Held ohne Heldentaten
Georg Friedrich Händel ließ gerne historische Helden wiederauferstehen, um sie als Folie großer Gefühle zu benutzen. Seine Oper "Giulio Cesare in Egitto" ist ein Paradebeispiel für diese Inszenierungskunst der Affekte. Johannes Erath hat sie in Frankfurt auf die Bühne gebracht.
Es ist schon eine komische Sache: Obwohl Julius Cäsar in Händels Oper "Giulio Cesare in Egitto" nicht eine einzige Heldentat vollbringt, schafft er es, so viele Leute für und vor allem gegen sich aufzubringen, dass sie sich doch tatsächlich vier Stunden lang an ihm emotional abarbeiten können: brutal, blutrünstig, betört - so begegnen Cleopatra, Tolomeo, Cornelia und Sextus diesem Herrscher aller Herrscher, der ohne viel Federlesen die Gefühle dieser Menschen manipuliert.
Der junge Regisseur Johannes Erath stellt für seine Frankfurter Inszenierung von "Giulio Cesare in Egitto" gerade diesen Charakterzug Cäsars heraus: Cäsar, der Manipulator, der (etwas peinliche) Narziss, der Megalomane. Er ist in Frankfurt keine historische Figur, sondern ein Smokingträger aus dem Hier und Jetzt, der seine schicken Yuppie-"Freunde" auf einer Party in einem streng gezirkelten Loft auf dem schwarzen Ledersofa trifft. Die aseptisch lackierte Oberfläche dieser Selbstinszenierung scheint perfekt, bis Cäsar ein seltsames Geschenk bekommt, das ihn und diese artifizielle Gesellschaft in eine Welt der Archetypen katapultiert, in eine Welt, in der Affekte wie Jubel, Trauer und Ekstase alles sind, in der sie in den wunderschönsten Arien der Operngeschichte übertrieben, stilisiert und affektiert aufgetragen werden wie in einem kitschigen Film. Erath spielt auf dieses Genre immer wieder an: mit alten Filmrollen und Filmdosen, Videoprojektionen, Projektoren und meterlangen Gazevorhängen, die Händels wilde Szenenassemblage wie Blenden in einem Film montieren.
Johannes Erath erzählt Händels Cäsar-Geschichte als Rahmenhandlung. Die Party, auf der alles begann, wird auch das gütliche Ende bereiten - eine Überraschung, mit der man als Zuschauer überhaupt nicht rechnet, weil die Geschichte, die Erath dann gut vier Stunden in diesen Rahmen packt, die vermeintlich historische Cäsar-Geschichte ist: Cäsars Liebe zu Cleopatra, Cäsars Rivalität zu Tolomeo. Johannes Erath lässt von Herbert Murauer große Räume bauen: ein Loft, ein Büro, es könnte auch ein Sarkophag sein mit klarem, kaltem Ambiente, requisitenlos, dazu ein Aufzug, der direkt in den Raum fährt. Für Cleopatra hält Murauer eine auf Löwentatzen frei stehende Badewanne mit üppigem Schaum parat. In diesen Hallen, die keine Privatheit zulassen, agiert das Solistenensemble in Hybridkostümen: die Kostümbildnerin Katharina Tasch hat die elegante Partykleidung - Smoking, Seiden-Roben - mit Sandalenschick und einfachem Männerschurz der Antike kombiniert.
Und Brenda Rae, die diesem Badewannenschaum als Cleopatra singend entsteigt, gibt die Diva mondän, heroisch, leicht ironisch. Die Sängerin ist das Phänomen des Abends, denn ihre Koloraturen stellen an diesem Abend alles in den Schatten: glucksend, gurgelnd, fliegend fast findet sie immer wieder neue Varianten, die Tonketten in rasantem Tempo in den Riesenraum zu schicken, ohne dass ihre Kunst zirzensisch wirkt. Michael Nagy (Cäsar) und vor allem auch Michael Rexroth als Tolomeo spiegeln ihre krasse Männlichkeit eins zu eins in ihrer Stimme, auch Tanja Ariane Baumgartner als Cornelia, die in ihren Arien tausendfach von Trauer singt, verblüfft durch die Erfindung immer wieder neuer Klänge der Verzweiflung.
