Hering rügt Informationspolitik der Bundesregierung
Der Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz, Hendrik Hering, hat sich bei der Rettung der Opel-Werke für eine gemeinsame Verhandlungsposition von Bund und Ländern ausgesprochen. Zugleich kritisierte der SPD-Politiker, dass bereits aus ersten Gesprächen des Bundeswirtschaftsministers Karl-Theodor zu Guttenberg mit Investoren Informationen an die Öffentlichkeit gelangt seien.
Gabi Wuttke: Schluss für das Opel-Motorenwerk in Kaiserslautern, wenn Fiat die Chance zum Einstieg bekommt – so versteht der Bundeswirtschaftsminister das gestern vorgelegte Konzept des italienischen Autobauers. Auch der Standort Kaiserslautern würde erhalten bleiben, allerdings müsste die Belegschaft insgesamt verringert werden, widerspricht Fiat-Vorstandschef Marchionne heute in der „Bild-Zeitung“. Ja, wie denn nun? Der Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz, Hendrik Hering von der SPD, ist jetzt am Telefon. Guten Morgen!
Hendrik Hering: Guten Morgen, Frau Wuttke!
Wuttke: Wie verstehen Sie den Fiat-Plan?
Hering: Uns wurde gestern mitgeteilt, dass sich aus den Gesprächen mit Fiat ergeben hat, dass der Standort Kaiserslautern zur Disposition steht, und dies wurde auch gestern vom Kollegen zu Guttenberg in der Öffentlichkeit so mitgeteilt.
Wuttke: Das heißt, Sie haben nur Informationen aus dem Bundeswirtschaftsministerium?
Hering: Das ist korrekt. Ich halte es aber nicht für zielführend, dass man aus ersten Gesprächen mit Investoren Details unmittelbar an die Öffentlichkeit kommuniziert. Ich glaube, es wäre professioneller und der Sache dienlicher, man würde mit allen Investoren intensive Gespräche führen, würde die Angebote gegeneinander abwägen, sie mit den betroffenen Ländern diskutieren, eine gemeinsame Position bilden und dann die Öffentlichkeit informieren. Das würde die Verhandlungsposition von Deutschland stärken und wäre auch im Interesse der Sache zielführender.
Wuttke: Ich höre eine anhaltende Schelte am Bundeswirtschaftsminister Theodor zu Guttenberg. Aber Herr Hering, Sie als Sozialdemokrat haben natürlich auch die Bundestagswahlen im Kopf und Sie werden natürlich den Teufel tun, Ihrer Partei in den Rücken zu fallen, wenn ich Sie jetzt frage oder Ihnen sage, dass ich mich schon gewundert habe, dass Frank-Walter Steinmeier einen 14-Punkte-Katalog vorgelegt hat, in dem es für Magna, den zweiten Interessenten für Opel, besser aussieht und ich gar nicht wusste, dass der Außenminister auch Spitze als Automanager wäre.
Hering: In dieser ganz wichtigen Frage, wie geht's weiter mit einem industriellen Kern in Deutschland, dazu gehört Opel, ist es wichtig, dass sich die SPD in dieser Frage positioniert, dort sind Positionen niedergeschrieben worden, die Kriterien sind für eine Entscheidung. Aber aus anderen Investorengesprächen, die man als Wirtschaftsminister führt, mache ich die Erfahrung, dass es sinnvoll ist, sich mit dem Gesprächspartner darauf zu verständigen, dann die Öffentlichkeit zu informieren, wenn in der Tat Entscheidungen getroffen wurden und keine Zwischenstände mitteilen. Das führt zur Verwirrung, wie man am Beispiel Kaiserslautern sieht. Denn Sie können sich vielleicht vorstellen, welche Stimmung gestern Abend bei den Familien geherrscht hat, die gegebenenfalls von einer Schließung des Standortes in Kaiserslautern betroffen sind.
