Heimkino

Kalter Krieg neu aufgelegt

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Kerri Russel spielt in "The Americans" die KGB-Agentin Elizabeth Jennings © AFP / Valery Hache
Von Jörg Taszman |
Man könnte fast von einem Déja-vu sprechen, wenn man sich derzeit die russisch-amerikanischen Beziehungen anschaut. Alte Feindbilder brechen auf und ein alte Gut-Böse Klischees werden reaktiviert. Da passt es, dass in diesen Tagen nun auf DVD und Blu-Ray endlich die TV Serie "The Americans" erscheint, die zur Zeit Ronald Reagans zu Beginn der 1980er-Jahre spielt.
Es war eine Zeit als man in den USA coole Musik hörte wie TUSK von Fleetwood Mac, der das packende Finale der Pilotfolge von "The Americans" beendet. Dort jagen zwei KGB-Agenten einen sowjetischen Überläufer. Es ist durchaus gewagt, wenn in der exzellenten US-Serie "The Americans" ausgerechnet zwei von Russland infiltrierte Sleeper und KGB-Agenten Philipp und Elizabeth mit ihren beiden Kindern die heile amerikanische Familie verkörpern. Beide sprechen nur amerikanisch miteinander, um nicht aufzufallen und sie leben schon seit fast 15 Jahren in den USA. Ihre Befehle erhalten sie direkt aus Moskau und über eine in den USA lebende Agentin.
Philipp und Elizabeth Jennings sind in der Wahl der Mittel nicht zimperlich. Sie erpressen, gehen Liebschaften ein, liquidieren mitunter auch Verräter oder andere Zielpersonen. "The Americans" spielt in der Reagan-Ära als der Kalte Krieg und die ideologische Konfrontation zunahm, die Welt öfter vor einem wirklichen Konflikt stand. Die Idee zu dieser ebenso spannenden wie originellen Serie stammt von Joe Weisberg einem ehemaligen CIA-Agenten, der auch am Drehbuch mitwirkte und Koproduzent ist.
Vom Geheimagenten nach Hollywood
" Vor vielen Jahren so mit Ende 20 arbeitete ich vier Jahre lang für die CIA. Ich war ein sogenannter Case Officer und sollte Spione für die USA anwerben. Das war mein persönlicher Hintergrund und einer der Gründe warum ich dann Jahre später in Hollywood arbeiten sollte."
Als junger Mann war Weisberg sehr patriotisch, wie er im Bonusmaterial erzählt. Er hielt die Sowjets für den Hort des Bösen. Unversöhnlich standen sich Ost und West damals gegenüber. In Moskau regierte noch der greise Breschnew und US-Präsident Ronald Reagan hatte ein klares Feindbild: die Russen! Er gab Millionen für neue Waffensysteme und für Gegenspionage aus. Das FBI sollte vor allem die "Illegalen" finden, jene russische Agenten, die seit Jahrzehnten in den USA lebten und für den KGB arbeiteten.
In einer Parallelgeschichte von "The Americans" geht es um den FBI-Agenten Stan Beeman, einem befreundeten Nachbar der Jennings. Sein Job besteht darin, KGB-Agenten aufzuspüren und unschädlich zu machen. Dabei verliebt er sich in die schöne Russin Nina aus der sowjetischen Botschaft, die er zur Zusammenarbeit mit dem FBI gezwungen hatte. Gespielt wird Stan Beeman vom bekannten US-Darsteller Noah Emmerich. Er erinnert sich an die damalige Zeit.
"Das nukleare Zeitalter veränderte die Menschen. Es war eine Realität, dass ein militärischer Konflikt den gesamten Planeten hätte zerstören konnte. Und so lebte man damals in einer Welt, in der sich zwei Systeme diametral und antagonistisch gegenüber standen. Und die Möglichkeit einer Katastrophe schien nicht ausgeschlossen."
Geschickt verteilt Joe Weisberg die Sympathien. Wenn Nina zu ihrem amerikanischen Geliebten Stan einmal sagt: Ihr Amerikaner seht alles nur schwarz und weiß. Für uns Russen ist aber alles grau"; dann wirkt das schon fast wie ein Credo für die gesamte Serie. Zur Authentizität trägt dann auch bei, dass viele Szenen auf Russisch mit Untertiteln angeboten werden, auch wenn das Russisch der einzelnen Protagonisten stark variiert. Die eher unbekannten Darsteller um Keri Russel und Matthew Rhys sind exzellent. Eine gewisse Komik entsteht immer wieder durch die vielen Verkleidungen und Perücken. Das ist nicht immer logisch, aber unterhaltsam.
Faszinierende Zeitreise zurück in die 80er
"The Americans" besticht aber ähnlich wie auch "Mad Men" durch eine exzellente Ausstattung, eine Liebe zum Detail und ist eine faszinierende Zeitreise zurück in die "Eighties". So sieht man wieder Plattenspieler und Kassettenrekorder und Ungetüme von großen Computern, die ein neues Zeitalter einläuten sollten. Zum Telefonieren musste man damals noch in Telefonzellen, vor allem wenn es konspirativ sein sollte.
Die Serie beweist aber auch, dass es Paranoia und einen Hang zur totalen Überwachung auch lange vor dem 11.September gab. Die erste Staffel gehörte zum Feinsten TV-Entertainment der letzten Jahre und konnte durchaus mit Vorzeigeprodukten wie "Mad Men" und "24" mithalten. Die zweite Staffel kann man derzeit nur im Original mit Untertiteln auf iTunes herunter laden und sie hält das hohe Niveau der Vorgängerstaffel. Elizabeth und Philipp werden nicht nur als Eltern mit einer pubertierenden Tochter immer wieder neu herausgefordert. Auch die Angst um ihr eigenes Leben nimmt zu, nachdem befreundete Agenten und Sleeper die ebenfalls Kinder hatten, brutal ermordet werden.
Man darf gespannt sein, ob es den Machern auch in Zukunft gelingen die beiden KGB-Agenten weiterhin als sympathische Antihelden und komplexe Charaktere zu zeigen. Oder ob irgendwann doch die patriotische Keule geschwungen wird. Philipp und Elizabeth haben am "American Way of life" Gefallen gefunden. Vor allem Philipp denkt mitunter darüber nach auszusteigen. Auch persönlich sind in dieser Zweckehe zwischen Philipp und Elizabeth echte Gefühle entstanden. Für ihre Arbeit als Spione sind Emotionen jedoch eher hinderlich. So ist für genug Spannung und Konflikte gesorgt und vor allem Fans von Spionagefilmen kommen bei "The Americans", der auch noch jede Menge Leidenschaft, Eifersucht und Sex aufbietet, voll auf ihre Kosten.

The Americans, DVD /Blu Ray erhältlich und auch auf iTunes verfügbar
540 Minuten