Hip-Hop im KZ?

Von Alexa Hennings |
Jugendliche und KZ-Besuch ist ein heikles Thema. Die meisten Lehrer, Erzieher und Eltern umgehen es gleich ganz. Das muss anders werden, sagte man sich in Mecklenburg-Vorpommern, wo Rechte im Landtag sitzen und auf Schulhöfen CDs mit Nazimusik verteilen. Künftig werden Gedenkstättenfahrten von Jugendgruppen gefördert. Ob die Lehrer das Angebot wahrnehmen, bleibt abzuwarten. Vorerst lernen sie in Ravensbrück etwas über Hip-Hop im KZ und andere Möglichkeiten der Geschichtsvermittlung.
Wenn man davon erzählen will, wie es dazu kam, dass in einem ehemaligen KZ Hip-Hop gemacht wurde, muss man mit einem fast 100 Jahre alten Hamburger Lied anfangen. Damals war es ein Gassenhauer, das Lied vom Jungen mit dem Tüdelband.

Der Hamburger Filmemacher Jens Huckeriede hatte sich auf die Spur des berühmtesten Hamburger Volksliedes begeben. Herausgefunden, dass die Brüder Wolf, die das Lied erdachten und sangen, von den Nationalsozialisten aus Hamburg vertrieben wurden, zwei der Brüder flohen nach Amerika, ein Teil der Familie wurde ermordet. Der Filmemacher suchte für sein Projekt "Return to the Tüdelband" in Amerika nach Nachfahren der Wolfs und traf auf den Schauspieler und Rapper Dan Wolf.

Dan Wolf kam nach Deutschland und begab sich in Hamburg und im KZ Neuengamme auf die Spurensuche, ein Film entstand, ein Musikprojekt mit Hamburger Musikern folgte, Auftritte an Schulen und Klubs. Die Idee, in einer KZ-Gedenkstätte ein Projekt mit Kindern und Jugendlichen zu machen, mit Jugendlichen aus Fürstenberg, dem idyllischen Ort, an dem das KZ erbaut wurde, reizte die Musiker aus San Francisco und Hamburg. Max Timm alias Mad Maxx war dabei, ein Rapper aus Hamburg. Bei einem Workshop zum Thema "Neue Wege in der Gedenkstättenarbeit" berichtet er in Ravensbrück von seinen Erfahrungen, die damit begannen, dass nach einem Rundgang durch das ehemalige KZ zwei Mädchen gleich gegangen seien.

"Einerseits dachte ich so: Ja, das ist eh so’ne MTV-Generation, die interessiert das alles gar nicht. Also lasst uns schnell zum Hip-Hop kommen. Aber klar geht in jedem einzelnen was ganz anderes vor als in einem selber, und die einen wollen gleich singen und die anderen kommen überhaupt nicht klar. Man muss erst mal damit klarkommen, dass sie zwölf sind und auch wenn sie aus der Ecke sind, müssen sie erst mal diesen Leichenberg "essen". Das war vielleicht bisschen heftig auf einmal. Und dann wollten wir erst mal zeigen, dass wir’s können und haben eine halbe Stunde gerappt, im Kreis. Ich wollte es so ein bisschen aufbrechen, dass es locker wird. Und dann kam erst mal gar nichts mehr aus ihnen raus – lachen – weil sie alle so – okay..."

Nach dem Alleingang von Mad Maxx und den amerikanischen Rappern wurde dann aber doch das ehrfuchtsvolle Schweigen bald gebrochen. Worüber wollt ihr in euren Songs texten? Wie lebt ihr hier mit dieser Vergangenheit?

"Es kamen auch ein paar aus dem Dorf, die werden immer ein bisschen gehänselt. Egal, wo du hin gehst: Ihr kommt daher, wo das KZ ist. Dann gab es auch welche, die erzählt haben: Ostdeutschland, Realschule – entweder, du machst mit - nicht Fackelmarsch oder so, aber du ziehst dich halt so ein bisschen an wie die Rechten. Dann hast du wenigstens Ruhe. Oder du kriegst die ganze Zeit was auf die Fresse. Und da kann man ihnen natürlich sagen, es ist natürlich cool, und mit Hip-Hop habt ihr was in der Hand, womit ihr geiler seid als die Typen an der Schule und dann geht’s echt voran."

"... ihr seid nicht schuld an Geschichte ... eure Eltern haben die Schnauze gehalten und teilen euch nichts mit ..."

