Hilary Hahn und das ORF-Symphonieorchester

Pränatales Hörerlebnis

Die Geigerin Hilary Hahn
Die Geigerin Hilary Hahn © Peter Miller/DSO
18.08.2015
Hilary Hahn gehört zu den bedeutendsten Streicher-Solisten unserer Zeit und ist seit zwei Jahrzehnten Dauergast auf den großen Podien der Musikwelt. Nun zieht sie sich für eine Weile zurück – wir dokumentieren ihr letztes Konzert vor der Babypause.
Kurz nach ihrer überragenden Darbietung von Beethovens Violinkonzert mit dem DSO Berlin unter Leonard Slatkin im vergangenen Mai in Berlin reiste Hilary Hahn nach Wien und beglückte das dortige Publikum mit der „Schottischen Fantasie" von Max Bruch. Cornelius Meister und das ORF Radio-Symphonieorchester Wien stellten dem aparten Werk die monumentale 9. Sinfonie von Gustav Mahler gegenüber.
Bruch und Mahler werden beide der Romantik zugerechnet, aber wie wenig können die Kontraste dieses Programms durch ein solches Schlagwort unter einen Hut gebracht werden! Ebenso wenig Gemeinsamkeiten fördert die Feststellung zutage, dass sich beide von volksmusikalischen Charakteren anregen ließen: Max Bruch im Falle seiner "Schottischen Fantasie" von Liedern aus Schottland, das er nie bereist hat - Gustav Mahler in seiner 9. Sinfonie wiederum von Ländlern aus Österreich, wo er zum Zeitpunkt des Komponierens eigentlich nicht mehr lebte.
Das Programm des heutigen Konzertabends, das ebenfalls im vergangenen Mai im Rahmen der Wiener Festwochen stattfand, bezieht seine Spannung aus der freiwilligen Fantasiereise Bruchs nach Schottland und der unfreiwilligen realen Reise Mahlers in die USA, wohin er aus Wien vor einer antisemitisch grundierten Kampagne geflohen war. Aus New York kehrte er in den letzten Sommern vor seinem Tod für jeweils einige Wochen nach Südtirol zurück, um dort – bereits von Krankheit gezeichnet – das „Lied von der Erde", die Neunte Sinfonie sowie das Fragment der Zehnten Sinfonie zu schreiben, allesamt Werke, die Abschied und Tod mal offen, mal verborgen thematisieren, aber auch Werke, die nie ohne einen Schimmer der Hoffnung verdämmern.
Wiener Konzerthaus
Aufzeichnung vom 21. Mai 2015
Max Bruch
Fantasie für Violine mit Orchester und Harfe unter freier Benutzung schottischer Volksmelodien Es-Dur op. 46
Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 9 D-Dur
Hilary Hahn, Violine
ORF Radio-Symphonieorchester Wien
Leitung: Cornelius Meister