Hinweis auf Opel-Insolvenz "nicht zweckmäßig"
Solange Verhandlungen mit potenziellen Investoren bei Opel laufen, sollte nach Ansicht des Vorsitzenden der CDU/CSU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, Josef Schlarmann, nicht über eine Insolvenz des Autobauers diskutiert werden. Schlarmann geht damit auf Distanz zu Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der eine solche Option ins Spiel gebracht hat.
Gabi Wuttke: Eine geordnete Insolvenz für Opel, die Überlegung von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg von der CSU lässt der SPD die Haare zu Berge stehen, genau wie den christdemokratischen Ministerpräsidenten der betroffenen Werke in Bochum und Rüsselsheim.
Josef Schlarmann ist jetzt am Telefon. Er ist der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU. Guten Morgen!
Josef Schlarmann: Guten Morgen, Frau Wuttke.
Wuttke: Finden Sie die Idee einer Insolvenz auch abwegig?
Schlarmann: Sie ist eine der Möglichkeiten, die unsere Rechtsordnung für die Restrukturierung von Betrieben lässt. Insofern kann man sie nicht als abwegig bezeichnen. Es ist allerdings die Frage zu stellen, ob im jetzigen Verfahren der Verhandlungen der Hinweis auf die Möglichkeit einer Insolvenz zweckmäßig ist.
Wuttke: Das heißt, stehen Sie auf Seiten der Bundeskanzlerin, oder mal wieder gegen sie?
Schlarmann: Das ist jetzt eine Frage, wie man am besten verfährt. Es geht ja nicht um etwas grundsätzlich Ordnungspolitisches, sondern hier stellt sich die Frage, ob in diesem Zeitpunkt der Verhandlungen der Hinweis auf das Insolvenzverfahren zweckmäßig ist. Es werden ja Verhandlungen mit verschiedenen Investoren geführt und so wie ich das verstanden habe, werden die bearbeiteten und vorgelegten Konzepte nicht als von Vornherein unzumutbar oder unmöglich bezeichnet. Solange die Verhandlungen laufen, würde ich den Hinweis auf das Insolvenzverfahren nicht machen.
Wuttke: So oder so, es geht um Milliarden und um mehr als drei Milliarden geht es auch, wenn zutrifft, was die "Frankfurter Rundschau" heute meldet, dass sich die Fraktionschefs von Union und SPD darauf verständigt haben, die Umsatzsteuer für kleinere Unternehmen zu senken. Das, Herr Schlarmann, wäre ja ein Punktsieg für Sie.
Schlarmann: Das ist eine in der Tat erfreuliche Nachricht. Wir fordern nun schon seit längerem, dass für die personalintensiven Dienstleistungen etwas getan werden muss. Dort haben wir ja eine Art Doppelbesteuerung. Die Löhne werden mit hohen Steuern und Sozialabgaben belegt und gleichzeitig wird darauf noch mal der volle Mehrwertsteuersatz berechnet. Das ist auch gerade in Grenzgebieten gegenüber ausländischen Dienstleistern ein ganz eklatanter Wettbewerbsnachteil, der vor allem die Gastronomie betrifft. Insofern ist es in der Tat eine schöne Nachricht, die Sie mir gerade gebracht haben.
Wuttke: Ja, aber wohin, frage ich jetzt mal nach, soll das noch führen? Kriegt jetzt jeder Zugeständnisse aus der Wirtschaft, der "hier!" ruft?