In einer öffentlichen Veranstaltung in Fürstenberg endete der Hip-Hop-Workshop. Mit Rappen und Break-Dance und den Themen, die ein Ort wie Ravensbrück heute an uns stellt: Toleranz, Ausgrenzung, Mitlaufen, anders sein, gleich sein.

"... wow ... Und hier sind Sonja und Maxi mit ihrem Song: Wir sind alle gleich."

Zwei 13-jährige Mädchen betreten die Bühne. Zwei amerikanische Rapper, einer davon ein Schwarzer, Max aus Hamburg und die Fürstenberger Jugendlichen machen den Rhythmus. Die Mädchen singen zuerst zaghaft, dann immer selbstsicherer.

"Was ich finde ist, dass die Kinder, die genauso ratlos da saßen wie wir, in diesen vier Tagen einen Prozess durchlebt haben. Sich mit dem Thema irgendwie auseinanderzusetzen, eine künstlerische Form zu finden. Und wie sie das entwickeln, das gibt natürlich eine ganz große Stärke, das darf man nicht unterschätzen."

"Gerade diese drei Mädchen, die so unsicher waren, die nicht wussten, ob sie das überhaupt können, alleine singen. Wie die vor dem Bürgermeister und 120 Leuten dort stehen und singen, das finde ich, ist genug. Das gibt Kraft!"

Jens Huckeriede, der Hamburger Regisseur des Film "Return to the Tüdelband" erinnert sich noch gut an das Hip-Hop Projekt mit Dan Wolf und Mad Maxx in Ravensbrück. Der Filmemacher, der schon an verschiedenen Geschichtsprojekten mit jungen Leuten arbeitete, ist immer auf der Suche nach neuen Formen und einem neuen Zugang zur Geschichte. Es muss immer etwas mit der Gegenwart der Jugendlichen zu tun haben, meint der Mittfünfziger.

"Dass es nicht nur um Hip-Hop im ehemaligen Konzentrationslager geht, sondern es geht darum, mit der Sprache, die die heutzutage sprechen die jungen Leute, zu arbeiten. Ich kenne Lehrer in Hamburg, die kommen zu mir und sagen: Sie können mit den jungen Leuten nicht mehr arbeiten, die wollen nicht mehr in die KZs, die wollen nicht mehr in die Synagogen. Und dann frage ich: Ja, was macht ihr denn an Neuem zu diesem Thema? Und dann ist Schweigen. Und ich finde, das Wichtigste für alle, die in diesem Bereich arbeiten ist der Transport der Vergangenheit in die Gegenwart. Und da müssen wir uns Gedanken machen im Kontext mit den jungen Leuten, was sie eigentlich interessiert."

Ein 20-jähriger Rapper und ein 80-jähriger Schlagzeuger von Sankt Pauli machen ihre Version vom Tüdelband-Lied, dem bekanntesten Hamburger Volkslied, das die Gebrüder Wolf nicht mehr selbst singen durften und das, ein kleiner Triumph der Geschichte, dennoch bis heute überlebt hat. Eine neue Möglichkeit, Geschehenes zu verarbeiten, wie Jens Huckerriede mit seinem Film- und Musikprojekt zeigt.

"Es gibt richtig Gegner von so einer Arbeitsform. Wenn die schon Hip-Hop hören und Auschwitz, dann ist Ende. Das war beim NDR so, dass sie den Film nicht mitfinanzieren wollten. Und viele Stiftungen auch, die sagen: So etwas wollen sie nicht hören. Die wollen die traditionelle Erinnerungsarbeit machen, historisch, traurig. Und da gehen sie nicht von ab. Diese Auseinandersetzung führe ich schon seit vier Jahren und langsam komme ich an. Am letzten 9. November war ich auf dem Podium der jüdischen Gemeinde. Es ging darum, neue Formen der Erinnerung darzustellen, weil der Leiter der jüdischen Gemeinde ist ein Schuldirektor, der das alles schon erlebt hat. Und deswegen hat er mich da hinein geholt. Und das war Klasse, die Leute waren begeistert. Aber es gibt eben die Leute, die das Geld haben, die Erinnerungsarbeit mit finanzieren, die sträuben sich, so einem Projekt Geld zu geben. Das ist wirklich nicht einfach!"

