Historiker: "Es darf kein einseitiges Bild entstehen"
Der Historiker und Mitarbeiter im Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin und wissenschaftliche Leiter des DDR-Museums, Stefan Wolle, hat für eine ausgewogene Aufarbeitung der DDR-Geschichte plädiert. Es sei normal, dass sich die Menschen mit zunehmendem Abstand gern an ihr Leben in der DDR erinnerten, sagte Wolle im Deutschlandradio Kultur. Dieser Teil der Erinnerung dürfe aber nicht von der Erinnerung an den Stasi-Staat, an Repression und Unterdrückung getrennt werden.
Gabi Wuttke: Der Historiker Stefan Wolle war bei der Gauck-Behörde und arbeitet jetzt auch im Forschungsverbund SED-Staat, aus dessen Reihen ja heftige Kritik an den Kommissionsvorschlägen kam. Er ist jetzt im Studio, Guten Morgen Herr Wolle.
Wolle: Guten Morgen.
Wuttke: Der Ansatz der Sabrow-Kommission sagen Sie, stelle eine Einheit von Volk und Partei her und damit gewänne das SED-System die letzte Schlacht des Kalten Krieges. Das ist erklärungsbedürftig.
Wolle: Ja, ich habe das so geschrieben in einem Artikel, vor einigen Tagen. Und ich meinte damit, dass es eine Gefahr wäre. Es sollte nicht so sein. Es ist gegenwärtig so, dass sich viele Menschen gerne an die DDR erinnern. Und es werden immer mehr. Also je größer der Abstand wird zur DDR, umso mehr Menschen erinnern sich gerne an diese Zeit zurück. Nicht zuletzt einfach deswegen, weil es die Zeit ihrer Jugend, ihrer Kindheit war. Das ist vollkommen normal und menschlich verständlich. Und es liegt ja auch irgendwo eine menschliche Kraft darin, dass der Mensch in der Lage ist, die bösen Sachen, die erniedrigenden Sachen, die unangenehmen Dinge zu vergessen und sich an das Schöne und an das Gute zu erinnern. Insofern ist das irgendwo vollkommen normal. Es spielt natürlich dabei auch eine Rolle, dass manches, was man heute von der DDR erzählt, zum Beispiel Vollbeschäftigung, das es nun wirklich keine Arbeitslosigkeit gegeben hat, das klingt für viele junge Leute heute wie ein Märchen, die mögen das gar nicht glauben. Und da muss man eben immer erklären und da muss die wissenschaftliche Analyse einsetzen.
Wuttke: Genau das will aber die Sabrow-Kommission.
Wolle: Ja, ich bin ja jetzt auch nicht hier angetreten als Kritiker der Sabrow-Kommission, primär. Das ist alles schon recht vernünftig, auch was da Herr Professor Sabrow eben gesagt hat. Das würde ich vielleicht ein bisschen anders ausdrücken, aber im Großen und Ganzen ist das vollständig zu unterstreichen.
Wuttke: Was meinen Sie aber denn mit den beiden Parallelwelten der Erinnerung? Die eine eben diese verbrämte und die andere, wie sähe die aus? Und was wäre der Weg zwischen Stasi-Terror und Gartenzwerg-Idylle?
Wolle: Also es gibt diese Phantasiewelt, wo die Menschen sich gern erinnern, wo sie sich mit Symbolen und Gegenständen der DDR identifizieren. Und es geht durch die Gesichter ein glückliches Lächeln, wenn die damals bekannten Figuren aus dem DDR-Kinderfernsehen wieder auftauchen. Pittiplatsch und Schnatterinchen. Oder auch die politischen Symbole, wie zum Beispiel das FDJ-Hemd und andere Dinge. Also da haben viele junge Menschen keine Scheu, sich damit zu bekleiden und damit sogar an der Schule zu erscheinen. Selbst die Lehrer finden das lustig. Also man lacht gerne über die DDR und das ist ja auch gar nicht so verkehrt. Da gab es furchtbar viel zu lachen und ich halte es auch für richtig. Ich plädiere ja auch für eine fröhliche Aufarbeitung, wo man die lächerlichen, die lustigen und auch die heiteren Seiten, sozusagen, der DDR nicht übersieht. Also das ist die eine Welt. Und das scheint sich jetzt ein bisschen zu trennen von einer Welt, also von einer Erinnerungskultur, von einer Welt, wo die Stasi im Mittelpunkt steht. Repression, Terror, Unterdrückung, die Mauer natürlich, die Mauertoten und ich bin der Meinung, das ist vollkommen richtig. An all diese Dinge muss erinnert werden in Publikationen, in Filmen, eben auch in Museen. Aber es darf nicht einseitig so getan werden oder das Bild entstehen, als ob die DDR daraus entstanden, daraus nur bestanden hätte. Weil, viele Menschen, die da gelebt haben und die es erlebt haben, einem zurecht sagen, ja das ist ja sicherlich alles sehr unschön und sehr schrecklich gewesen, aber unser Leben war nicht so, unser Leben hat das nicht absolut bestimmt, wir hatten in der DDR ein glückliches Leben.
