Hightech in der Rosenzucht

Von Stephanie Kowalewski |
Dank moderner Technik gibt sind Rosen zu jeder Jahreszeit zu haben. Heutige Gewächshäuser ähneln einer Konstruktionshalle der Automobilindustrie. Dort füllen Computer gesteuerte Maschinen Blumentöpfe mit Erde, pflanzen Rosen und bewässern sie in einer voll klimatisierten Halle.
Unsere Vorstellung vom Gärtner, der samt Strohhut und grüner Schürze die Rosen im Beet stutzt, ist antiquarisch. Große Gärtnereien sind heute Pflanzenproduktionsstätten die dank modernster Technik Blumen quasi am laufenden Band erzeugen. Einer der technisiertesten Betriebe in Deutschland ist im niederrheinischen Grefrath zu Hause. Beim Gartenbaubetrieb Koster werden auf circa 30.000 Quadratmeter Gewächshausfläche pro Jahr fünf Millionen Rosen gezüchtet.

„Die Produktion beginnt, dass die Erde automatisch über Förderbänder in die Topfmaschine kommt. Von dort aus werden die Töpfe automatisch befüllt mit der Erde, mit Wasser übersprüht. Und dann kommt eine angeschlossene Maschine mit vier Modulen, die dann die Stecklinge in den Topf steckt.“

Karsten Ferfers betreibt die Gärtnerei gemeinsam mit seiner Frau. Sie hat den grünen Daumen, er den heißen Draht zur Technik.

„Das ist also die Maschine, wo Eisenklemmen, kann man sagen, in der Maschine laufen. In diese Klemmen werden die Triebe, die vorher von den Pflanzen abgeschnitten wurden, eingelegt und laufen dann in diese vier verschiedenen Module, wo durch visuelle Kameraerkennung die Position der Triebe erkannt wird und ein Roboter kommt dann und schneidet den Steckling und steckt den anschließend in den Topf. Das ist dieser Steckroboter? Oder wie heißt der genau? Schneide-Steck-Roboter heißt der genau und der nennt sich Rombomatic. Ist entwickelt von drei Kollegen aus Holland, Dänemark und von uns.“

Rombomatic ist preisgekrönt, denn im vergangenen Jahr erhielt Karsten Ferfers für die vollautomatische Pflanzmaschine den Innovationspreis Gartenbau.

Trotz der eher grob wirkenden Eisenklemmen händelt Rombomatic die zarten Stecklinge äußerst vorsichtig. Mit Hilfe einer entsprechenden Software weiß der Roboter, welche Rosensorte er gerade bearbeitet, er vermisst die Triebe, erkennt die besten Schnittstellen und stutzt sie auf die optimale Länge.

„In jeden Topf kommen vier Stecklinge. Etwa 800 bis 1000 Töpfe pro Stunde durchlaufen diese Maschine. Und das 16 Stunden am Tag.“

Die Töpfe verlassen den Pflanzroboter auf einem Laufband, sammeln sich in Reih und Glied bis 15 Stück beisammen sind. Ein Greifarm hebt sie hoch und setzt sie auf einen großen Aluminiumtisch.

„Dann geht der Arm zurück und wartet auf die nächsten 15 Töpfe. Das ist eine richtige Produktionsstraße. So kann man das sagen. Wenn der Tisch nämlich voll ist mit circa 600 Töpfen, dann geht der ganze Tisch auch wieder automatisch weiter in die nächste Abteilung wo dann Nebel und hohe Luftfeuchtigkeit herrschen und eine hohe Temperatur, damit diese Pflanzen, die ja bis jetzt nur aus einem Stiel und einem Blatt bestehen, Wurzeln bekommen.“

In der Gärtnerei Koster scheinen die großen Aluminiumtische, auf denen die Töpfe während des Wachstums stehen, ein Eigenleben zu haben. Selbständig fahren sie auf einer Art Schienensystem durch die verschiedenen Bereiche des Betriebes, scheren aus der einen Reihe aus um sich in eine andere einzufügen. Alles ganz alleine – kein Mensch weit und breit.

