Heimat, Sprache und Kultur verlassen
Arnold Janssen wurde 1975 selig- und 2003 heiliggesprochen. Dickköpfig bis hin zur Sturheit, dabei unbeirrbar und zäh bis hin zur Verbissenheit war dieser Kirchenmann, der zum Gründer einer weltumspannenden Ordensgemeinschaft werden sollte.
Der Kölner Erzbischof Paulus Melchers glaubte, sich verhört zu haben. Da trug ihm dieser recht schüchterne, linkische und eher zurückhaltende Priester ein seltsames Anliegen vor: Er wolle ein Missionshaus in Deutschland errichten, um, wie er erläuterte, die deutschen Katholiken an der Weltmission zu beteiligen!
Die Antwort des Kölner Oberhirten fiel eindeutig aus:
„In Köln gibt es genug Heiden, die können Sie zuerst bekehren! Überdies leben wir in einer Zeit, in der alles stürzt und unterzugehen droht, und da kommen Sie und wollen etwas Neues anfangen ...“
Nun mochte der Bittsteller zwar schüchtern sein – einschüchtern aber ließ er sich nicht. Und konterte:
„Eben weil wir in einer Zeit leben, in der vieles zugrunde geht, muss dafür anderes neu entstehen …“
In der Tat – es waren ja auch schwierige Zeiten damals in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts, als im Deutschen Reich der Kulturkampf tobte, als antikatholische Gesetze für die Ausweisung von Priestern und Ordensleuten und sogar für die Inhaftierung von Bischöfen gesorgt hatten.
Dass die unbeirrte Antwort des kleinen Priesters Arnold Janssen den Grundstein für die Ordensgemeinschaft der Steyler Missionare legen würde – das konnte Erzbischof Melchers damals natürlich nicht ahnen. Und auch nicht, dass diese Ordensgemeinschaft, die zur Evangelisierung der Völker gegründet wurde, über ein Jahrhundert später in 60 Ländern der Erde vertreten sein würde.
Pater Roman Malek, Ordensmitglied im Missionshaus im rheinischen St. Augustin, Professor für Sinologie an der Universität Bonn und Chefredakteur der sinologischen Zeitschrift „Monumenta Serica“ über die Anfänge seines Ordens:
„Wir wurden gegründet eigentlich mit dem Ziel, China zu missionieren im Jahre 1875 in Steyl über die Grenze. Es war die Zeit des Kulturkampfes – also in Deutschland durfte man keine Orden gründen – und Arnold Janssen, der Gründer der Steyler Missionsgesellschaft ging dann sozusagen über die Grenze gleich nach Holland, nach Steyl, nicht weit von Venlo. Und die erste Mission, das war China. Das war die erste Liebe dieser deutschen Missionsgesellschaft. Die ersten Steyler Missionare sind dann im Jahre 1882 nach China gekommen, d. h. sie haben dort ein Gebiet, ein Missionsgebiet bekommen.“
Zielstrebigkeit, Unbeirrbarkeit, ja, die typisch niederrheinische Dickköpfigkeit, sind dem Gründer der „Steyler“ wohl in die Wiege gelegt worden.
