Hilfe für Guantanamo

Von Michael Groth, Deutschlandradio Hauptstadtstudio |
Sollte Präsident Obama darum bitten, Häftlinge aus Guantanamo aufzunehmen, darf sich Deutschland nicht verweigern. Das Gefangenenlager auf Kuba ist seit Jahren die Achillesferse des Westens, wenn es um Menschenrechtsfragen geht.
Wo Nationalität, Stammeszugehörigkeit, oder schlicht das Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, dazu führen, festgehalten zu werden, jahrelang und manches Mal ohne Anklage, wo überdies gefoltert wird um an Informationen oder Geständnisse zu gelangen, da hat der Rechtsstaat abgedankt.

Obamas Ankündigung, Guantanamo zu schließen, ist mehr als eine Geste. Es ist der Hinweis auf eine grundsätzliche Wende. Mit militärischen Mitteln allein lassen sich demokratische Verhältnisse eben nicht herstellen. Wenn die neue Regierung in Washington nun auf "soft power" setzt, also Diplomatie, Dialog, auch auf Entwicklungshilfe, dann erfüllt sie Forderungen, die hierzulande schon lange gestellt werden.

Die transatlantische Transparenz, auf die man nun in Berlin wartet, erfordert Antworten. Wer an den Entscheidungen der Weltmacht USA beteiligt sein will, der muss bereit sein zur Mitarbeit. Die Aufnahme einiger Uiguren wäre ein Zeichen.

Außenminister Steinmeier hat das erkannt. Obama wird sehr genau registrieren, wer ihm hilft. Der Präsident bewegt sich im eigenen Land auf glattem Gelände, wenn es um die Abwehr von Terror geht. Was mit den demnächst Entlassenen geschieht, ist auch ein Test für den Neuen im Weißen Haus. Der Verweis auf internationale Solidarität in der Guantanamo-Frage wäre notwendig.

Deutschland sollte vor allem aus humanitären Gründen in der ersten Reihe stehen. Etlichen Gefangenen winkt die Auslieferung in ihre Heimatländer. Einem Uiguren, der unter Terrorverdacht steht und nach China verbracht wird, aber droht Verfolgung, wahrscheinlich auch Folter.

Statt sich zu sperren, könnte Innenminister Schäuble sich in Brüssel für eine europäische Lösung einsetzen. Im Fall der irakischen Christen ist das ja auch gelungen. Und ob durch einige wenige, die aus Guantanamo den Weg nach Deutschland finden, hierzulande die Terrorgefahr wächst, das darf man bezweifeln. Jeder, der kommt, davon ist auszugehen und das ist auch richtig, wird scharf beobachtet.

In Afghanistan ist es der internationalen Gemeinschaft gelungen, die USA zu überzeugen: Erfolg hat nur der, der neben der Waffe auch das Gespräch und den guten Willen einsetzt. Deutsche Militärs in der Region und deutsche Politiker haben dazu beigetragen, dass dies schließlich sogar die Verantwortlichen der Bush-Administration einsahen.

Die Debatte um die richtige Strategie am Hindukusch ist damit nicht beendet. Die Koalition sollte sich auf schwierige Verhandlungen mit dem neuen Präsidenten und seinen Sicherheitsfachleuten einstellen.

Wenn sie Obama dabei in Sachen Guantanamo entgegenkommt, kann das in dieser - weitaus wichtigeren Frage - nur helfen. Es geht nicht zuletzt um unsere Glaubwürdigkeit.