Herbeigesehnte Menschen spielen
Gegen Geld spielt eine junge Schauspielerin die verständige Freundin eines Ehepaares, die Geliebte eines Mannes oder die Verlobte eines Playboys mit Bindungsproblemen. Was wie eine ganz normale Dienstleistung aussieht, entpuppt sich in Prévosts Roman bald als eine Sache mit doppeltem Boden.
Zufällig hat sie die Anzeige am Schwarzen Brett der Schauspielschule gesehen: Gesucht werden Darsteller, die fremde Menschen für ein paar Stunden glücklich machen, indem sie von ihnen herbeigesehnte Menschen spielen. Die junge Schauspielerin, die bislang bei jedem Casting durchgefallen ist, weil sie nicht auf Anhieb vor laufender Kamera weinen kann, lässt es auf einen Versuch ankommen - und sie macht Karriere als Improvisationskünstlerin des Alltags.
Gegen Geld spielt sie die verständige Freundin eines verkrachten Ehepaares, die Geliebte eines bislang treuen Mannes, der seine Ehe retten will, die verlorene Tochter einer vereinsamten Frau, die Verlobte eines Playboys mit Bindungsschwierigkeiten, die erhoffte Schwiegertochter, die der schwule Sohn niemals mit nach Hause bringen wird. Was wie eine ganz normale Dienstleistung aussieht, zeigt bald seinen doppelten Boden. Indem die Heldin scheinbar therapeutisch Trost spendet, verleiht sie gespielte Gefühle als echte. Je mehr sie in ihre täglich wechselnden Rollen hineinwächst, desto mehr verliert sie den Bezug zur Realität, bis sie selbst nicht mehr weiß, was wahr ist.
Doch alles läuft perfekt, bis ihr eigener Arbeitgeber, ein undurchschaubarer, perfekter Verführer, sie mehrfach für den Part seiner schwangeren Lebensgefährtin engagiert mit einer veritablen romantischen Verlobungsfeier als Krönung. Spätestens nach dem dramatischen Höhepunkt, in dem es um Leben und Tod geht, zeigt sich, wie fließend die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Spiel sind.
Cédric Prévost, 1975 geboren, selbst Schauspieler, Regisseur und Lehrer für darstellende Kunst, inszeniert seinen kleinen Roman in der Nachfolge von Marivauxs Stücken als ein Theater der Gefühle. Es ist so, als ließe er den Meister der aufklärerischen Komödie mit seinen Verwirrspielen um die Liebe heute wiederauferstehen, einen funkensprühenden, fremdartigen Stern inmitten des Klimas von "Sex and the City" und "Desperate Housewives". Auch wenn es nicht immer ohne Klischees abgeht, so ist "Liebesschwindel" doch eine subtile Geschichte, die scheinbar munter dahingeplaudert von tragischen Figuren erzählt, die den Betrug für leichtes Gepäck halten, unter dem sie am Ende zu Boden gehen.
"Trompe l’amour" lautet der französische Originaltitel von "Liebesschwindel" und wandelt damit die Redewendung "Trompe la mort" ab: den Tod überlisten. Gleichzeitig spielt er aber auch auf ein Verfahren des Manierismus an, die Trompe-l’œil-Malerei, in der mit künstlerischen Mitteln das Auge getäuscht und so eine besonders realistische Darstellung erreicht wird. Was in der Malerei zu einem solch verblüffend schönen Ergebnis führt, so Cédric Prévosts Diktum, gilt nicht unbedingt für die Liebe. Dort mündet selbst die perfekt gespielte Illusion in ein böses Erwachen. "Willst du wissen, was die schrecklichste aller Vorstellungen ist?", fragt der angebliche Geliebte. "Dass die Welt existiert", lautet am Ende die erleichterte Antwort der Heldin.
Cédric Prévost, Liebesschwindel. Roman. Aus dem Französischen von Lis Künzli. Wagenbach Verlag 2005, 9,90 Euro
Gegen Geld spielt sie die verständige Freundin eines verkrachten Ehepaares, die Geliebte eines bislang treuen Mannes, der seine Ehe retten will, die verlorene Tochter einer vereinsamten Frau, die Verlobte eines Playboys mit Bindungsschwierigkeiten, die erhoffte Schwiegertochter, die der schwule Sohn niemals mit nach Hause bringen wird. Was wie eine ganz normale Dienstleistung aussieht, zeigt bald seinen doppelten Boden. Indem die Heldin scheinbar therapeutisch Trost spendet, verleiht sie gespielte Gefühle als echte. Je mehr sie in ihre täglich wechselnden Rollen hineinwächst, desto mehr verliert sie den Bezug zur Realität, bis sie selbst nicht mehr weiß, was wahr ist.
Doch alles läuft perfekt, bis ihr eigener Arbeitgeber, ein undurchschaubarer, perfekter Verführer, sie mehrfach für den Part seiner schwangeren Lebensgefährtin engagiert mit einer veritablen romantischen Verlobungsfeier als Krönung. Spätestens nach dem dramatischen Höhepunkt, in dem es um Leben und Tod geht, zeigt sich, wie fließend die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Spiel sind.
Cédric Prévost, 1975 geboren, selbst Schauspieler, Regisseur und Lehrer für darstellende Kunst, inszeniert seinen kleinen Roman in der Nachfolge von Marivauxs Stücken als ein Theater der Gefühle. Es ist so, als ließe er den Meister der aufklärerischen Komödie mit seinen Verwirrspielen um die Liebe heute wiederauferstehen, einen funkensprühenden, fremdartigen Stern inmitten des Klimas von "Sex and the City" und "Desperate Housewives". Auch wenn es nicht immer ohne Klischees abgeht, so ist "Liebesschwindel" doch eine subtile Geschichte, die scheinbar munter dahingeplaudert von tragischen Figuren erzählt, die den Betrug für leichtes Gepäck halten, unter dem sie am Ende zu Boden gehen.
"Trompe l’amour" lautet der französische Originaltitel von "Liebesschwindel" und wandelt damit die Redewendung "Trompe la mort" ab: den Tod überlisten. Gleichzeitig spielt er aber auch auf ein Verfahren des Manierismus an, die Trompe-l’œil-Malerei, in der mit künstlerischen Mitteln das Auge getäuscht und so eine besonders realistische Darstellung erreicht wird. Was in der Malerei zu einem solch verblüffend schönen Ergebnis führt, so Cédric Prévosts Diktum, gilt nicht unbedingt für die Liebe. Dort mündet selbst die perfekt gespielte Illusion in ein böses Erwachen. "Willst du wissen, was die schrecklichste aller Vorstellungen ist?", fragt der angebliche Geliebte. "Dass die Welt existiert", lautet am Ende die erleichterte Antwort der Heldin.
Cédric Prévost, Liebesschwindel. Roman. Aus dem Französischen von Lis Künzli. Wagenbach Verlag 2005, 9,90 Euro