Geboren wird Janssen 1837 in Goch in bescheidene Verhältnisse, wie in einer eigenen Dokumentation der „Steyler“ berichtet wird:
„1858. Das hatte niemand erwartet: die mathematische Preisaufgabe der Universität Bonn. Nur einer findet die Lösung: Arnold Janssen, 21 Jahre, Fuhrmannssohn aus Goch am Niederrhein… Arnold Janssen hat es geschafft. Man bietet ihm eine begehrte Lehramtsstelle in Berlin. Arnold lehnt ab. Der begabte Mathematiker ist nicht auf Existenzsicherheit und Karriere aus …“
Und doch wird der strebsame Fuhrmannssohn vom Niederrhein, den seine Mitschüler spöttisch den „Oberlehrer“ nennen, Gründer und Generaloberer eines Weltunternehmens:
„Das hatte niemand erwartet!“
Der schmächtige Junge mit dem hellen Kopf studiert Theologie, Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften und wird mit 24 Jahren zum Priester geweiht. Nach Zwischenstadien in Bocholt und Kempen verwirklicht er im September 1875, den Plan, für den er vergeblich versucht hatte, den Kölner Erzbischof zu gewinnen: er gründet das erste deutsche Missionshaus in einem baufälligen ehemaligen Wirtshaus in dem niederländischen Dorf Steyl an der Maas. Schrittweise baut er es zum Missionsorden „Societas Verbi Divini“ – „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“ – aus:
„Der Anfang in Steyl ist mehr als hart. Das begrenzte Haus kann nicht über die bittere Armut im Inneren hinwegtäuschen … Es ist ein wahres Wunder, dass die ersten Lateinschüler aus den kahlen Räumen nicht davonlaufen. Es herrscht Mangel am Nötigsten. Es fehlen Stühle: Arnold Janssen legt ein Brett über zwei Schemel. Es fehlt an Betten: Strohsäcke tun es auch. Es fehlt an Betttüchern: Janssen lässt die vorhandenen entzweischneiden und auf die Strohsäcke nähen. Nägel an der Wand ersetzen die fehlenden Schränke. Anfangs versucht sich einer nach dem anderen als Koch. Das Ergebnis ist dementsprechend …“
Insgesamt drei Ordensgesellschaften gründet Janssen: die Steyler Missionare, die Steyler Missionsschwestern und die Steyler Anbetungsschwestern. Er entsendet Missionare in alle Welt, damit sie mit dem Pioniergeist ihres Gründers in Afrika, Japan, in Neuguinea, auf den Philippinen und vor allem in China wirken.
Nun sind die „Steyler“ keineswegs die ersten Missionare im Reich der Mitte. Christliche Missionarstätigkeit hat dort damals schon eine lange Tradition, sind doch die ersten Missionsversuche bereits im siebten Jahrhundert bezeugt.
Roman Malek:
„Das Christentum ist belegt für China bereits im Jahre 635. Die Verbindungswege, das sind die Wege, die bei uns als Seidenstraßenwege bekannt sind. Wir verbinden Seidenstraße vielleicht mit Handelswegen, aber das waren auch Wege der interkulturellen und interreligiösen Begegnung. So kam das Christentum auch nach China... China war damals sehr groß und sehr kosmopolitisch und hat alle Religionen und Kulturen aufgenommen ... Das war natürlich eine andere Zeit, als dann später im 17. Jahrhundert Jesuiten nach China gingen – Matteo Ricci oder Johann Adam Schall von Bell, der Kölner Jesuit, der der große Astronom am Kaiserhof war ... Matteo Ricci und Adam Schall kamen in der sogenannten Ming-Dynastie ...“