Wuttke: Wir müssen aber trotzdem festhalten, dass alle im Augenblick an die Bundestagswahlen denken, nicht nur die Union, sondern auch die SPD. Aber Herr Hering, bleiben wir bei Kaiserslautern. Falls der Standort am Ende doch den Kürzeren zieht, verändert das als Landesminister Ihre Haltung zu den staatlichen Hilfen, die die Bundeskanzlerin – sage ich jetzt mal mit Ausrufezeichen – für Opel versprochen hat?
Hering: Ich sehe nicht, dass der konkurrenzfähige Komponentenstandort Kaiserslautern geopfert werden muss. Es gibt andere Investoren, die zielführende Konzepte haben, selbst Fiat hat dies wieder infrage gestellt. Und selbstverständlich ist eine Hilfe des Landes Rheinland-Pfalz davon abhängig, dass in der Tat auch der Standort in Rheinland-Pfalz gesichert wird. Ich glaube, den rheinland-pfälzischen Steuernzahlern ist nicht vermittelbar, dass wir Geld dafür ausgeben, dass der Standort Kaiserslautern geschlossen wird.
Wuttke: Sagen Sie mir, warum ist eigentlich die SPD zusammen mit der Gewerkschaft so gegen Fiat? Man kann doch sagen, die Mittelklassewagen, die kommen von Opel, die Kleinwagen, die kommen von Fiat. Warum sind Sie so gegen die Italiener?
Hering: Wir sind kritisch gegenüber dem Engagement von Fiat, lehnen es nicht rundweg ab, aber ich bin überzeugt, dass eine Reihe der Argumente des Betriebsrates zutreffend sind. Fiat selbst hat finanzielle Probleme, es gibt Parallelkapazitäten zwischen Fiat- und Opel-Standorten in Europa. Und der andere Investor, Magna, hat eben nicht so viele Parallelkapazitäten, er hat sogar Aktivitäten, die dazu führen könnten, die nicht ausgelasteten Standorte in Deutschland mit zusätzlichen Aufträgen auszustatten. Von daher ist das Angebot von Magna, soweit wir es kennen, nachhaltiger für die Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland.
Wuttke: Sie sprechen ja jetzt auch von den Schulden, die Fiat hat. Nun sagen böse Zungen, der italienische Autokonzern könnte sich mit den Staatshilfen aus Deutschland versuchen, gesundzustoßen. Nun muss man aber vielleicht doch auch mal festhalten in diesem Zusammenhang – und das geht ja denn auch den Gesamtbetriebsrat an –, dass vier Milliarden Kostenfaktoren an Verpflichtungen von Opel Pensionsverpflichtungen sein sollen.
Hering: Das ist insgesamt das Problem des GM-Konzerns der hohen Pensionsverpflichtungen. Das muss in einem Gesamtkonzept mitberücksichtigt werden. Aber wir haben ja von den Gesprächen von zu Guttenberg gehört, wir reden nicht mehr über drei Milliarden Bürgschaften, wir reden dort über fünf Milliarden Euro Bürgschaften. Auch das muss in einer Gesamtabwägung betrachtet werden, warum jetzt von einem neuen Investor zwei Milliarden mehr Bürgschaften verlangt werden, als dieses Sanierungskonzept von Opel selbst vorgesehen hat.
Wuttke: Wann, glauben Sie, kommen wir auf den Boden der Tatsachen zurück, wann wird Geschäft wieder Geschäft sein und wann Politik Politik?
Hering: Ich hoffe, dass dies vor der Sommerpause der Fall sein wird.
Wuttke: Vor dem 27. September, tatsächlich?
Hering: Es muss eine Lösung gefunden werden, und ich hoffe, dass Politik die Vernunft hat, dieses unabhängig des Termins 27. September vernünftig zu betrachten. Aber wir erwarten in diesem Zusammenhang auch, dass es eine enge Abstimmung zwischen dem Bund und den Ländern gibt. Die Verhandlungsposition von Deutschland würde gestärkt werden, wenn es in Deutschland eine gemeinsame Position des Bundes, der Bundesländer und auch des Betriebsrates gäbe, das würde unsere Verhandlungsposition nachhaltig stärken, um Standort und Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern.
