Heldin ihrer eigenen Geschichte
Der Weg eines Südstaaten-Mädchens zur bedeutenden Schriftstellerin: Die drei berührenden autobiografischen Essays von Eudora Welty erzählen ihre persönliche Geschichte und wurden nur von einem kleinen Verlag neu aufgelegt.
Sie gehört zu den großen amerikanischen Autorinnen des 20. Jahrhunderts: Die 1909 in Jackson, Mississippi, geborene Eudora Welty ist in ihrem langen Leben nicht weit herumgekommen. Nach dem Tod ihres Vaters kehrte die 21-Jährige, die gerade nach New York gegangen war, wieder nach Hause zurück, wo sie bis zu ihrem Tod 2001 auch blieb. Sie selber kommentiert das am Ende dieses Bandes so: „Ich bin eine Schriftstellerin mit einem behüteten Leben. Aber auch ein behütetes Leben kann ein gewagtes Leben sein. Denn aller ernsthafter Wagemut kommt von innen.“
Wie dieser Wagemut – unverzichtbares Rüstzeug jedes Autors – entstanden ist, davon erzählt Eudora Welty (die 1973 den Pulitzer Preis bekam) in den drei Essays, die programmatisch überschrieben sind: „Hören – Sehen – Sagen“. Alles beginnt mit dem Zuhören, wenn die Mutter ihr vorliest oder wenn die Schneiderin ins Haus kommt und seltsame, nicht enden wollende Geschichten von Missgeschicken und nachbarschaftlichen Katastrophen erzählt.
Das Kind kann es kaum erwarten, selber zu lesen, wird süchtig nach Büchern. Eudora Welty beschreibt, wie sie schon früh dem Klang der Literatur folgt, wie sie in den Geschichten versinkt, welch hohen Stellenwert Lektüre im Leben ihrer Eltern hatte, die ihren Kindern Bücher auch dann kauften, wenn sie sie sich eigentlich nicht leisten konnten. Die Mutter hatte eine Dickens-Ausgabe einst wagemutig aus einem brennenden Haus gerettet.
Es geht in diesen Erinnerungen um eine weiße Südstaaten-Kindheit und -Jugend, um Reisen und wie sich Bilder aus dem Auto oder dem Zug einprägten, um die erste folgenreiche Begegnung mit den Gedichten von William Butler Yeats und die ersten eigenen Schreibversuche.
Eine Autorin gibt Einblick in ihre Lebensgeschichte und die Grundlagen ihrer Literatur. Deren Figuren entstammten nicht einer beobachteten Realität, aber „ihnen beigegeben wird, was ich mir, oft durchaus unbewusst – ein Mienenspiel hier, eine Art zu gehen dort –, bruchstückhaft bei Menschen entliehen habe, die mir in der Wirklichkeit begegnet sind.“
Sie zitiert die englische Schriftstellerin Elizabeth Bowen: „Physische Details kann man nicht erfinden.“ Dass und wie sich diese Autorin, die stets von eigenwilligen Menschen erzählt, trotzdem in der Heldin einer ihrer Geschichten wiedererkennt, in einer Frau, die scheinbar gar nichts mit ihr zu hat, das vermittelt auf spannende Weise Einblicke in die Geheimnisse der Fiktion.
Entstanden sind die autobiographischen Skizzen einer eher auskunftsscheuen und zurückhaltenden Schriftstellerin 1983 im Rahmen einer Vorlesungsreise an der Harvard Universität. Die erste deutsche (holprig übersetzte) Ausgabe erschien 1990, die letzte (vergriffene) Taschenbuchausgabe vor zehn Jahren. Dass man diese klugen und berührenden Essays nun in einer guten neuen Übersetzung lesen kann, das ist dem ambitionierten Projekt eines kleinen Verlages zu danken, wichtige vergessene Bücher von Autorinnen neu aufzulegen.
Besprochen von Manuela Reichart
Eudora Welty: Vom Wagnis, die Welt in Worte zu fassen. Drei Essays
Aus dem Englischen von Karen Nölle
Mit einem Nachwort von Luise F. Pusch
edition fünf, Verlag Silke Weniger, Gräfelfing, 2011
155 Seiten, 17,90 Euro
Wie dieser Wagemut – unverzichtbares Rüstzeug jedes Autors – entstanden ist, davon erzählt Eudora Welty (die 1973 den Pulitzer Preis bekam) in den drei Essays, die programmatisch überschrieben sind: „Hören – Sehen – Sagen“. Alles beginnt mit dem Zuhören, wenn die Mutter ihr vorliest oder wenn die Schneiderin ins Haus kommt und seltsame, nicht enden wollende Geschichten von Missgeschicken und nachbarschaftlichen Katastrophen erzählt.
Das Kind kann es kaum erwarten, selber zu lesen, wird süchtig nach Büchern. Eudora Welty beschreibt, wie sie schon früh dem Klang der Literatur folgt, wie sie in den Geschichten versinkt, welch hohen Stellenwert Lektüre im Leben ihrer Eltern hatte, die ihren Kindern Bücher auch dann kauften, wenn sie sie sich eigentlich nicht leisten konnten. Die Mutter hatte eine Dickens-Ausgabe einst wagemutig aus einem brennenden Haus gerettet.
Es geht in diesen Erinnerungen um eine weiße Südstaaten-Kindheit und -Jugend, um Reisen und wie sich Bilder aus dem Auto oder dem Zug einprägten, um die erste folgenreiche Begegnung mit den Gedichten von William Butler Yeats und die ersten eigenen Schreibversuche.
Eine Autorin gibt Einblick in ihre Lebensgeschichte und die Grundlagen ihrer Literatur. Deren Figuren entstammten nicht einer beobachteten Realität, aber „ihnen beigegeben wird, was ich mir, oft durchaus unbewusst – ein Mienenspiel hier, eine Art zu gehen dort –, bruchstückhaft bei Menschen entliehen habe, die mir in der Wirklichkeit begegnet sind.“
Sie zitiert die englische Schriftstellerin Elizabeth Bowen: „Physische Details kann man nicht erfinden.“ Dass und wie sich diese Autorin, die stets von eigenwilligen Menschen erzählt, trotzdem in der Heldin einer ihrer Geschichten wiedererkennt, in einer Frau, die scheinbar gar nichts mit ihr zu hat, das vermittelt auf spannende Weise Einblicke in die Geheimnisse der Fiktion.
Entstanden sind die autobiographischen Skizzen einer eher auskunftsscheuen und zurückhaltenden Schriftstellerin 1983 im Rahmen einer Vorlesungsreise an der Harvard Universität. Die erste deutsche (holprig übersetzte) Ausgabe erschien 1990, die letzte (vergriffene) Taschenbuchausgabe vor zehn Jahren. Dass man diese klugen und berührenden Essays nun in einer guten neuen Übersetzung lesen kann, das ist dem ambitionierten Projekt eines kleinen Verlages zu danken, wichtige vergessene Bücher von Autorinnen neu aufzulegen.
Besprochen von Manuela Reichart
Eudora Welty: Vom Wagnis, die Welt in Worte zu fassen. Drei Essays
Aus dem Englischen von Karen Nölle
Mit einem Nachwort von Luise F. Pusch
edition fünf, Verlag Silke Weniger, Gräfelfing, 2011
155 Seiten, 17,90 Euro