Schlarmann: Nein. Das ist natürlich nicht möglich und da gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Es kann nicht so sein, dass derjenige, der wirtschaftliche Schwierigkeiten hat - ich nenne nur mal den Namen Arcandor -, dann sich mit den unternehmerischen Möglichkeiten gar nicht mehr beschäftigt, sondern gleich nach Staatshilfe ruft. Es muss umgekehrt sein. Jeder Unternehmer ist zunächst mal für sich und sein Unternehmen verantwortlich. Verschulden im Management muss der Unternehmer ausbügeln und tragen. Aber bei den personalintensiven Dienstleistungen haben wir eine Gesetzgebung, die unsere Unternehmer in Deutschland gegenüber ausländischen Unternehmern benachteiligt, und zur Marktwirtschaft gehört auch eine gerechte Wettbewerbsordnung. Wir dürfen auch nicht dulden, dass der Staat durch unterschiedliche Belastungen die Wettbewerbsverhältnisse verzerrt.
Wuttke: Sie sind kein Freund von Krediten, Bürgschaften, Garantien, aber Sie haben immer für Steuersenkungen getrommelt. Möglicherweise haben Sie ja jetzt diesen Punktsieg errungen. Aber Steuersenkungen erhöhen die Neuverschuldung, Herr Schlarmann. Können Sie mir vorrechnen, wovon wir eigentlich die sozialen Folgen dieser Krise finanzieren sollen?
Schlarmann: Das ist richtig, dass natürlich mit allen Vorschlägen fiskalischer Art, die jetzt kommen, auch die Frage nach der Konsolidierung der Staatshaushalte gestellt werden muss. Aber was Steuersenkungen angeht, muss man ja unterscheiden, auch was die Reihenfolge angeht. Man darf Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Es gibt Stimmen, die sagen, erst wenn wir wieder Wirtschaftswachstum haben, können die Steuern gesenkt werden. Nach meiner Meinung wird umgekehrt ein Schuh daraus. Die Steuersenkungen führen zu Wirtschaftswachstum, so dass ich zunächst den Schritt machen muss, an ganz bestimmten Stellen, um Leistungsanreize zu setzen, die Steuern zu senken, und dann kann ich in der zweiten Phase mit Wirtschaftswachstum rechnen, das dann zu mehr Steuern führt, so dass sich bei dieser Ursachenwirkung hätte die Steuersenkung von selbst finanziert.
Wuttke: Damit rechnen Sie, aber sicher ist überhaupt nichts. Worauf ich hinaus will ist die Verantwortlichkeit. War die Lehman-Pleite das Ende des Generationenvertrages in Deutschland?
Schlarmann: Das glaube ich nicht, weil wir ja im Unterschied zu den Amerikanern ein anderes Sicherungssystem haben. Unsere Rente ist umlagefinanziert, während die Amerikaner ja ein kapitalgedecktes Verfahren haben. Das Umlageverfahren hat sich in der Krise als das bessere Verfahren herausgestellt. Was wir nur brauchen ist eine wachsende Wirtschaft mit guten Arbeitsplätzen, die in der Lage sind, das was wir für die Rente brauchen auch zu verdienen.
Wuttke: Aber bei der Neuverschuldung, die jetzt schon für die nächsten vier Jahre avisiert worden ist, kommen wir doch jenseits der Rente aus den Belastungen überhaupt nicht heraus. Das geht bis in die Generation. Wir können uns das doch gar nicht mehr leisten.
Schlarmann: Da gebe ich Ihnen auch wieder Recht. Zunächst mal müssen wir sehen, dass die Verpflichtung, die jetzt der Bund eingegangen ist, nicht zu einer horrenden Ausgabenorgie führt. Vieles sind ja Bürgschaften und noch nicht Ausgaben. Aber wenn aus den Bürgschaften Ausgaben werden, dann droht in der Tat diese fiskalische Pleite, von der Sie gesprochen haben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir jetzt bei all den Anträgen auf staatliche Bürgschaften sehr genau an den Kriterien festhalten, die der Gesetzgeber gelegt hat, und dazu gehört zum Beispiel, dass nur solchen Unternehmen geholfen wird, die durch die Finanzkrise in Schwierigkeiten kommen. Wir dürfen nicht Unternehmen unter die Arme greifen, die sich sowieso in Schwierigkeiten befinden, weil es auf dem Markt Überkapazitäten gibt, oder weil Managementfehler gemacht worden sind.