Was Arnold Janssen mit einigen wenigen Getreuen 1875 in einem ehemaligen Wirtshaus in Steyl begann, hat sich längst zu einem weltweit tätigen Missionsorden entwickelt. 1975 wird der Ordensgründer von Papst Paul VI. seliggesprochen:
28 Jahre nach diesem Ereignis spricht Papst Johannes Paul II. Anold Janssen heilig. Heute widmen sich die meisten der rund 10.000 „Steyler Missionare“ aus 65 Nationen dem Aufbau und der Betreuung von Gemeinden; sie wirken als Priester, Brüder und Organisatoren verschiedenster Sozialprojekte rund um den Globus. Sie lehren als Professoren an ordenseigenen Universitäten, sie leiten Priesterseminare in Heimat und Mission, sie wirken in den Pfarreien von Ländern, in denen Priester fehlen, sie leiten Handwerksschulen und Entwicklungsprojekte; sie sind Forscher, Wissenschaftler, Publizisten und Piloten, die ihre Maschinen in alle Missionsgebiete rund um den Globus fliegen. Ihr Gründer Arnold Janssen stirbt am 15. Januar 1909:
„Er hatte alles gegeben … Ohne nach dem Tarif zu fragen. Auf die Deckplatte seines schlichten Grabes gravierten seine geistigen Söhne die Worte ein: Pater, Dux, Fundator noster. Unser Vater, Führer und Gründer.“
Die Antwort des Kölner Oberhirten fiel eindeutig aus:
„In Köln gibt es genug Heiden, die können Sie zuerst bekehren! Überdies leben wir in einer Zeit, in der alles stürzt und unterzugehen droht, und da kommen Sie und wollen etwas Neues anfangen ...“
Nun mochte der Bittsteller zwar schüchtern sein – einschüchtern aber ließ er sich nicht. Und konterte:
„Eben weil wir in einer Zeit leben, in der vieles zugrunde geht, muss dafür anderes neu entstehen …“
In der Tat – es waren ja auch schwierige Zeiten damals in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts, als im Deutschen Reich der Kulturkampf tobte, als antikatholische Gesetze für die Ausweisung von Priestern und Ordensleuten und sogar für die Inhaftierung von Bischöfen gesorgt hatten.
Dass die unbeirrte Antwort des kleinen Priesters Arnold Janssen den Grundstein für die Ordensgemeinschaft der Steyler Missionare legen würde – das konnte Erzbischof Melchers damals natürlich nicht ahnen. Und auch nicht, dass diese Ordensgemeinschaft, die zur Evangelisierung der Völker gegründet wurde, über ein Jahrhundert später in 60 Ländern der Erde vertreten sein würde.
Pater Roman Malek, Ordensmitglied im Missionshaus im rheinischen St. Augustin, Professor für Sinologie an der Universität Bonn und Chefredakteur der sinologischen Zeitschrift „Monumenta Serica“ über die Anfänge seines Ordens:
„Wir wurden gegründet eigentlich mit dem Ziel, China zu missionieren im Jahre 1875 in Steyl über die Grenze. Es war die Zeit des Kulturkampfes – also in Deutschland durfte man keine Orden gründen – und Arnold Janssen, der Gründer der Steyler Missionsgesellschaft ging dann sozusagen über die Grenze gleich nach Holland, nach Steyl, nicht weit von Venlo. Und die erste Mission, das war China. Das war die erste Liebe dieser deutschen Missionsgesellschaft. Die ersten Steyler Missionare sind dann im Jahre 1882 nach China gekommen, d. h. sie haben dort ein Gebiet, ein Missionsgebiet bekommen.“
Zielstrebigkeit, Unbeirrbarkeit, ja, die typisch niederrheinische Dickköpfigkeit, sind dem Gründer der „Steyler“ wohl in die Wiege gelegt worden.
