Historische Aufnahmen aus dem RIAS-Archiv

Er war ein europäisches Wunderkind par excellence – der Geiger Bronisław Gimpel. 1911 im damals österreichischen Lemberg geboren, spielte er mit acht Jahren sein erstes öffentliches Konzert als Solist. Mit 14 interpretierte er das Violinkonzert von Karl Goldmark mit den Wiener Philharmonikern.
Danach bekam er in der Presse den liebevollen Titel „Bronisław der Zweite“, weil er mit dem Geiger Bronisław Huberman verglichen wurde. Immer wieder trat er mit seinen Brüdern Jakob und Karol auf, strebte eindeutig eine Solistenkarriere an und war sich zugleich nie zu schade, bei Größen wie Carl Flesch in Berlin weiter zu studieren oder in Orchestern in Königsberg und Göteborg Dienst zu tun. Als polnischer Jude musste er den Kontinent verlassen, als Faschismus und Krieg sich ausbreiteten. Er gelangte nach Los Angeles und wurde Konzertmeister der dortigen Philharmoniker.

Doch sobald es wieder möglich war, nach 1945, nahm er das rastlose Leben eines reisenden Virtuosen zwischen den Kontinenten wieder auf. Während der 50er Jahre gab er allein einhundert Konzerte innerhalb eines Jahres auf deutschen Bühnen. Gleich in mehreren Kammermusikformationen spielte er in dieser Zeit, machte auch Jazz-Aufnahmen mit Charlie Parker. In der alten Heimat gründete er zusammen mit dem berühmten Pianisten Władisław Szpilman, einem Freund aus Jugendtagen, das Warschauer Quintett, in den USA später noch das New England String Quartet.

Kurz vor seinem plötzlichen Tod mit 68 Jahren in Los Angeles war er auch bei der Gründung von Jugendorchestern in Venezuela involviert. In Caracas hat er auch sein letztes öffentliches Konzert gespielt. Emotional expressiv und zugleich intellektuell wirken seine Interpretationen – der Ton seiner Geige ist von kristalliner Schönheit.

Mitte der 50er Jahre war Bronisław Gimpel regelmäßig beim RIAS in Berlin zu Gast, um mit dem Radio-Orchester der westlichen Sektoren Violinkonzerte einzuspielen und mit dem Pianisten Martin Krause Sonaten aufzunehmen. Wir bringen eine Auswahl dieser historischen Aufnahmen: Neben den festen Größen des Repertoires wie dem Violinkonzert von Jean Sibelius und der Sonate von Franz Schubert auch Musik von polnischen Zeitgenossen Gimpels wie Karol Rathaus und Karol Szymanowski. Und als Zeugnis nicht-historischer Aufführungspraxis in historischer Aufnahme eine barocke Sonate von Giuseppe Tartini.


Historische Aufnahmen aus dem RIAS-Archiv von 1954-1957
Der Geiger Bronisław Gimpel

Jean Sibelius
Violinkonzert d-Moll op.47

Karol Rathaus
Pastorale et Danse op. 39

ca. 20:45 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Franz Schubert
Sonate op. posth. 162 (D 574)

Giuseppe Tartini
Sonate op.1 Nr. 10 „Didone Abbandonata“

Karol Szymanowski
Violinkonzert Nr. 2 op. 61


Bronisław Gimpel, Violine
Martin Krause, Klavier
RIAS-Symphonie-Orchester
Leitung: Fritz Lehmann
Radio-Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Arthur Rother