Erik Nielsen organisiert dazu einen agilen Klang, delikat phrasiert, präzise, formell, und so, als wäre es eine einzige spannende Erzählung des Orchesters. Der Klang des offenen Orchestergrabens mischt sich hervorragend mit den Stimmen. Lautstärken, Tempi und Effekte sind dramaturgisch perfekt gesetzt: ein großer Wurf für eine Live-Aufführung.
Der junge Regisseur Johannes Erath stellt für seine Frankfurter Inszenierung von "Giulio Cesare in Egitto" gerade diesen Charakterzug Cäsars heraus: Cäsar, der Manipulator, der (etwas peinliche) Narziss, der Megalomane. Er ist in Frankfurt keine historische Figur, sondern ein Smokingträger aus dem Hier und Jetzt, der seine schicken Yuppie-"Freunde" auf einer Party in einem streng gezirkelten Loft auf dem schwarzen Ledersofa trifft. Die aseptisch lackierte Oberfläche dieser Selbstinszenierung scheint perfekt, bis Cäsar ein seltsames Geschenk bekommt, das ihn und diese artifizielle Gesellschaft in eine Welt der Archetypen katapultiert, in eine Welt, in der Affekte wie Jubel, Trauer und Ekstase alles sind, in der sie in den wunderschönsten Arien der Operngeschichte übertrieben, stilisiert und affektiert aufgetragen werden wie in einem kitschigen Film. Erath spielt auf dieses Genre immer wieder an: mit alten Filmrollen und Filmdosen, Videoprojektionen, Projektoren und meterlangen Gazevorhängen, die Händels wilde Szenenassemblage wie Blenden in einem Film montieren.
Johannes Erath erzählt Händels Cäsar-Geschichte als Rahmenhandlung. Die Party, auf der alles begann, wird auch das gütliche Ende bereiten - eine Überraschung, mit der man als Zuschauer überhaupt nicht rechnet, weil die Geschichte, die Erath dann gut vier Stunden in diesen Rahmen packt, die vermeintlich historische Cäsar-Geschichte ist: Cäsars Liebe zu Cleopatra, Cäsars Rivalität zu Tolomeo. Johannes Erath lässt von Herbert Murauer große Räume bauen: ein Loft, ein Büro, es könnte auch ein Sarkophag sein mit klarem, kaltem Ambiente, requisitenlos, dazu ein Aufzug, der direkt in den Raum fährt. Für Cleopatra hält Murauer eine auf Löwentatzen frei stehende Badewanne mit üppigem Schaum parat. In diesen Hallen, die keine Privatheit zulassen, agiert das Solistenensemble in Hybridkostümen: die Kostümbildnerin Katharina Tasch hat die elegante Partykleidung - Smoking, Seiden-Roben - mit Sandalenschick und einfachem Männerschurz der Antike kombiniert.
Und Brenda Rae, die diesem Badewannenschaum als Cleopatra singend entsteigt, gibt die Diva mondän, heroisch, leicht ironisch. Die Sängerin ist das Phänomen des Abends, denn ihre Koloraturen stellen an diesem Abend alles in den Schatten: glucksend, gurgelnd, fliegend fast findet sie immer wieder neue Varianten, die Tonketten in rasantem Tempo in den Riesenraum zu schicken, ohne dass ihre Kunst zirzensisch wirkt. Michael Nagy (Cäsar) und vor allem auch Michael Rexroth als Tolomeo spiegeln ihre krasse Männlichkeit eins zu eins in ihrer Stimme, auch Tanja Ariane Baumgartner als Cornelia, die in ihren Arien tausendfach von Trauer singt, verblüfft durch die Erfindung immer wieder neuer Klänge der Verzweiflung.
Erik Nielsen organisiert dazu einen agilen Klang, delikat phrasiert, präzise, formell, und so, als wäre es eine einzige spannende Erzählung des Orchesters. Der Klang des offenen Orchestergrabens mischt sich hervorragend mit den Stimmen. Lautstärken, Tempi und Effekte sind dramaturgisch perfekt gesetzt: ein großer Wurf für eine Live-Aufführung.