"Ich würde mir wünschen, dass es sowas in Italien gäbe", sagt Tonia Mastrobuoni zu dem anonymen Hinweisportal. [AUDIO] In Italien sei Steuerhinterziehung wirklich eine Plage, so die Berlin-Korrespondentin der italienischen Zeitung "La Repubblica" weiter: "Die Steuerhinterzieher klauen das Geld zweimal." Einmal dem Staat – auch deswegen seien die staatlichen Dienstleistungen in Italien so schlecht; und einmal dem Bürger, denn die Steuern in Italien seien auch deswegen so hoch, weil immer nur "die Üblichen" Steuern zahlten.
"Ich kann die ganze Aufregung nicht verstehen"
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Das neue Hinweisportal der Finanzämter in Baden-Württemberg sei nichts weiter als ein neuer Weg, um mit der Behörde zu kommunizieren, sagt Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuergewerkschaft. Einen großen Vorteil habe das Portal aber doch.
Das Land Baden-Württemberg hat vor wenigen Tagen im Netz ein anonymes Hinweisportal auf Steuerstraftaten freigeschaltet und damit viel Wirbel ausgelöst: Das Portal rufe zu "Denunziantentum" auf, hieß es vonseiten der CDU und der FDP. Die AfD kritisierte den Schritt ebenfalls und sprach davon, es werde ein "Klima des Misstrauens" geschaffen.
Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin der Grünen stellte sich hinter ihren Parteifreund und Finanzminister im Ländle, Danyal Bayaz, und dessen Projekt: Sie könne sich ein ähnliches Portal auch bundesweit vorstellen.
Digitale Weiterentwicklung
Thomas Eigenthaler, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft (DTSG), die die Mitarbeiter der Finanzbehörden vertritt, vermutet Wahlkampfgetöse hinter der scharfen Kritik: "Ich kann die ganze Aufregung überhaupt nicht verstehen." Er verwahre sich vor allem gegen Begriffe wie "Steuer-Stasi" oder "Blockwartmentalität". Dies gehe gegen die Ehre von Finanzbeamten.
"Hier wird eine Möglichkeit geschaffen, um Dinge auf elektronischem Wege mit dem Finanzamt zu leiten, was früher nur auf dem Papierweg möglich war", sagt Eigenthaler, der einst selbst ein Finanzamt in Stuttgart geleitet hat.

Screenshot des Anonymen Hinweisportals von Baden-Württemberg© Redaktion
Steuerhinterziehung und vor allem die schwere Steuerhinterziehung sei eine schwere Straftat, die mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden könne, betont Eigenthaler und schiebt nach: "Da soll der Staat die Hände in den Schoß legen? Da verwahre ich mich gegen!"
Vorteil der Rückfragemöglichkeit
Das neue Meldeportal sieht unspektakulär aus: Ein einfaches Onlineformular mit ein paar Textfeldern; es können Dokumente eingestellt werden, im nächsten Schritt wir ein anonymisiertes Konto erstellt, über das die Behörden mit der anzeigenden Person in Kontakt treten können.
Dieser Rückkanal sei ein entscheidender Vorteil, hebt Eigenthaler hervor: "Anonyme Papierbriefe konnte früher niemand weiterbearbeiten, wenn da nichts dabeistand. Aber jetzt kann man auch anonym den Dialog anfangen und gegebenenfalls nachhaken."
Natürlich werde es auch falsche Anzeigen geben, aber das sei auch schon immer so gewesen, sagt Eigenthaler. "Wenn nichts dran ist – und das wissen die Fachleute sehr schnell, ob was dran ist oder nicht – dann wandern die Dinge in den Papierkorb", vertraut er auf die Kompetenz der Mitarbeiter im Finanzamt: "Wenn das habhafte Sachen sind, dicke Fische, dann muss die Steuerfahndung eingeschaltet werden."
Das sei schließlich die Aufgabe der Finanzverwaltung: "Das ist ein gesetzlicher Auftrag, Steuerstraftaten zu entdecken und Justiz zuzuführen. Das ist keine Frage der Beliebigkeit."
(mfu)