Hingabe bis zur Selbstaufgabe
Als Carl St. Clair überraschend seinen Rücktritt vom Amt als Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin erklärte, machte Intendant Andreas Homoki den 29-jährigen Kapellmeister der Oper zum Nachfolger. Mit Wagners "Meisteringer von Nürnberg" gibt Patrick Lange seinen Einstand als Chefdirigent.
Probe in der komischen Oper Berlin. Es ist eine der letzten vor der Premiere der "Meistersinger". Patrick Lange in Streifenhemd und Jeans am Pult im Orchestergraben, führt seinen Dirigierstab mit großen, runden Bewegungen, zeigt Einsätze, auch mit der anderen Hand, lädt seine Musiker mit einem Lächeln zum Spielen ein:
"Wir haben 112 Musiker – die sitzen niemals alle im Graben, das wechselt immer wieder durch, ich hab eine Probe und dann sitzen da beim nächsten Mal wieder andere Leute, in den verschiedenen Positionen. Und das ist natürlich etwas, wo man am Anfang etwas wahnsinnig wird, weil man sich immer wieder einstellen muss, alles immer wieder auf den Punkt bringen muss – aber andererseits ist das auch toll, denn jeder einzelne hat wieder andere Qualitäten. Meistens, wenn ich vor das Orchester trete sehe ich dann erst wer spielt."
Patrick Lange muss unter einem guten Stern geboren sein. Hell, strahlend wirkt er – helle Haare und Haut, hellblaue Augen im weichen, jungenhaften Gesicht. Ob er über seinen Werdegang spricht oder über seine Arbeit – immer wieder fallen Worte wie "toll", "unglaublich", "absolut" , "Liebe", "Dankbarkeit". Nach kaum zwei Jahren als Kapellmeister der Komischen Oper Berlin, ist der 29-Jährige zum Chefdirigenten aufgestiegen. Sein Vorgänger, Carl St. Clair, hatte überraschend gekündigt. Patrick Lange übernahm von einem Tag auf den anderen die Proben für das Auftaktwerk der neuen Opernsaison. "Die Meistersinger von Nürnberg" von Richard Wagner.
"Es ist eine Riesenherausforderung, aber es ist auch eine tolle Herausforderung und ich muss sagen, ich liebe es, es ist ein tolles Stück."
Richard Wagner gehört zu seinen Lieblingskomponisten - spätestens seit er als Schüler beim Festival junger Künstler in Bayreuth mitwirken durfte, Karten für die Festspiele inklusive.
"Und ich wurde süchtig danach, auch nach dem Bayreuther Klang, insofern bedeutet mir Wagner sehr viel, ich hatte sehr viel Respekt davor, aber es macht auch sehr viel Spaß."
Patrick Lange kam im Alter von acht Jahren zu den Regensburger Domspatzen. Die hatte der Fußballfan bei einer Weihnachtsfeier im Münchner Stadion erlebt:
"Die stehen mit den Spielern auf dem Rasen drum rum 70 000 Menschen, tolle Atmosphäre , dann habe ich gesagt, Mama, Papa , da möchte ich hin – ich habe in der Tat zwei Wochen später vorgesungen und vier Wochen später war ich dann dort im Internat."
Die Eltern, der Vater Künstler, die Mutter Galeristin, ließen ihn ungern gehen. Ihn hingegen schreckte weder die Trennung von zu Hause noch der streng durchorganisierte Tagesablauf. Der Enkel eines bayerischen Bauern und Zitherspielers genoss bald die Auftritte vor großem Publikum, die Konzertreisen rund um den Globus. Sein erstes großes Vorbild wurde Georg Ratzinger. Der musste sich vor kurzem dem Vorwurf stellen, seine Schüler in den siebziger Jahren geohrfeigt zu haben. Patrick Lange hat den musikalischen Leiter der Domspatzen ganz anders erlebt:
"Was mir von Anfang an imponiert hat war diese unglaubliche Liebe und Hingabe zur Musik, die er hatte – deswegen haben wir ihn auch absolut geliebt, auch als Chorleiter – die Proben waren zwar streng , aber nichtsdestotrotz hat er alles, was er machte, mit dem ganzen Körper gemacht, mit einer Hingabe wirklich bis zur Selbstaufgabe."
