Vergessene Größe
Er war der letzte Königlich-Preußische Generalmusikdirektor, der aus Aachen stammende Dirigent Leo Blech. Bis 1937 konnte sich der deutsche Jude auf seiner Position halten, dann emigrierte er. Wir erinnern an den großen Musiker.
31 Jahre lang war er der Staatskapelle Berlin verbunden, auf ungefähr 1000 Schellackplatten findet man seinen Namen - und dennoch ist heute er so gut wie vergessen. Der Dirigent und Komponist Leo Blech (geboren 1871 in Aachen als Sohn eines jüdischen Fabrikanten, gestorben 1958 in Berlin) war ein Mann der Oper. Nach Stationen am Stadttheater Aachen und in Prag wirkte er von 1906 bis 1937 an der Berliner Staatsoper, viele Jahre davon als "Königlich-Preußischer Generalmusikdirektor". Nach der Machtergreifung der Nazis konnte er sich unter dem Schutz Heinz von Tietjens bis 1937 auf seiner Position halten. 1938 emigrierte er nach Riga, anschließend nach Schweden. Erst 1949 kehrte er auf Einladung von Heinz von Tietjen nach Berlin zurück und fand eine neue Position an der Deutschen Oper.
Leo Blechs Repertoire als Dirigent erstreckte sich von Gluck über Wagner bis zu Busoni und Prokofjew. Mit Sängern wie Frida Leider, Friedrich Schorr und Heinrich Schlusnus gelangen ihm denkwürdige Aufführungen. Sein kompositorisches Werk (sieben Opern, eine Operette, mehr als 1000 Lieder, drei Orchesterwerke) ist weitgehend unerschlossen.
2013 hat die Berliner Verwaltung Leo Blechs Grab aufgelöst - trotz heftiger Proteste der Musikwelt. Mit der Aktion "Blechen für Blech" riefen Aktivisten zur Unterstützung zur Wiedererrichtung eines Grabsteins auf - daran beteiligte sich auch die Staatskapelle Berlin. Dank privater Initiativen wurde der Grabstein gegenüber seinem ehemaligen Standort auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin-Charlottenburg wieder aufgerichtet.
Für diesen Rückblick auf einen vergessenen großen Dirigenten und Komponisten hat sich Christine Anderson mit Deutschlandradio-Musikarchivar Rüdiger Albrecht unterhalten.
Historische Aufnahmen
Georges Bizet
Entr'acte 4. Allegro vivo, aus: Carmen
Berliner Philharmonisches Orchester
Leitung: Leo Blech
Aufnahme vom 23.3.1950, Berlin, Studio Dahlem
Johann Strauß
Ouvertüre, aus: Die Fledermaus
Berliner Philharmoniker
Leitung: Wilhelm Furtwängler
Aufnahme Berlin 1937
Johann Strauß
Ouvertüre, aus: Die Fledermaus
Orchester der Staatsoper Berlin
Leitung: Leo Blech
Aufnahme: Frühjahr 1926, Berlin
Johannes Brahms
3. Satz. Allegro giocoso, ma non troppo vivace
aus: Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 77
Fritz Kreisler, Violine
Orchester der Staatsoper Berlin
Leitung: Leo Blech
Aufnahme: 21.-25.11.1927, Singakademie Berlin
Richard Wagner
"Nun zäume dein Roß", 2. Aufzug, 1. Szene
aus: Die Walküre
Wotan - Friedrich Schorr, Bariton
Brünnhilde - Frida Leider, Sopran
Orchester der Berliner Staatsoper
Leitung: Leo Blech
Aufnahme: 12.9.1927, Berlin
Camille Saint-Saëns
"Der Lenz hat begonnen – Die Sonne sie lachte"
aus: Samson und Dalila
Dalila - Sigrid Onegin, Alt
Orchester der Staatsoper Berlin
Leitung: Leo Blech
Aufnahme: 19.11.1929, Berlin, Beethoven-Saal der Alten Philharmonie
Richard Wagner
"Wie Todesahnung Dämm'rung – O du mein holder Abendstern
aus: Der Tannhäuser
Wolfram - Heinrich Schlusnus, Bariton
Staatskapelle Berlin
Leitung: Leo Blech
Aufnahme: 28.5.1935, Berlin
Leo Blech
6. Szene
aus: "Das war ich" Dorfidylle in einem Aufzuge nach Johann Hutt von Richard Batka, op. 12
Marthe, die Pächterin - Elisabeth Grümmer, Sopran
Die Nachbarin - Emmi Hagemann, Alt
Orchester der Städtischen Oper Berlin
Leitung: Leo Blech
Aufnahme vom 21.4.1951, Städtische Oper Berlin
Leo Blech
Fünf Kinderlieder:
"Herr Hahn und Fräulein Huhn" op. 25 Nr. 7
"Strampelchen" op. 22 Nr. 1
"Die fünf Hühnerchen" op. 22 Nr. 8
"Was fang ich an?" op. 21 Nr. 4
"Tintenheinz und Plätscherlottchen" op. 24 Nr. 3
Lisa Otto, Sopran
Hertha Klust, Klavier
RIAS-Produktion vom 4.4.1960
Leo Blech
Waldwanderung. Stimmungsbild für Orchester, op. 8 (1901)
Großes Rundfunkorchester Berlin
Leitung: Günter Blumhagen
Aufnahme vom 21.1.1987, Berlin, Funkhaus Nalepastraße