Umso mehr Lob hat der Filmemacher für die Gedenkstätte Ravensbrück, die dieses Hip-Hop-Projekt wagte. Und damit Jugendliche stark machte – auf ganz andere Weise.

"Wir müssen von unserem – ich sag jetzt mal in Anführungsstrichen – hohem Ross runterkommen. Wir müssen uns wirklich dahin bewegen und sagen: Was können wir gemeinsam zu diesem Thema machen? Der Druck muss raus aus dieser ganzen Veranstaltung: Wir müssen erinnern, wir müssen erinnern. Da bin ich ja auch der Meinung – aber wir müssen nach neuen Wegen suchen. Die alten reichen nicht mehr aus, um heute an junge Leute ranzukommen."

Dass die alten Wege nicht mehr ausreichen, um an junge Leute heranzukommen, darüber ist man sich einig beim Workshop in Ravensbrück. Eingeladen hatte der Verein "Politische Memoriale", mehr als 100 Schulen in Mecklenburg-Vorpommern hatte Memoriale-Chef Andreas Wagner angeschrieben. Nur zwei Lehrer kamen. Ohne die Mitarbeiter anderer Gedenkstätten, von Museen, Vereinen und Jugendeinrichtungen wäre dieser Workshop in Ravensbrück sehr leer gewesen.

"Allerdings ist es eine Beobachtung, die wir nicht nur heute haben, sondern auch bei anderen Veranstaltungen, dass die Resonanz bei solchen Fortbildungsangeboten unter den Lehrern geringer ist, als wir uns das vielleicht wünschen. Aber es gibt eine Hemmschwelle, aus der Schule herauszugehen mit der Klasse, zumal an einen politisch so sensiblen Ort wie eine Gedenkstätte, wenn man sich z.B. nicht sicher ist, wie reagieren die Schüler? Es macht keinen Sinn, wenn es dazu kam, jemand hat z.B. ein NS-Symbol ins Besucherbuch eingetragen und danach wird nur repressiv reagiert. Das kann es nicht sein, es muss ein offenes Gespräch geben sowohl mit den Schülern als auch mit den Lehrern, die dann auch gestützt werden müssen in der Auseinandersetzung mit solchen Positionen."

Gedenkstätten, so meint Andreas Wagner, sind "offene Lernorte", die auf die Bedürfnisse von Jugendlichen Besuchern eingehen sollten. Pure Pflichtbesuche sind fehl am Platz. Ob Stasi-Gefängnis, sowjetisches Internierungslager oder KZ – eines ist für Historiker Wagner klar:

"Dass die moralische Aufladung dieser Orte nicht das Zukunftsfähige ist sondern hier einen Prozess der Auseinandersetzung in Gang zu bringen, der eben auch Zeit braucht, Vorbereitung und pädagogische Kreativität. Und mit normalen Führungen und einem abschließenden Gespräch ist glaube ich wenig gewonnen."

In Ravensbrück geht man da – nicht nur mit Hip-Hop- schon einige neue Wege. Es beginnt damit, dass man sich als Besucher der Jugendherberge unversehens in den Häusern der Täterinnen wiederfindet. Man lebt in den Wohnungen der KZ-Aufseherinnen und fühlt sich, von diesem unheimlichen Gedanken beflügelt, viel emotionaler hinein in die sehr sinnlich aufbereitete Ausstellung über die Täterinnen und ihre Opfer in einem weiteren ehemaligen Aufseherinnen-Haus.

"Ich wollte mein Brot packen und sie steht auf meiner Hand mit ihrem Stiefel. Wie ein Hund, hab ich gesagt, sagte sie. Und ich wiss es noch niet. Und sie gibt mich einen Stoß und ich war mit meinem Gesicht in die Dreck gefallen. Und dann wusste ich, dass ich musste fressen wie ein Hund. Und ich hab es gemacht. Weil ich Hunger hatte und für mein Kind. Ich hab alles aufgegessen."

Wer waren diese Frauen, die andere Frauen so erniedrigten? Ziemlich einmalig in der Gedenkstättenlandschaft werden in Ravensbrück die Biographien der Täterinnen beleuchtet. Tolerieren, Mitläufer sein, Mittäter sein – diese Geschichte reicht bis in unsere Gegenwart, das wird in Ravensbrück eindrücklich klar. Doch man muss sich Zeit nehmen für derlei Erkenntnisse. Zeit, die viele sich nicht nehmen, wie Matthias Heyl, der Leiter der Gedenkstätte Ravensbrück, es immer wieder erlebt.