Hingabe bis zur Selbstaufgabe, das trifft auch auf Patrick Lange zu. Mit zwölf Jahren war sein Berufsziel klar: Dirigent. Als er wegen des Stimmbruchs eine Zeit lang nicht singen konnte, verbrachte der Domspatz seine Nachmittage in einem Regensburger Jugendtheater und dirigierte sein erstes Musical.
"Wenn man einmal ins Theater reingeschmeckt hat, wird man süchtig danach und mich hat der Virus total befallen."
Noch vor dem Abitur pendelt der damalige Schüler regelmäßig nach Würzburg zum Dirigier-Unterricht an der Musikhochschule. Dort studiert er später auch. Um sich zu finanzieren, tritt er in professionellen Chören auf und leitet ein Studentenorchester in Passau. Das Leben gehört schon da ganz der Musik. Nach dem Diplom macht er ein Aufbaustudium in Zürich. Er assistiert beim Dirigenten Claudio Abbado und dessen weltweit renommiertem Gustav-Mahler-Jugendorchester.
Immer wieder trifft Patrick Lange, der zwar sehr gerne über seine Arbeit, aber kaum über sein aktuelles Privatleben spricht, auf Musiker, die ihn fördern. Der italienische Dirigent Nello Santi etwa. Er gibt ihm einen wichtigen Rat auf den Weg:
"Mache so jung wie möglich so viele Fehler wie möglich, denn aus jedem Fehler lernt man."
Patrick Lange pflegt als Dirigent einen partnerschaftlichen Führungsstil. Das kommt an, auch bei den älteren Musikern im Orchester der Komischen Oper. Sie respektieren ihren neuen jungen Chef – auch wegen seiner Begeisterung und seiner Ernsthaftigkeit.
"Ich arbeite sehr viel und habe den großen Vorteil, dass ich sehr gerne arbeite, mir macht es wirklich Freude, jeden Morgen in die Oper zu gehen, auch wenn es schwierig und sehr viel und Kräfte zehrend ist aber andererseits: es lohnt sich total."
"Wir haben 112 Musiker – die sitzen niemals alle im Graben, das wechselt immer wieder durch, ich hab eine Probe und dann sitzen da beim nächsten Mal wieder andere Leute, in den verschiedenen Positionen. Und das ist natürlich etwas, wo man am Anfang etwas wahnsinnig wird, weil man sich immer wieder einstellen muss, alles immer wieder auf den Punkt bringen muss – aber andererseits ist das auch toll, denn jeder einzelne hat wieder andere Qualitäten. Meistens, wenn ich vor das Orchester trete sehe ich dann erst wer spielt."
Patrick Lange muss unter einem guten Stern geboren sein. Hell, strahlend wirkt er – helle Haare und Haut, hellblaue Augen im weichen, jungenhaften Gesicht. Ob er über seinen Werdegang spricht oder über seine Arbeit – immer wieder fallen Worte wie "toll", "unglaublich", "absolut" , "Liebe", "Dankbarkeit". Nach kaum zwei Jahren als Kapellmeister der Komischen Oper Berlin, ist der 29-Jährige zum Chefdirigenten aufgestiegen. Sein Vorgänger, Carl St. Clair, hatte überraschend gekündigt. Patrick Lange übernahm von einem Tag auf den anderen die Proben für das Auftaktwerk der neuen Opernsaison. "Die Meistersinger von Nürnberg" von Richard Wagner.
"Es ist eine Riesenherausforderung, aber es ist auch eine tolle Herausforderung und ich muss sagen, ich liebe es, es ist ein tolles Stück."