Wuttke: In der „Ortszeit“ von Deutschlandradio Kultur Hendrik Hering, SPD-Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz. Herr Hering, besten Dank und schönen Tag!
Hering: Ja, Ihnen auch einen schönen Tag. Wiederhören!
Hendrik Hering: Guten Morgen, Frau Wuttke!
Wuttke: Wie verstehen Sie den Fiat-Plan?
Hering: Uns wurde gestern mitgeteilt, dass sich aus den Gesprächen mit Fiat ergeben hat, dass der Standort Kaiserslautern zur Disposition steht, und dies wurde auch gestern vom Kollegen zu Guttenberg in der Öffentlichkeit so mitgeteilt.
Wuttke: Das heißt, Sie haben nur Informationen aus dem Bundeswirtschaftsministerium?
Hering: Das ist korrekt. Ich halte es aber nicht für zielführend, dass man aus ersten Gesprächen mit Investoren Details unmittelbar an die Öffentlichkeit kommuniziert. Ich glaube, es wäre professioneller und der Sache dienlicher, man würde mit allen Investoren intensive Gespräche führen, würde die Angebote gegeneinander abwägen, sie mit den betroffenen Ländern diskutieren, eine gemeinsame Position bilden und dann die Öffentlichkeit informieren. Das würde die Verhandlungsposition von Deutschland stärken und wäre auch im Interesse der Sache zielführender.
Wuttke: Ich höre eine anhaltende Schelte am Bundeswirtschaftsminister Theodor zu Guttenberg. Aber Herr Hering, Sie als Sozialdemokrat haben natürlich auch die Bundestagswahlen im Kopf und Sie werden natürlich den Teufel tun, Ihrer Partei in den Rücken zu fallen, wenn ich Sie jetzt frage oder Ihnen sage, dass ich mich schon gewundert habe, dass Frank-Walter Steinmeier einen 14-Punkte-Katalog vorgelegt hat, in dem es für Magna, den zweiten Interessenten für Opel, besser aussieht und ich gar nicht wusste, dass der Außenminister auch Spitze als Automanager wäre.
Hering: In dieser ganz wichtigen Frage, wie geht's weiter mit einem industriellen Kern in Deutschland, dazu gehört Opel, ist es wichtig, dass sich die SPD in dieser Frage positioniert, dort sind Positionen niedergeschrieben worden, die Kriterien sind für eine Entscheidung. Aber aus anderen Investorengesprächen, die man als Wirtschaftsminister führt, mache ich die Erfahrung, dass es sinnvoll ist, sich mit dem Gesprächspartner darauf zu verständigen, dann die Öffentlichkeit zu informieren, wenn in der Tat Entscheidungen getroffen wurden und keine Zwischenstände mitteilen. Das führt zur Verwirrung, wie man am Beispiel Kaiserslautern sieht. Denn Sie können sich vielleicht vorstellen, welche Stimmung gestern Abend bei den Familien geherrscht hat, die gegebenenfalls von einer Schließung des Standortes in Kaiserslautern betroffen sind.
Wuttke: Wir müssen aber trotzdem festhalten, dass alle im Augenblick an die Bundestagswahlen denken, nicht nur die Union, sondern auch die SPD. Aber Herr Hering, bleiben wir bei Kaiserslautern. Falls der Standort am Ende doch den Kürzeren zieht, verändert das als Landesminister Ihre Haltung zu den staatlichen Hilfen, die die Bundeskanzlerin – sage ich jetzt mal mit Ausrufezeichen – für Opel versprochen hat?