Wuttke: Wie aber diese beiden Fäden miteinander verknüpfen?
Wolle: Wie das verknüpfen, genau das ist die Frage. Das ist das Einfache, was schwer zu machen ist. Das ist die Frage vor der wir immer wieder von neuem stehen. Also jeder der sich daran macht, ein Buch zu schreiben über die DDR, einen Film zu drehen oder ein Museum zu gestalten, wird immer wieder neu diese schwierige Gradwanderung antreten müssen zwischen diesen beiden Extremen. Er wird immer auch von beiden Seiten sozusagen Dresche beziehen, argumentativ. Und es werden immer wieder Leute sagen: Fürchterlich, wie könnt Ihr diese Diktatur so darstellen, eben, dass es ein ganz normales Leben war und eben auch ein Nischenglück in sich barg. Und andere werden immer sagen: Wir haben ganz glücklich und wunderbar in der DDR gelebt und das mit der Stasi und so weiter, das ist alles übertrieben. Die Kunst besteht darin, das miteinander zu vereinbaren und zu zeigen, dass dieses so genannte Nischenglück ein Teil der Diktatur gewesen ist, dass dieses so genannte Nischenglück darin bestand, dass die Menschen auch entmündigt wurden und sich deswegen in diese privaten Bereiche zurückzogen. Das war eine Rückzugsposition, das war durchaus ein Teil sozusagen des Funktionierens der Diktatur. Hat jetzt nicht unbedingt mit der von Sabrow angeführten Bindungskraft der Diktatur zu tun, das ist noch ein bisschen etwas anderes. Das hat eher zu tun mit dem, was Sabrow die missmutige oder so ähnlich, die missmutige Loyalität genannt hat. Das ist es wohl eher. Die ideologische Bindungskraft, die hat es auch gegeben, die war ungeheuer groß. Und die DDR oder die anderen sozialistischen Staaten seit 1917 hätten nicht existieren können, wenn nicht ein doch beachtlicher Teil der Bevölkerung hinter dieser Ideologie und hinter diesem Staat gestanden hätte, gerade in der terroristischen Phase des Stalinismus. Also alle Bücher, die wir kennen, über die Stalinzeit, sprechen ja auch davon, welche ungeheuere Begeisterung und welchen Fanatismus es auch gegeben hat, dieses System aufzubauen.
Wuttke: Der Historiker Stefan Wolle im Radiofeuilleton. Herr Wolle, Sie plädieren dafür, dass man nicht verbissen und bierernst mit der Geschichte umgehen soll. Sie haben aber auch erläutert, wie schwierig es ist, die beiden Fäden, eben zwischen den Polen Gartenzwerg-Idylle und Stasi-Terror zu knüpfen. Vielleicht ist es eine Frage der Zeit, aber ganz konkret können wir Sie fragen, denn Sie sind der wissenschaftliche Leiter des DDR-Museums in Berlin, das in einem Monat eröffnet wird. Wie setzen Sie praktisch um, was Sie auch als Schwierigkeit sehen?
Wolle: Ich will noch eins draufsetzen, es ist nicht nur - es ist ganz besonders schwierig im Museum deswegen, weil der Mensch sich gerne mit den Objekten seiner eigenen Vergangenheit identifiziert. Das heißt, die Leute gehen durch ein Museum und sagen, wunderbar und hübsch und wie niedlich ist das. Da gibt es die Tempolinsen und die alten Waschmittel und die alten Produkte.
Wuttke: Das geht aber in die Ostalgie, oder?