Richard Wagner gehört zu seinen Lieblingskomponisten - spätestens seit er als Schüler beim Festival junger Künstler in Bayreuth mitwirken durfte, Karten für die Festspiele inklusive.
"Und ich wurde süchtig danach, auch nach dem Bayreuther Klang, insofern bedeutet mir Wagner sehr viel, ich hatte sehr viel Respekt davor, aber es macht auch sehr viel Spaß."
Patrick Lange kam im Alter von acht Jahren zu den Regensburger Domspatzen. Die hatte der Fußballfan bei einer Weihnachtsfeier im Münchner Stadion erlebt:
"Die stehen mit den Spielern auf dem Rasen drum rum 70 000 Menschen, tolle Atmosphäre , dann habe ich gesagt, Mama, Papa , da möchte ich hin – ich habe in der Tat zwei Wochen später vorgesungen und vier Wochen später war ich dann dort im Internat."
Die Eltern, der Vater Künstler, die Mutter Galeristin, ließen ihn ungern gehen. Ihn hingegen schreckte weder die Trennung von zu Hause noch der streng durchorganisierte Tagesablauf. Der Enkel eines bayerischen Bauern und Zitherspielers genoss bald die Auftritte vor großem Publikum, die Konzertreisen rund um den Globus. Sein erstes großes Vorbild wurde Georg Ratzinger. Der musste sich vor kurzem dem Vorwurf stellen, seine Schüler in den siebziger Jahren geohrfeigt zu haben. Patrick Lange hat den musikalischen Leiter der Domspatzen ganz anders erlebt:
"Was mir von Anfang an imponiert hat war diese unglaubliche Liebe und Hingabe zur Musik, die er hatte – deswegen haben wir ihn auch absolut geliebt, auch als Chorleiter – die Proben waren zwar streng , aber nichtsdestotrotz hat er alles, was er machte, mit dem ganzen Körper gemacht, mit einer Hingabe wirklich bis zur Selbstaufgabe."
Hingabe bis zur Selbstaufgabe, das trifft auch auf Patrick Lange zu. Mit zwölf Jahren war sein Berufsziel klar: Dirigent. Als er wegen des Stimmbruchs eine Zeit lang nicht singen konnte, verbrachte der Domspatz seine Nachmittage in einem Regensburger Jugendtheater und dirigierte sein erstes Musical.
"Wenn man einmal ins Theater reingeschmeckt hat, wird man süchtig danach und mich hat der Virus total befallen."
Noch vor dem Abitur pendelt der damalige Schüler regelmäßig nach Würzburg zum Dirigier-Unterricht an der Musikhochschule. Dort studiert er später auch. Um sich zu finanzieren, tritt er in professionellen Chören auf und leitet ein Studentenorchester in Passau. Das Leben gehört schon da ganz der Musik. Nach dem Diplom macht er ein Aufbaustudium in Zürich. Er assistiert beim Dirigenten Claudio Abbado und dessen weltweit renommiertem Gustav-Mahler-Jugendorchester.
Immer wieder trifft Patrick Lange, der zwar sehr gerne über seine Arbeit, aber kaum über sein aktuelles Privatleben spricht, auf Musiker, die ihn fördern. Der italienische Dirigent Nello Santi etwa. Er gibt ihm einen wichtigen Rat auf den Weg:
"Mache so jung wie möglich so viele Fehler wie möglich, denn aus jedem Fehler lernt man."
Patrick Lange pflegt als Dirigent einen partnerschaftlichen Führungsstil. Das kommt an, auch bei den älteren Musikern im Orchester der Komischen Oper. Sie respektieren ihren neuen jungen Chef – auch wegen seiner Begeisterung und seiner Ernsthaftigkeit.
"Ich arbeite sehr viel und habe den großen Vorteil, dass ich sehr gerne arbeite, mir macht es wirklich Freude, jeden Morgen in die Oper zu gehen, auch wenn es schwierig und sehr viel und Kräfte zehrend ist aber andererseits: es lohnt sich total."