Helfen statt streiten?

Von Sabina Matthay |
Es könnte ein so schönes Fanal der Versöhnung sein: Indien hilft dem von der Jahrhundertflut gebeutelten Erzfeind und Nachbarn Pakistan, der diese Hilfe wie jede Hilfe dringend braucht und dankend annimmt. Ein schöner, nur leider kein realistischer Traum. Tatsächlich ist es so, dass der eine Hilfe anbietet, und hofft, dass sie nicht angenommen wird und der andere die Hilfe dann nur unter Druck annimmt.
Erst schien Pakistans Regierung die Tragweite des Desasters zu unterschätzen, dann wirkte sie überfordert angesichts des Ausmaßes der Überschwemmungen, schließlich flehte sie das Ausland um Beistand an.

"Pakistan braucht Eure Aufmerksamkeit, braucht Eure Hilfe, wir befinden uns in einem kollektiven Kampf","

so der pakistanische Außenminister Qureshi Mitte August in einem Interview mit der BBC.

Die Hilfe eines Landes allerdings schien in Pakistan trotz aller Not nicht willkommen zu sein: Als Indien fünf Millionen Dollar anbot, zögerte die Regierung in Islamabad. Vom Erzfeind eine Spende anzunehmen, käme einer Demütigung gleich, war die Erklärung pakistanischer Beobachter. Erst auf Drängen der USA stellte Pakistan das Wohl von Millionen Flutopfern vor die Aversion gegen den großen Nachbarn.

Indien begrüße die pakistanische Entscheidung, das Hilfsangebot zu akzeptieren, teilte ein Regierungssprecher in Neu-Delhi schließlich fast eine Woche später mit. Aus indischer Sicht handele es sich um eine Geste des guten Willens im Geiste der Solidarität. Diplomatisch gestanzt klang das. Dennoch hat der indische Staat seine Pakistan-Hilfe inzwischen um weitere 20 Millionen Dollar aufgestockt, die im Rahmen der UNO verwendet werden sollen.

""Vermutlich hat Indien gar nicht damit gerechnet, dass Pakistan das Angebot annehmen würde","

sagt der indische Journalist Pranay Sharma.

Die beiden zwei Staaten sind seit der Teilung des indischen Subkontinents 1947 verfeindet, wegen des Kaschmirkonflikts haben sie sich zu Atommächten hochgerüstet und mehrere Kriege gegeneinander geführt. Die Terrorserie im indischen Mumbai, bei der im Herbst 2008 mehr als 160 Menschen starben, warf die Beziehungen weiter zurück. Hinter den Angriffen stand die Untergrundorganisation Lashkar e Toiba, die von pakistanischem Boden aus agiert und gute Beziehungen zum pakistanischen Geheimdienst unterhalten soll.

Während die Bedrohung durch Pakistan ein wiederkehrendes Topthema in den indischen Medien ist, schenkten sie der Flutkatastrophe kaum Aufmerksamkeit. Ein Indiz dafür, wie stark die Inder mit sich selbst beschäftigt seien, meint der Journalist Pranay Sharma, aber auch für das zerrüttete Verhältnis zum Nachbarn:

""Kurz vor den Überschwemmungen war ein Treffen der Außenminister beider Länder katastrophal geendet. Die Verstimmung darüber beherrschte die Medien noch. Auch deshalb wurde die Not der Menschen auf der anderen Seite der Grenze ignoriert."
Die Annahme indischer Gelder durch Pakistan läutet deshalb auch keine Annäherung der beiden Länder ein.
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