Geboren wird Janssen 1837 in Goch in bescheidene Verhältnisse, wie in einer eigenen Dokumentation der „Steyler“ berichtet wird:
„1858. Das hatte niemand erwartet: die mathematische Preisaufgabe der Universität Bonn. Nur einer findet die Lösung: Arnold Janssen, 21 Jahre, Fuhrmannssohn aus Goch am Niederrhein… Arnold Janssen hat es geschafft. Man bietet ihm eine begehrte Lehramtsstelle in Berlin. Arnold lehnt ab. Der begabte Mathematiker ist nicht auf Existenzsicherheit und Karriere aus …“
Und doch wird der strebsame Fuhrmannssohn vom Niederrhein, den seine Mitschüler spöttisch den „Oberlehrer“ nennen, Gründer und Generaloberer eines Weltunternehmens:
„Das hatte niemand erwartet!“
Der schmächtige Junge mit dem hellen Kopf studiert Theologie, Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften und wird mit 24 Jahren zum Priester geweiht. Nach Zwischenstadien in Bocholt und Kempen verwirklicht er im September 1875, den Plan, für den er vergeblich versucht hatte, den Kölner Erzbischof zu gewinnen: er gründet das erste deutsche Missionshaus in einem baufälligen ehemaligen Wirtshaus in dem niederländischen Dorf Steyl an der Maas. Schrittweise baut er es zum Missionsorden „Societas Verbi Divini“ – „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“ – aus:
„Der Anfang in Steyl ist mehr als hart. Das begrenzte Haus kann nicht über die bittere Armut im Inneren hinwegtäuschen … Es ist ein wahres Wunder, dass die ersten Lateinschüler aus den kahlen Räumen nicht davonlaufen. Es herrscht Mangel am Nötigsten. Es fehlen Stühle: Arnold Janssen legt ein Brett über zwei Schemel. Es fehlt an Betten: Strohsäcke tun es auch. Es fehlt an Betttüchern: Janssen lässt die vorhandenen entzweischneiden und auf die Strohsäcke nähen. Nägel an der Wand ersetzen die fehlenden Schränke. Anfangs versucht sich einer nach dem anderen als Koch. Das Ergebnis ist dementsprechend …“
Insgesamt drei Ordensgesellschaften gründet Janssen: die Steyler Missionare, die Steyler Missionsschwestern und die Steyler Anbetungsschwestern. Er entsendet Missionare in alle Welt, damit sie mit dem Pioniergeist ihres Gründers in Afrika, Japan, in Neuguinea, auf den Philippinen und vor allem in China wirken.
Nun sind die „Steyler“ keineswegs die ersten Missionare im Reich der Mitte. Christliche Missionarstätigkeit hat dort damals schon eine lange Tradition, sind doch die ersten Missionsversuche bereits im siebten Jahrhundert bezeugt.
Roman Malek:
„Das Christentum ist belegt für China bereits im Jahre 635. Die Verbindungswege, das sind die Wege, die bei uns als Seidenstraßenwege bekannt sind. Wir verbinden Seidenstraße vielleicht mit Handelswegen, aber das waren auch Wege der interkulturellen und interreligiösen Begegnung. So kam das Christentum auch nach China... China war damals sehr groß und sehr kosmopolitisch und hat alle Religionen und Kulturen aufgenommen ... Das war natürlich eine andere Zeit, als dann später im 17. Jahrhundert Jesuiten nach China gingen – Matteo Ricci oder Johann Adam Schall von Bell, der Kölner Jesuit, der der große Astronom am Kaiserhof war ... Matteo Ricci und Adam Schall kamen in der sogenannten Ming-Dynastie ...“
Was Arnold Janssen mit einigen wenigen Getreuen 1875 in einem ehemaligen Wirtshaus in Steyl begann, hat sich längst zu einem weltweit tätigen Missionsorden entwickelt. 1975 wird der Ordensgründer von Papst Paul VI. seliggesprochen:
28 Jahre nach diesem Ereignis spricht Papst Johannes Paul II. Anold Janssen heilig. Heute widmen sich die meisten der rund 10.000 „Steyler Missionare“ aus 65 Nationen dem Aufbau und der Betreuung von Gemeinden; sie wirken als Priester, Brüder und Organisatoren verschiedenster Sozialprojekte rund um den Globus. Sie lehren als Professoren an ordenseigenen Universitäten, sie leiten Priesterseminare in Heimat und Mission, sie wirken in den Pfarreien von Ländern, in denen Priester fehlen, sie leiten Handwerksschulen und Entwicklungsprojekte; sie sind Forscher, Wissenschaftler, Publizisten und Piloten, die ihre Maschinen in alle Missionsgebiete rund um den Globus fliegen. Ihr Gründer Arnold Janssen stirbt am 15. Januar 1909:
„Er hatte alles gegeben … Ohne nach dem Tarif zu fragen. Auf die Deckplatte seines schlichten Grabes gravierten seine geistigen Söhne die Worte ein: Pater, Dux, Fundator noster. Unser Vater, Führer und Gründer.“