"Eine klassische Situation aus der Gegenwart: Ein Lehrer sagt: Wir haben nur ganz wenig Zeit. Anderthalb Stunden, ich hoffe, dass schaffen Sie! Und meine Schüler halten auch nicht lange durch. Oder, eine klassische Situation in der Anmeldung: Wir sind schon häufig in Ravensbrück gewesen. Bitte gehen Sie direkt mit uns zum Appellplatz, das macht immer großen Eindruck. Wir möchten gern zum Prügelbock. Und dann Krematorium. Das erleben wir manchmal, dass es so eine Unruhe gibt bei Kolleginnen und Kollegen, die das von uns erwarten, dass wir als Schausteller des Grauens fungieren und möglichst schnell auch zu einer Immunisierung gegen Rechtsextremismus und für ein gedenkstättenpädagogisches Marienerlebnis sorgen. Dass die das Gefühl haben, wir sind hier viel zu langatmig und viel zu komplex."

Die Vergangenheit ins Heute holen, heutiges Denken und Handeln zu hinterfragen, überhaupt: Fragen zu stellen – das versucht man in Ravensbrück. Und wenn auch die meisten Lehrer die "klassische" Führung buchen wird man nicht müde, Alternativen anzubieten. Zum Beispiel die Selbstführung – Jugendliche erkunden mit einem Plan für eine Stunde selbst das Gelände und haben dann die Aufgabe, die Gruppe an einen Ort zu führen, über den sie sprechen möchten oder zu dem sie Fragen haben. Oder der Fotospaziergang, bei dem die Schüler in kleinen Gruppen losziehen und jeder ein Foto mitbringen soll.

"Völlig freigestellt, was man fotografiert. Das kann ein Gebäude sein, das kann Boden sein, Bäume, was auch immer. Danach trifft man sich hier im Seminarraum wieder, die Fotos werden hier an die Leinwand geworfen, zusammen angeschaut. Meistens machen wir es so, dass mit dem Overhead daneben noch den Geländeplan an die Wand geworfen wird, damit die Jugendlichen auch zeigen können, wo sie das fotografiert haben. Weil oft passiert es, dass Fotos gemacht werden von Orten, die die anderen gar nicht gesehen haben. Und dann geht es eben darum, dass die Jugendlichen ihre Fragen stellen zu den Fotos, die sie gemacht haben."

Katinka Steen erlebt immer wieder, dass genau die Umkehrung des klassischen Führungsprinzips das Interesse der Jugendlichen weckt: Nicht darüber wird referiert, was Museumspädagoge oder Lehrer für wichtig halten, sondern das besprochen, was sich den Jugendlichen selbst als Frage aufdrängt. Selbst entdecken zu dürfen, Unerklärliches zu lösen motiviert die jungen Gedenkstättenbesucher.

Noch spannender kann es unter Umständen sein, vom bloßen Zuhörer gänzlich zum Akteur zu werden. Zum Beispiel, wenn der Schauspieler Herbert Brauer mit Kindern und Jugendlichen in Ravensbrück arbeitet.

Heute probiert er es an den Workshopteilnehmern aus und verteilt Instrumente und Masken an Stäben.

"... man kann das noch schön flankieren diesen Ort, diese Straße, wo Passanten langgehen, mit entsprechenden charaktervollen Gesichtern. Weil viele sagen: ich bin doch nicht blöd und stell mich da hin! Na, sag ich, macht nichts, kriegst `ne Maske ..."

Auf der Straße, die aus Fürstenberg zum ehemaligen KZ führt, postieren sich bei einem solchen Projekt dann Jugendliche mit Instrumenten und Masken. Manche haben die Aufgabe, immer wieder den gleichen Text zu sagen, Texte wie: "Dass wir es nicht verstehen, ist nicht so schlimm. Nur abwenden dürfen wir uns nicht."

"Dann warte ich immer auf meine Frage, wenn ich sage, das habt ihr ganz toll gemacht, dann warte ich immer auf meine Frage und hoffe, dass jemand fragt: Was hat denn das nun mit der Gedenkstätte zu tun?! So, und dann versuche ich, über die ausgewählten Texte, die da gelesen worden sind, irgendwie ins Gespräch zu kommen und sich im Sinne von Assoziationsübungen anzunähern. Und ohne es groß zu merken, haben sie schon ein bisschen Theater gespielt."

