Herbert Fritschs "Barbier von Sevilla" in Wien

Ein Ohrenschmaus vor bunter Kulisse

07:40 Minuten
Im Vordergrund stehen eine Frau und zwei Männer mit Perücken und in Rokoko-Kostümen auf einer sehr bunten Bühne. Hinten trägt ein Mann eine Leiter über der Schulter.
Optisch und musikalisch ansprechend: Der Barbier von Sevilla an der Staatsoper Wien. © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Von Franziska Stürz · 28.09.2021
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Herbert Fritsch zeigt den „Barbier von Sevilla“ an der Staatsoper Wien. Geboten werden witzige Kostüme und großartige Stimmen, allen voran Juan Diego Flórez als Graf Almaviva. Nur eine stringente Inszenierung fehlt.
Nach 55 Jahren hat die Wiener Staatsoper wieder eine neue Produktion von Rossinis Barbier von Sevilla. Der Belcanto-Spezialist Michele Mariotti leitete erstmals das Wiener Staatsopernorchester, und für die Regie und das Bühnenbild arbeitete Herbert Fritsch erstmals an diesem Haus.
Mit bunten, sich ständig bewegenden Folien hat er den Bühnenraum ausgekleidet. Das liefert interessante optische Effekte und unterstreicht den bis ins Delirium führenden irrwitzigen Sog der Musik in vielen Szenen.

Die Geschichte fehlt

Doch Fritsch verzichtet bewusst auf jegliche Requisiten, möchte alles durch die Darstellung der Protagonisten liefern und bleibt dabei eine klare Aussage, eine Geschichte schuldig.
Stattdessen gibt es lustiges Figuren-Rampentheater ohne Subtext. Die Solisten geben alles, und Étienne Dupuis als Figaro hat bereits mit seiner großen Auftrittsarie die Herzen des Publikums erobert.
Auch Juan Diego Flórez als galanter Graf Almaviva erfüllt alle Erwartungen an einen erstklassigen Rossinisänger mit komödiantischem Talent, und Vasilisa Berzhanskaya überzeugt in ihrem Hausdebüt als entzückende Rosina mit samtweichem Timbre.

Poppige Rokoko-Roben und mächtige Perücken

Allerdings ist diese Rosina lediglich ein kokettes Püppchen im kurzen schwarzen Reifrock. Victoria Behrs poppige Rokoko-Roben in rosa, gelb und lila samt mächtigen Perücken setzen optische Highlights und werden witzig ins Spiel integriert, aber es fehlt bei all den bunten, toll singenden und spielenden Figuren eine Verortung, ein Bezug, um dem Ganzen einen Sinn zu geben.
So bleibt der Abend ein Ohrenschmaus vor bunter Kulisse ohne echte Geschichte.
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