Himmlische Gemüsezucht

Tomaten sollen bald im All wachsen

Gewächshaus für das All: LED-Licht wird für Augentierchen und Tomatensamen einen Tag- und Nachtrhythmus liefern.
Gewächshaus für das All: LED-Licht wird für die Tomatenpflanzen einen Tag- und Nachtrhythmus liefern. © DLR
Von Dirk Lorenzen · 27.11.2018
Mit seiner Eu:Cropis-Mission will das Deutsche Raumfahrtzentrum DLR den Pflanzenanbau unter Mond- und Mars-Gravitation testen. Das Projekt ist ein wichtiger Schritt für Langzeit-Missionen im All. Außer frischem Gemüse entsteht auch Sauerstoff.
Weißer Kittel, Haarhaube, Überschuhe: Wer in den Satelliten-Reinraum will, braucht die richtige Schutzkleidung – damit sich kein Schmutz auf den kostbaren Objekten niederschlägt.
"Wir sind hier in der Integrationshalle vom Institut für Raumfahrtsysteme vom DLR. Was Sie sehen, ist der Integrationsplatz für den DLR-Kompaktsatelliten."
Hartmut Müller leitet die Mission von Eu:Cropis. Dieser Satellit ist in der Tat kompakt: Beim Start hat er die Ausmaße eines Würfels mit einem Meter Kantenlänge. Im All klappen dann nach vier Seiten die Solarzellenflächen aus und versorgen ihn mit Strom. Im Innern des Satelliten befinden sich zwei Gewächshäuser.
"Wir werden Tomaten wachsen lassen. Wir werden das Experiment über Kameras überwachen und Tomaten sind sehr gut aufzunehmen und der Wachstumsprozess ist sehr gut zu erfolgen. Und sie sind sehr pflegeleicht. Wir werden als Düngemittel künstlichen Urin mit an Bord haben."

Nach dem Start ins All werden die Tomatensamen regelmäßig mit Nährflüssigkeit bewässert. LED-Leuchten sorgen für einen Tag- und Nachtrhythmus wie auf der Erde. Mag die himmlische Tomatenzucht zunächst nach einer eher abstrusen Idee klingen, so hat dieses Projekt einen weitreichenden Hintergrund:
"Wir wollen ein geschlossenes Lebenserhaltungssystem testen, was das Ziel hat, aus Abfallstoffen Lebensmittel und atembare Atmosphäre zu gewinnen. Dieses Experiment ist auf der Erde schon getestet worden. Wir wollen mit dem Satelliten nachweisen, dass wir das im Langzeitbetrieb, mindestens sechs Monate, auch unter Gravitationsbedingungen auf dem Mond und auf dem Mars betreiben können."
Darstellung des Satelliten Eu:Cropis des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Er wird zwei Gewächshäuser im All unter Mond- und Marsbedingungen betreiben.
Der Satellit Eu:Cropis des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt wird zwei Gewächshäuser im All unter Mond- und Marsbedingungen betreiben.© DLR

Eu:Cropis soll auf einer 600 Kilometer hohen Bahn um die Erde laufen – und sich ständig drehen. Sechs Monate simuliert der Satellit so die Anziehungskraft des Mondes. Beim Einsatz des zweiten Mini-Gewächshauses dreht sich der Satellit so schnell, dass an Bord Marsbedingungen herrschen.
Wissenschaftler stehen um das Eu:Cropis-Gewächshaus.
Urin wird recycelt, Sauerstoff entsteht - und Tomaten wachsen: Beim Eu:Cropis-Projekt soll ein Habitat im All entstehen.© DLR
Zahlreiche Kamerabilder und Messdaten zeigen den Forschern am Boden, ob die himmlischen Tomaten gedeihen. Sollte sich Eu:Cropis bewähren, könnten künftige Missionen zum Mond oder zum Mars den Urin der Menschen an Bord nutzen, um Sauerstoff und Lebensmittel herzustellen.
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