Hitlers Chefideologe

Moderation: Joachim Scholl |
Alfred Rosenberg war der wichtigste Publizist des Nationalsozialismus, doch in der Öffentlichkeit war er nur wenig bekannt. Der Historiker Ernst Piper, Autor einer neuen Biografie über den nationalsozialistischen Chefideologen, erklärte im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur, Rosenberg habe bei dem Diktator „eine ganz zentrale Rolle gespielt“.
Deutschlandradio Kultur: Herr Piper, welche Funktion hatte Alfred Rosenberg im nationalsozialistischen Machtapparat?

Piper: Also, er hatte, wenn Sie die Gesamtgeschichte des Nationalsozialismus sehen, von 1918 bis 1945 die unterschiedlichsten Funktionen, das hat auch in den einzelnen Zeitabschnitten sehr gewechselt. Sie haben allerdings am Ende ihrer Frage noch das Wort Machtapparat benützt, das heißt, sie zielen auf die Zeit nach 1933 ab. Vorher gab es ja einen solchen Machtapparat nicht. Da muss man sagen: Er hatte zunächst mal in der ersten Zeit, nach der so genannten Machtergreifung, nur eine begrenzte Rolle gespielt, weil er keine Position im Staat, den die Nazis ja erobert hatten, übernommen hat, sondern er war sozusagen nur ein Mann der Partei. Es gab ja dann das Spannungsverhältnis und etwa der Propagandaleiter Goebbels war dann eben gleichzeitig auch Propagandaminister. Eine solche Doppelposition hat Rosenberg für sich nicht erreichen können. Deswegen hat er in diesen ersten Jahren eine nicht ganz so prominente Rolle gespielt. Er hat gleichwohl in vielen unterschiedlichen Funktionen gewirkt – als Chefredakteur des „Völkischen Beobachters“ und vieler anderer Periodika. Als Leiter des außenpolitischen Amtes der Partei, als, das ist vielleicht das Wichtigste, Leiter des so genannten Amtes Rosenberg. Das war eine große Behörde, die den ganzen Kulturbereich überwacht hat und sich um die Schulung, Erziehung der Partei und der angeschlossenen Verbände kümmern wollte. (…)

Deutschlandradio Kultur: Sie schreiben, die Person Rosenbergs sei in hohem Maße geeignet, den ideologischen Charakter des nationalsozialistischen Regimes paradigmatisch zu zeigen. Was wäre so paradigmatisch so beispielhaft an seiner Person?

Piper: Zunächst mal muss man sich natürlich über die Natur dieses diktatorischen totalitären Regimes verständigen, und ich bin in der Tat der Meinung, dass der programmatische Kern dieser Weltanschauungsdiktatur der Antisemitismus war, der radikalste und zerstörerischste Antisemitismus, den die Welt je gesehen hat. Und hier hat Alfred Rosenberg eine ganz zentrale Rolle gespielt. (…)


Das vollständige Gespräch mit Alfred Piper finden Sie als Audio in der rechten Spalte.