„An den Straßen, auf denen die Tische laufen, sind die Photozellen montiert, die quasi den Tisch erkennen. Wenn also eine Photozelle besetzt ist, dann kann das das Zeichen dafür sein, dass eine Schranke aufgehen muss, damit der Tisch weiterfahren kann, oder – wenn sie frei ist, dass ein neuer Tisch nachgesetzt werden muss.“

So kommen die Pflanzen zu den Mitarbeitern, die nun keine langen Wege durch die Gewächshäuser mehr zurücklegen müssen. Das spart Zeit und Personal. Bei Koster produzieren etwa 40 Mitarbeiter und Aushilfen fünf Millionen Topfrosen im Jahr. Solch hohe Stückzahlen lassen sich nur durch den hohen Grad an Technisierung noch wirtschaftlich kultivieren, sagt Karsten Ferfers. Auch Otto Domke, Technikberater der Gärtnereien in Nordrhein-Westfalen, hält die Automatisierung im Gartenbau für notwendig.

„Es werden sehr hohe Qualitätsanforderungen gestellt, der Gärtner darf sich praktisch keine Fehler mehr erlauben. Das heißt, er muss Hightech einsetzten, um überhaupt fehlerfrei die Kultur durchzubekommen.“

Solch eine Kultur biegt hier gerade auf dem Selbstfahrertisch in die Jungpflanzenabteilung ab. Hier werden die jungen Rosen geschnitten, damit sie einen dichteren Wuchs bekommen. Dazu fährt der komplette Tisch unter einer Art großen Heckenschere hindurch.

„Und diese Heckenschere schneidet dann den ganzen Tisch in einer gewissen Höhe, die vorher digital eingestellt wird, ab und das Material, was oben abgeschnitten wird, wird aufgefangen.“

Und landet wieder bei der vollautomatischen Pflanzmaschine Rombomatic. Die frisch rasierten Rosenbüsche stehen jetzt noch dich gedrängt nebeneinander.

„Damit die nicht nur nach oben wachsen, sondern auch in die Breite, werden die dann auf Abstand gesetzt. Das passiert wieder mit einer anderen Maschine, die auf der einen Seite diese Reihe Töpfe aufnimmt vom Tisch und auf einem neuen Tisch mit einem größeren Abstand wieder absetzt.“

Damit die Pflanzen prächtig gedeihen brauchen sie aber nicht nur ausreichend Abstand voneinander. Es kommt auch auf die richtige Mischung aus Luft, Licht und Schatten an. Sensoren messen deshalb den Lichteinfall, die Luftfeuchte, die Windstärke und, und, und.

„Dadurch öffnen zum Beispiel die Fenster, oder schließen, durch Regen- und Windmessung. Sobald die Strahlung eine gewisse Marke von Watt pro Quadratmeter überschreitet geht die Schattierung zu, damit die Pflanzen nicht verbrennen und wenn es eine gewisse Strahlung unterschreitet, dann geht das Licht an und macht eine gewisse Zusatzbeleuchtung. Alles geht automatisch über einen Computer im Prinzip. Das ist der Klimacomputer. Das ist eigentlich das Herzstück des Ganzen.“

Der Klimacomputer sorgt während des etwa zehnwöchigen Produktionsprozesses stets für die Atmosphäre, die die Rosen für ein optimales Wachstum brauchen, sagt Technikberater Otto Domke.

„Es erfordert also sehr viel Wissen, aber gärtnerisches Wissen. Nicht das Computerwissen ist wichtig, sondern: was braucht die Pflanze, wie regiert die Pflanze. Nix mehr mit Strohhut und Schürze, sondern er muss wirklich Profi in Form dieser Klimagrößen und Pflanzen sein."“