Heimkino

Die schaurige Ästhetik des Tötens

Ein Messer liegt in Kunstblut.
Ein Messer liegt in Kunstblut. © picture alliance / dpa / Fritz Schumann
Von Laf Überland |
In der japanisch-indonesischen Koproduktion "Killers" werden Menschen in Großaufnahme gequält, Blut spritzt literweise - und die als Mo Brothers bekannten Regisseure verstreuen jede Menge schwarzen Humor. Dabei verschwimmt die Zeit genauso wie die Logik.
"Ich hab sieben Menschen getötet. Auch meinen Vater. Und den Obdachlosen... Ich muß nachzählen!"
Blutspritzer im Gesicht gehören zur Abendausstattung des smarten, eleganten Ex-Bankers Nomura aus Tokio, der mit seinem teuren Auto in der Gegend rumfährt und schöne Frauen abschleppt, die er dann nach dem Sex zu Tode foltert. Die Videos davon schneidet er liebevoll auf seinen Computern und stellt sie dann ins Internet.
In Jakarta versucht zur gleichen Zeit ein junger Reporter, einen korrupten mächtigen Kinderschänder zu überführen: Bayu, der Reporter, ist eigentlich ein sanftmütige Zeitgenosse, der naiv und festen willens an Gerechtigkeit glaubt. Aber natürlich machen die Behörden ihm ohne Ende Schwierigkeiten, Frau und Kind sind auch schon abgehauen. Und als er dann auch noch von zwei Ghettogangstern überfallen wird, die beiden durch Zufall erschießt und das durch eben solchen Zufall von seinem Handy mitgefilmt wird: und als er dieses Tötungsvideo ebenfalls ins Netz stellt (etwas verpeilt, weil grad sein Leben in die Brüche geht), der Psychopath in Tokio auf ihn aufmerksam wird und ihn, als Serienmörder-Mentor sozusagen, unter seine Fittiche nimmt... - dann wirkt das zwar ziemlich aufgesetzt, aber die Geschichte entfaltet ganz schnell einen ungeheuren Sog: superstylish einerseits - und dreckig, schnell geschnitten und sehr körperlich gespielt zum anderen.
"Wer bist du denn? Du nimmst mir eine Familie nicht weg!"
"Bayu! Hör auf damit!"
"Killers" - diese japanisch-indonesische Koproduktion präsentiert keine eleganten Martial Arts, hier werden Kehlen aufgeschlitzt (auch schon mal vom Opfer selbst), mit einem Hammer totgeprügelt, zersägt oder zur Not auch einfach erschossen – naja, was heißt "einfach": Eine ausgewachsene Schießerei in einem geschlossenen Auto muss man sich auch erstmal einfallen lassen.
Die Hauptdarsteller gehen bis an ihre Grenzen
Der Soundtrack knirscht und schleift zwischen süßen klassischen Geigenstücken und schmerzhaftem Industriallärm. Die beiden Hauptdarsteller gehen bis an ihre Grenzen: der indonesische Rapper und Jungschauspieler Oka Antara, der auch gerade im Actionknaller "Raid 2" zu sehen war, und der japanische Star Kazuki Kitamura, bei uns auch in "Raid 2" und vor allem "Kill Bill" zu sehen.
Die Bilder, in denen sie herummorden, sehen toll aus: trotz gelegentlich etwas wackliger Handkamera, höchst elegant; der Schnitt wechselt zwischen meditativer Ruhe vor dem Nichts der Verzweiflung: Und dann hacken die Bilder wieder rasend schnell aufeinander, gelegentlich elektronisch verfremdet - genau so wie die Geräusche.
Mit dieser Vollbedienung der Sinne saugen die Mo Brothers den Zuschauer in diese scheußliche Geschichte hinein: Diese beiden indonesischen Regisseure sind Genrefans eher als Handwerker des ekstatischen Horror-Blutrausches bekannt, aber mit Killers haben sie haben sie einen veritablen, magenumdrehenden Psychothriller zusammengezaubert.
"Warum tust du mir das nur an? Warum?"
Extrem zugespitzte Gewaltorgien
Die Zeit verschwimmt beim Zuschauen wie die Logik: Und anstatt dass es irgendwann mal wieder bergauf geht mit den Menschen, wird die Geschichte immer finsterer - ganz langsam - wie in Zeitlupe - über 130 Minuten lang...
Die zunehmenden Gewaltorgien sind, ganz nach asiatischer Popkino-Art, natürlich extrem überspitzt, Menschen werden in Großaufnahme gequält, Blut spritzt literweise, und die Regisseure verstreuen jede Menge schwarzen Humor - bis hin zur Slapstick-Verfolgungsjagd bei höchst dramatischer Gelegenheit: Aber die abscheulichsten Vorfälle, wie die Eröffnungsszene, in der eine Frau mit einem Hammer zu Tode geprügelt wird, sind sowieso aus der deutschen Ab-18-Version herausgeschnitten - elf Minuten insgesamt. Aber hart genug ist der Film für Normalzuschauer sicherlich auch so noch!
"Papa! Papa! Ich hab so große Angst!"