Wuttke: Bloß kein Gießkannensystem, sagt der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU, Josef Schlarmann, im Interview in Deutschlandradio Kultur. Herr Schlarmann, besten Dank.
Schlarmann: Vielen Dank, Frau Wuttke.
Josef Schlarmann ist jetzt am Telefon. Er ist der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU. Guten Morgen!
Josef Schlarmann: Guten Morgen, Frau Wuttke.
Wuttke: Finden Sie die Idee einer Insolvenz auch abwegig?
Schlarmann: Sie ist eine der Möglichkeiten, die unsere Rechtsordnung für die Restrukturierung von Betrieben lässt. Insofern kann man sie nicht als abwegig bezeichnen. Es ist allerdings die Frage zu stellen, ob im jetzigen Verfahren der Verhandlungen der Hinweis auf die Möglichkeit einer Insolvenz zweckmäßig ist.
Wuttke: Das heißt, stehen Sie auf Seiten der Bundeskanzlerin, oder mal wieder gegen sie?
Schlarmann: Das ist jetzt eine Frage, wie man am besten verfährt. Es geht ja nicht um etwas grundsätzlich Ordnungspolitisches, sondern hier stellt sich die Frage, ob in diesem Zeitpunkt der Verhandlungen der Hinweis auf das Insolvenzverfahren zweckmäßig ist. Es werden ja Verhandlungen mit verschiedenen Investoren geführt und so wie ich das verstanden habe, werden die bearbeiteten und vorgelegten Konzepte nicht als von Vornherein unzumutbar oder unmöglich bezeichnet. Solange die Verhandlungen laufen, würde ich den Hinweis auf das Insolvenzverfahren nicht machen.
Wuttke: So oder so, es geht um Milliarden und um mehr als drei Milliarden geht es auch, wenn zutrifft, was die "Frankfurter Rundschau" heute meldet, dass sich die Fraktionschefs von Union und SPD darauf verständigt haben, die Umsatzsteuer für kleinere Unternehmen zu senken. Das, Herr Schlarmann, wäre ja ein Punktsieg für Sie.
Schlarmann: Das ist eine in der Tat erfreuliche Nachricht. Wir fordern nun schon seit längerem, dass für die personalintensiven Dienstleistungen etwas getan werden muss. Dort haben wir ja eine Art Doppelbesteuerung. Die Löhne werden mit hohen Steuern und Sozialabgaben belegt und gleichzeitig wird darauf noch mal der volle Mehrwertsteuersatz berechnet. Das ist auch gerade in Grenzgebieten gegenüber ausländischen Dienstleistern ein ganz eklatanter Wettbewerbsnachteil, der vor allem die Gastronomie betrifft. Insofern ist es in der Tat eine schöne Nachricht, die Sie mir gerade gebracht haben.
Wuttke: Ja, aber wohin, frage ich jetzt mal nach, soll das noch führen? Kriegt jetzt jeder Zugeständnisse aus der Wirtschaft, der "hier!" ruft?
Schlarmann: Nein. Das ist natürlich nicht möglich und da gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Es kann nicht so sein, dass derjenige, der wirtschaftliche Schwierigkeiten hat - ich nenne nur mal den Namen Arcandor -, dann sich mit den unternehmerischen Möglichkeiten gar nicht mehr beschäftigt, sondern gleich nach Staatshilfe ruft. Es muss umgekehrt sein. Jeder Unternehmer ist zunächst mal für sich und sein Unternehmen verantwortlich. Verschulden im Management muss der Unternehmer ausbügeln und tragen. Aber bei den personalintensiven Dienstleistungen haben wir eine Gesetzgebung, die unsere Unternehmer in Deutschland gegenüber ausländischen Unternehmern benachteiligt, und zur Marktwirtschaft gehört auch eine gerechte Wettbewerbsordnung. Wir dürfen auch nicht dulden, dass der Staat durch unterschiedliche Belastungen die Wettbewerbsverhältnisse verzerrt.