Gewalt und Gegengewalt, Befehle geben und Befehle empfangen, Infragestellen oder Befolgen, Gruppe und Einzelner – all dies kann spielerisch thematisiert werden und ist, so der Theatermann, ein Türöffner für den Besuch der Gedenkstätte. Doch all dies braucht Zeit, Zeit, die sich viele Lehrer mit ihren Schülern nicht nehmen wollen. Aber es gibt Ausnahmen. Gabriele Strübing zum Beispiel. Denn sie hat zum einen das Gefühl, dass die Geschichtslehrer an den Schulen mit dem Thema NS-Zeit ziemlich allein gelassen werden und vom "LISA", dem Landesinstitut für die Weiterbildung der Lehrer, Seminare wie das in Ravensbrück angeboten werden. Zum anderen hat die Lehrerin, die Haupt- und Realschüler in Deutsch und Geschichte unterrichtet, das Gefühl, dass mit Gedenkstättenfahrten, so wie bisher praktiziert, etwas schief läuft. Einfach so, als touristisches Programm zwischen Schwimmbad und Heimatstube, ohne Vorbereitung und mal so auf die Schnelle lässt sich das ihrer Meinung nach nicht machen.

"Bei uns war es bisher eigentlich so, dass es mit in die Klassenfahrten reingefallen ist, es vom Klassenlehrer mit gemacht wurde. Und ich eigentlich so die Resonanz hatte, dass es recht flach war, was von den Schülern kam. Na ja, war so hm, hm. Und das war mit ein Grund dafür, dass ich mir das hier mit ansehen wollte um zu überlegen: Wie kannst du da mehr draus machen?"

Es war, so findet die Lehrerin, höchste Zeit für den Landtagsbeschluss, der künftig Gedenkstättenfahrten aller Schulen in Mecklenburg-Vorpommern fördert. Aber die zehn Euro pro Schüler reichen da nicht, so die Pädagogin, sondern zusätzlich zum Geld muss das Thema ein Thema der Schulen werden, Zeit für Vor- und Nachbreitung eingeplant werden.

"Ich hoffe, dass mit diesem Förderprogramm, das jetzt gekommen ist, dass jetzt es einen anderen Platz einnimmt an der Schule, dass man es ein bisschen ernster nimmt."

An Gabriele Strübings Schule, die gelegentlich auch mit rechtem Gedankengut oder einfach nur mit Gedankenlosigkeit der Schüler zum Thema Nationalsozialismus zu kämpfen hat, initiierte die Geschichtslehrerin das Projekt "Lasst kein Gras drüber wachsen". Schüler der siebten bis zehnten Klassen beschäftigen sich mit einem ehemaligen Lager, dessen Überreste sie im Wald nahe ihres Wohnortes gefunden haben. KZ-Außenlager? Zwangsarbeiterlager? Kriegsgefangenenlager? Noch sind diese Fragen nicht eindeutig beantwortet, aber die Schüler sind mit Eifer dabei, Recherchen anzustellen, Zeitzeugen zu befragen, gemeinsam mit einem Bodendenkmalpfleger die Reste des Lager freizulegen und zu vermessen.
"Und ich finde, gerade diese Umwege, nicht dieses: Ach, die Bösen und oh, das war grausam und was weiß ich. Sondern dass sie auf solchen Wegen zu der Erkenntnis kommen."

Alle diese Wege - ob Schul- oder Hip-Hop-Projekt, Straßentheater oder Fotospaziergang in der Gedenkstätte - fordern Zeit, Geduld und Geld. Und Erwachsene, die nicht von Kindern und Jugendlichen sagen: Wir können nichts mit denen anfangen. Oder: Die halten das nicht durch. Oder: Die interessieren sich ja für nichts mehr. Andreas Wagner vom Verein "Politische Memoriale".

"Junge Leute haben andere, neue Fragen. Die kommen mit neuen Sichtweisen an diese Orte. Und die werden in Zukunft ja auch verantwortlich sein für diese Orte. Also müssen wir ihnen auch den Freiraum geben, sich damit auch auseinandersetzen zu können. Auf ihre Art und Weise. Auch wenn das für uns manchmal schwer aushaltbar ist. Und wenn wir das nicht tun, dann werden die Gedenkstätten nur noch für alte Leute da sein. Und das wollen wir ja schließlich auch nicht."