Wolle: Das geht in die Ostalgie und damit muss man fertig werden. Und das kann nicht durch Kommentare passieren. Da müssen wir also Gegenstände, Objekte sozusagen, so inszenieren, so platzieren, dass das möglich ist. Und das ist in jeder Vitrine, das kann ich Ihnen wirklich sagen, das ist in jeder Vitrine von neuem kompliziert, wie man das macht.
Wuttke: Haben Sie noch einmal ein kurzes Beispiel, wie Sie das lösen wollen?
Wolle: Ja. Beispielsweise Weltfestspiele sollen nicht fehlen. Also '73, großer Jubel auf den Straßen, große Begeisterung, von mir aus auch Bindungskraft. Wie stellt man das dar? Und da muss man eben ein kleines bisschen in die Quellen zurückgehen und zeigen, wie sehr während dieser Weltfestspiele und während dieses Tanzes auf allen Plätzen in Ostberlin, darüber sich ein Riesengewölbe der Staatssicherheit darüber wölbte, gewissermaßen, um das alles zu kontrollieren, um da bestimmte Leute auch davon abzusondern, bestimmte Leute festzunehmen. Und das wollen wir dann eben vor allem aus Objekten darstellen. Also wir legen da einfach eine Handschelle davor - die kann man erwerben, haben wir auch - eine Handschelle aus dem Bestand der Staatssicherheit dazu, um diese Ambivalenz dieses großen Jubels auf den Straßen auch wiederum zu zeigen.
Wuttke: Man kann bei Ihnen eine Handschelle erwerben, das Museum wird also ein ...
Wolle: Falsch, falsch, falsch - diese Handschellen kann man kaufen.
Wuttke: Eben, erwerben.
Wolle: Halt, nein, jetzt will ich keinen Unsinn erzählen: Die kann man nicht bei uns kaufen. Wir haben ein Stück davon und legen das in die Vitrine.
Wuttke: Worauf ich hinaus wollte war, dass dieses Museum ein privates sein wird. Und da stellt sich ganz zwangsläufig, wenn auch kurz, die Frage, wie steht es mit Ihrer Einstellung um das Gedenkstättenkonzept, an dem immer noch gebastelt wird. Sie werden jetzt mit privaten Mitteln an den Staat gehen und im Zuge des Gedenkstättenkonzepts ist ja auch immer wieder auf dieses Museum in Arbeit hingewiesen worden.
Wolle: Diese Konzepte durchzusetzen wird sicherlich noch sehr lange dauern. Da ist eine lange Konzeptionsphase vonnöten, dann muss das durch Haushalte und so weiter bestätigt werden. Und wir machen uns eben durch unser Lösungsmodell das privat zu finanzieren, machen wir uns unabhängig und sind dadurch natürlich auch viel flexibler und viel schneller.
Wolle: Guten Morgen.
Wuttke: Der Ansatz der Sabrow-Kommission sagen Sie, stelle eine Einheit von Volk und Partei her und damit gewänne das SED-System die letzte Schlacht des Kalten Krieges. Das ist erklärungsbedürftig.
Wolle: Ja, ich habe das so geschrieben in einem Artikel, vor einigen Tagen. Und ich meinte damit, dass es eine Gefahr wäre. Es sollte nicht so sein. Es ist gegenwärtig so, dass sich viele Menschen gerne an die DDR erinnern. Und es werden immer mehr. Also je größer der Abstand wird zur DDR, umso mehr Menschen erinnern sich gerne an diese Zeit zurück. Nicht zuletzt einfach deswegen, weil es die Zeit ihrer Jugend, ihrer Kindheit war. Das ist vollkommen normal und menschlich verständlich. Und es liegt ja auch irgendwo eine menschliche Kraft darin, dass der Mensch in der Lage ist, die bösen Sachen, die erniedrigenden Sachen, die unangenehmen Dinge zu vergessen und sich an das Schöne und an das Gute zu erinnern. Insofern ist das irgendwo vollkommen normal. Es spielt natürlich dabei auch eine Rolle, dass manches, was man heute von der DDR erzählt, zum Beispiel Vollbeschäftigung, das es nun wirklich keine Arbeitslosigkeit gegeben hat, das klingt für viele junge Leute heute wie ein Märchen, die mögen das gar nicht glauben. Und da muss man eben immer erklären und da muss die wissenschaftliche Analyse einsetzen.
Wuttke: Genau das will aber die Sabrow-Kommission.
