Hochromantische Giganten

Zwei Werke, die jeweils eine Konzerthälfte füllen – das Klavierkonzert Nr. 2 in G- Dur op. 44 und die 1. Sinfonie in D-Dur "Titan" - sie strotzen nur so vor Kraft und Größe, und auch die dazugehörigen Komponisten erreichen allein durch ihre Namen einen ganz ähnlichen Effekt: Peter Tschaikowsky und Gustav Mahler - ein depressiver Hochromantiker und die musikalische Antenne in die Moderne.
Das 2. Klavierkonzert von Tschaikowsky hatte es, wie das gefürchtete 2. Album einer Band heute, vergleichsweise schwer. Denn sein 1. Klavierkonzert in b-Moll erlangte schnell große Beliebtheit, ganz wider Erwarten. Tschaikowsky schreibt später von der Situation, als er seinem Mentor und Freund Nikolai Rubinstein das 1. Klavierkonzert - ihm wollte er es auch widmen - vorspielte: "Nicht ein Wort, nicht eine Bemerkung. ... Als ich mich vom Klavier erhob, da ergoss sich ein Strom von Worten aus Rubinsteins Mund. … Mein Konzert sei wertlos, völlig unspielbar. … Ein oder zwei Seiten vielleicht seien wert, gerettet zu werden, das Übrige müsse vernichtet oder völlig neu komponiert werden." Gewidmet hat er Rubinstein dann erst das 2. Klavierkonzert. In der Aufzeichnung aus Prag spielt es der tschechische Pianist Marian Lapsansky.
Ganz ohne Widmung ist die 1. Sinfonie von Gustav Mahler. Dafür erhielt diese aber wechselnde Satzbezeichnungen oder Titel. Bei den ersten Aufführungen versuchte Mahler auch, dem Publikum den Zugang zu dem Werk durch Werk- und Satztitel zu erleichtern, die z. T. literarische Bezüge enthalten. Der zeitweise beigegebene Titel "Titan" bezieht sich auf den gleichnamigen Roman von Jean Paul, der einer der Lieblingsschriftsteller Mahlers in dessen Jugendzeit war. Der Trauermarsch trug kurzfristig den Beinamen "Ein Totenmarsch in Callots Manier", eine Anspielung auf E. T. A. Hoffmanns "Fantasiestücke in Callots Manier". In der gedruckten Fassung von 1899 fällt das aber alles weg, und es bleibt schlichtweg die 1. Sinfonie in D-Dur.


Dvořák-Saal im Rudolfinum, Prag
Aufzeichnung vom 10.3.2008

Peter Tschaikowsky
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 G-Dur op. 44

ca. 20:50 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 1 D-Dur ("Titan")

Marian Lapsansky, Klavier
Rundfunk-Sinfonieorchester Prag
Leitung: Ondrej Kukal