Hering: Ich sehe nicht, dass der konkurrenzfähige Komponentenstandort Kaiserslautern geopfert werden muss. Es gibt andere Investoren, die zielführende Konzepte haben, selbst Fiat hat dies wieder infrage gestellt. Und selbstverständlich ist eine Hilfe des Landes Rheinland-Pfalz davon abhängig, dass in der Tat auch der Standort in Rheinland-Pfalz gesichert wird. Ich glaube, den rheinland-pfälzischen Steuernzahlern ist nicht vermittelbar, dass wir Geld dafür ausgeben, dass der Standort Kaiserslautern geschlossen wird.
Wuttke: Sagen Sie mir, warum ist eigentlich die SPD zusammen mit der Gewerkschaft so gegen Fiat? Man kann doch sagen, die Mittelklassewagen, die kommen von Opel, die Kleinwagen, die kommen von Fiat. Warum sind Sie so gegen die Italiener?
Hering: Wir sind kritisch gegenüber dem Engagement von Fiat, lehnen es nicht rundweg ab, aber ich bin überzeugt, dass eine Reihe der Argumente des Betriebsrates zutreffend sind. Fiat selbst hat finanzielle Probleme, es gibt Parallelkapazitäten zwischen Fiat- und Opel-Standorten in Europa. Und der andere Investor, Magna, hat eben nicht so viele Parallelkapazitäten, er hat sogar Aktivitäten, die dazu führen könnten, die nicht ausgelasteten Standorte in Deutschland mit zusätzlichen Aufträgen auszustatten. Von daher ist das Angebot von Magna, soweit wir es kennen, nachhaltiger für die Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland.
Wuttke: Sie sprechen ja jetzt auch von den Schulden, die Fiat hat. Nun sagen böse Zungen, der italienische Autokonzern könnte sich mit den Staatshilfen aus Deutschland versuchen, gesundzustoßen. Nun muss man aber vielleicht doch auch mal festhalten in diesem Zusammenhang – und das geht ja denn auch den Gesamtbetriebsrat an –, dass vier Milliarden Kostenfaktoren an Verpflichtungen von Opel Pensionsverpflichtungen sein sollen.
Hering: Das ist insgesamt das Problem des GM-Konzerns der hohen Pensionsverpflichtungen. Das muss in einem Gesamtkonzept mitberücksichtigt werden. Aber wir haben ja von den Gesprächen von zu Guttenberg gehört, wir reden nicht mehr über drei Milliarden Bürgschaften, wir reden dort über fünf Milliarden Euro Bürgschaften. Auch das muss in einer Gesamtabwägung betrachtet werden, warum jetzt von einem neuen Investor zwei Milliarden mehr Bürgschaften verlangt werden, als dieses Sanierungskonzept von Opel selbst vorgesehen hat.
Wuttke: Wann, glauben Sie, kommen wir auf den Boden der Tatsachen zurück, wann wird Geschäft wieder Geschäft sein und wann Politik Politik?
Hering: Ich hoffe, dass dies vor der Sommerpause der Fall sein wird.
Wuttke: Vor dem 27. September, tatsächlich?
Hering: Es muss eine Lösung gefunden werden, und ich hoffe, dass Politik die Vernunft hat, dieses unabhängig des Termins 27. September vernünftig zu betrachten. Aber wir erwarten in diesem Zusammenhang auch, dass es eine enge Abstimmung zwischen dem Bund und den Ländern gibt. Die Verhandlungsposition von Deutschland würde gestärkt werden, wenn es in Deutschland eine gemeinsame Position des Bundes, der Bundesländer und auch des Betriebsrates gäbe, das würde unsere Verhandlungsposition nachhaltig stärken, um Standort und Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern.
Wuttke: In der „Ortszeit“ von Deutschlandradio Kultur Hendrik Hering, SPD-Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz. Herr Hering, besten Dank und schönen Tag!
Hering: Ja, Ihnen auch einen schönen Tag. Wiederhören!