige Situation, die den ohnehin schon enormen Druck auf jeden philharmonischen Dirigenten massiv erhöhen wird.

Andererseits hat die Sache auch einen eigenen Charme: Gustavo Dudamel ist nach seiner Entdeckung in Venezuela von der Plattenindustrie systematisch zum Jungstar aufgebaut worden, der der darbenden Klassikszene mit einem Schuss Exotik und Wildheit wieder auf die Beine helfen soll. Gleiches gilt für den chinesischen Pianisten Lang Lang, der an diesem Abend Bartóks 2. Klavierkonzert spielen wird. Aber lässt sich mit solchen Rezepten eine Institution wie die Berliner Philharmoniker langfristig führen?

Vielleicht wird dieses Konzert, das wir live übertragen, eine erste Antwort andeuten – hoffentlich nicht im Sinne der gespielten Werke: Das einleitende Adagio von Samuel Barber wird immer wieder als Trauermusik aufgefasst, während man keinem jungen Dirigenten empfehlen möchte, sich die Biografien der von Richard Strauss vertonten Helden Don Juan und Till Eulenspiegel zum Vorbild zu nehmen.


Live aus der Philharmonie Berlin

Samuel Barber
Adagio for Strings

Béla Bartók
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 Sz 95

ca. 20:50 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
anschließend: Friederike Westerhaus im Gespräch mit dem Dirigenten Gustavo Dudamel und dem Kontrabassisten Edicson Ruiz

Richard Strauss
"Don Juan". Tondichtung für großes Orchester op. 20

"Till Eulenspiegels lustige Streiche. Nach alter Schelmenweise in Rondeauform für großes Orchester" op. 28