Wolle: Ja, ich bin ja jetzt auch nicht hier angetreten als Kritiker der Sabrow-Kommission, primär. Das ist alles schon recht vernünftig, auch was da Herr Professor Sabrow eben gesagt hat. Das würde ich vielleicht ein bisschen anders ausdrücken, aber im Großen und Ganzen ist das vollständig zu unterstreichen.
Wuttke: Was meinen Sie aber denn mit den beiden Parallelwelten der Erinnerung? Die eine eben diese verbrämte und die andere, wie sähe die aus? Und was wäre der Weg zwischen Stasi-Terror und Gartenzwerg-Idylle?
Wolle: Also es gibt diese Phantasiewelt, wo die Menschen sich gern erinnern, wo sie sich mit Symbolen und Gegenständen der DDR identifizieren. Und es geht durch die Gesichter ein glückliches Lächeln, wenn die damals bekannten Figuren aus dem DDR-Kinderfernsehen wieder auftauchen. Pittiplatsch und Schnatterinchen. Oder auch die politischen Symbole, wie zum Beispiel das FDJ-Hemd und andere Dinge. Also da haben viele junge Menschen keine Scheu, sich damit zu bekleiden und damit sogar an der Schule zu erscheinen. Selbst die Lehrer finden das lustig. Also man lacht gerne über die DDR und das ist ja auch gar nicht so verkehrt. Da gab es furchtbar viel zu lachen und ich halte es auch für richtig. Ich plädiere ja auch für eine fröhliche Aufarbeitung, wo man die lächerlichen, die lustigen und auch die heiteren Seiten, sozusagen, der DDR nicht übersieht. Also das ist die eine Welt. Und das scheint sich jetzt ein bisschen zu trennen von einer Welt, also von einer Erinnerungskultur, von einer Welt, wo die Stasi im Mittelpunkt steht. Repression, Terror, Unterdrückung, die Mauer natürlich, die Mauertoten und ich bin der Meinung, das ist vollkommen richtig. An all diese Dinge muss erinnert werden in Publikationen, in Filmen, eben auch in Museen. Aber es darf nicht einseitig so getan werden oder das Bild entstehen, als ob die DDR daraus entstanden, daraus nur bestanden hätte. Weil, viele Menschen, die da gelebt haben und die es erlebt haben, einem zurecht sagen, ja das ist ja sicherlich alles sehr unschön und sehr schrecklich gewesen, aber unser Leben war nicht so, unser Leben hat das nicht absolut bestimmt, wir hatten in der DDR ein glückliches Leben.
Wuttke: Wie aber diese beiden Fäden miteinander verknüpfen?
Wolle: Wie das verknüpfen, genau das ist die Frage. Das ist das Einfache, was schwer zu machen ist. Das ist die Frage vor der wir immer wieder von neuem stehen. Also jeder der sich daran macht, ein Buch zu schreiben über die DDR, einen Film zu drehen oder ein Museum zu gestalten, wird immer wieder neu diese schwierige Gradwanderung antreten müssen zwischen diesen beiden Extremen. Er wird immer auch von beiden Seiten sozusagen Dresche beziehen, argumentativ. Und es werden immer wieder Leute sagen: Fürchterlich, wie könnt Ihr diese Diktatur so darstellen, eben, dass es ein ganz normales Leben war und eben auch ein Nischenglück in sich barg. Und andere werden immer sagen: Wir haben ganz glücklich und wunderbar in der DDR gelebt und das mit der Stasi und so weiter, das ist alles übertrieben. Die Kunst besteht darin, das miteinander zu vereinbaren und zu zeigen, dass dieses so genannte Nischenglück ein Teil der Diktatur gewesen ist, dass dieses so genannte Nischenglück darin bestand, dass die Menschen auch entmündigt wurden und sich deswegen in diese privaten Bereiche zurückzogen. Das war eine Rückzugsposition, das war durchaus ein Teil sozusagen des Funktionierens der Diktatur. Hat jetzt nicht unbedingt mit der von Sabrow angeführten Bindungskraft der Diktatur zu tun, das ist noch ein bisschen etwas anderes. Das hat eher zu tun mit dem, was Sabrow die missmutige oder so ähnlich, die missmutige Loyalität genannt hat. Das ist es wohl eher. Die ideologische Bindungskraft, die hat es auch gegeben, die war ungeheuer groß. Und die DDR oder die anderen sozialistischen Staaten seit 1917 hätten nicht existieren können, wenn nicht ein doch beachtlicher Teil der Bevölkerung hinter dieser Ideologie und hinter diesem Staat gestanden hätte, gerade in der terroristischen Phase des Stalinismus. Also alle Bücher, die wir kennen, über die Stalinzeit, sprechen ja auch davon, welche ungeheuere Begeisterung und welchen Fanatismus es auch gegeben hat, dieses System aufzubauen.