Wuttke: Sie sind kein Freund von Krediten, Bürgschaften, Garantien, aber Sie haben immer für Steuersenkungen getrommelt. Möglicherweise haben Sie ja jetzt diesen Punktsieg errungen. Aber Steuersenkungen erhöhen die Neuverschuldung, Herr Schlarmann. Können Sie mir vorrechnen, wovon wir eigentlich die sozialen Folgen dieser Krise finanzieren sollen?
Schlarmann: Das ist richtig, dass natürlich mit allen Vorschlägen fiskalischer Art, die jetzt kommen, auch die Frage nach der Konsolidierung der Staatshaushalte gestellt werden muss. Aber was Steuersenkungen angeht, muss man ja unterscheiden, auch was die Reihenfolge angeht. Man darf Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Es gibt Stimmen, die sagen, erst wenn wir wieder Wirtschaftswachstum haben, können die Steuern gesenkt werden. Nach meiner Meinung wird umgekehrt ein Schuh daraus. Die Steuersenkungen führen zu Wirtschaftswachstum, so dass ich zunächst den Schritt machen muss, an ganz bestimmten Stellen, um Leistungsanreize zu setzen, die Steuern zu senken, und dann kann ich in der zweiten Phase mit Wirtschaftswachstum rechnen, das dann zu mehr Steuern führt, so dass sich bei dieser Ursachenwirkung hätte die Steuersenkung von selbst finanziert.
Wuttke: Damit rechnen Sie, aber sicher ist überhaupt nichts. Worauf ich hinaus will ist die Verantwortlichkeit. War die Lehman-Pleite das Ende des Generationenvertrages in Deutschland?
Schlarmann: Das glaube ich nicht, weil wir ja im Unterschied zu den Amerikanern ein anderes Sicherungssystem haben. Unsere Rente ist umlagefinanziert, während die Amerikaner ja ein kapitalgedecktes Verfahren haben. Das Umlageverfahren hat sich in der Krise als das bessere Verfahren herausgestellt. Was wir nur brauchen ist eine wachsende Wirtschaft mit guten Arbeitsplätzen, die in der Lage sind, das was wir für die Rente brauchen auch zu verdienen.
Wuttke: Aber bei der Neuverschuldung, die jetzt schon für die nächsten vier Jahre avisiert worden ist, kommen wir doch jenseits der Rente aus den Belastungen überhaupt nicht heraus. Das geht bis in die Generation. Wir können uns das doch gar nicht mehr leisten.
Schlarmann: Da gebe ich Ihnen auch wieder Recht. Zunächst mal müssen wir sehen, dass die Verpflichtung, die jetzt der Bund eingegangen ist, nicht zu einer horrenden Ausgabenorgie führt. Vieles sind ja Bürgschaften und noch nicht Ausgaben. Aber wenn aus den Bürgschaften Ausgaben werden, dann droht in der Tat diese fiskalische Pleite, von der Sie gesprochen haben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir jetzt bei all den Anträgen auf staatliche Bürgschaften sehr genau an den Kriterien festhalten, die der Gesetzgeber gelegt hat, und dazu gehört zum Beispiel, dass nur solchen Unternehmen geholfen wird, die durch die Finanzkrise in Schwierigkeiten kommen. Wir dürfen nicht Unternehmen unter die Arme greifen, die sich sowieso in Schwierigkeiten befinden, weil es auf dem Markt Überkapazitäten gibt, oder weil Managementfehler gemacht worden sind.
Wuttke: Bloß kein Gießkannensystem, sagt der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU, Josef Schlarmann, im Interview in Deutschlandradio Kultur. Herr Schlarmann, besten Dank.
Schlarmann: Vielen Dank, Frau Wuttke.