Wuttke: Der Historiker Stefan Wolle im Radiofeuilleton. Herr Wolle, Sie plädieren dafür, dass man nicht verbissen und bierernst mit der Geschichte umgehen soll. Sie haben aber auch erläutert, wie schwierig es ist, die beiden Fäden, eben zwischen den Polen Gartenzwerg-Idylle und Stasi-Terror zu knüpfen. Vielleicht ist es eine Frage der Zeit, aber ganz konkret können wir Sie fragen, denn Sie sind der wissenschaftliche Leiter des DDR-Museums in Berlin, das in einem Monat eröffnet wird. Wie setzen Sie praktisch um, was Sie auch als Schwierigkeit sehen?
Wolle: Ich will noch eins draufsetzen, es ist nicht nur - es ist ganz besonders schwierig im Museum deswegen, weil der Mensch sich gerne mit den Objekten seiner eigenen Vergangenheit identifiziert. Das heißt, die Leute gehen durch ein Museum und sagen, wunderbar und hübsch und wie niedlich ist das. Da gibt es die Tempolinsen und die alten Waschmittel und die alten Produkte.
Wuttke: Das geht aber in die Ostalgie, oder?
Wolle: Das geht in die Ostalgie und damit muss man fertig werden. Und das kann nicht durch Kommentare passieren. Da müssen wir also Gegenstände, Objekte sozusagen, so inszenieren, so platzieren, dass das möglich ist. Und das ist in jeder Vitrine, das kann ich Ihnen wirklich sagen, das ist in jeder Vitrine von neuem kompliziert, wie man das macht.
Wuttke: Haben Sie noch einmal ein kurzes Beispiel, wie Sie das lösen wollen?
Wolle: Ja. Beispielsweise Weltfestspiele sollen nicht fehlen. Also '73, großer Jubel auf den Straßen, große Begeisterung, von mir aus auch Bindungskraft. Wie stellt man das dar? Und da muss man eben ein kleines bisschen in die Quellen zurückgehen und zeigen, wie sehr während dieser Weltfestspiele und während dieses Tanzes auf allen Plätzen in Ostberlin, darüber sich ein Riesengewölbe der Staatssicherheit darüber wölbte, gewissermaßen, um das alles zu kontrollieren, um da bestimmte Leute auch davon abzusondern, bestimmte Leute festzunehmen. Und das wollen wir dann eben vor allem aus Objekten darstellen. Also wir legen da einfach eine Handschelle davor - die kann man erwerben, haben wir auch - eine Handschelle aus dem Bestand der Staatssicherheit dazu, um diese Ambivalenz dieses großen Jubels auf den Straßen auch wiederum zu zeigen.
Wuttke: Man kann bei Ihnen eine Handschelle erwerben, das Museum wird also ein ...
Wolle: Falsch, falsch, falsch - diese Handschellen kann man kaufen.
Wuttke: Eben, erwerben.
Wolle: Halt, nein, jetzt will ich keinen Unsinn erzählen: Die kann man nicht bei uns kaufen. Wir haben ein Stück davon und legen das in die Vitrine.
Wuttke: Worauf ich hinaus wollte war, dass dieses Museum ein privates sein wird. Und da stellt sich ganz zwangsläufig, wenn auch kurz, die Frage, wie steht es mit Ihrer Einstellung um das Gedenkstättenkonzept, an dem immer noch gebastelt wird. Sie werden jetzt mit privaten Mitteln an den Staat gehen und im Zuge des Gedenkstättenkonzepts ist ja auch immer wieder auf dieses Museum in Arbeit hingewiesen worden.
Wolle: Diese Konzepte durchzusetzen wird sicherlich noch sehr lange dauern. Da ist eine lange Konzeptionsphase vonnöten, dann muss das durch Haushalte und so weiter bestätigt werden. Und wir machen uns eben durch unser Lösungsmodell das privat zu finanzieren, machen wir uns unabhängig und sind dadurch natürlich auch viel flexibler und viel schneller.