"Heim nach Polen"
Das Berliner Festival <papaya:link href="http://www.hebbel-am-ufer.de/de/kuenstler/kuenstler_17970.html?HAU=2" text="Polski Express" title="Polski Express" target="_self" /> provoziert - mit der äußerst ungewöhnlichen Performance der jüdischen Künstlerin Yael Bartana, die in Israel lebende Juden auffordert, nach Polen zurückzukehren, und damit ein groß angelegtes Repatriierungsprogramm startet.
"Wir wollen zurück. Nicht nach Uganda, Argentinien, Syrien oder Madagaskar. Auch nicht nach Palästina, sondern nach Europa, in den Kontinent unserer Väter und Vorväter. Ganz besonders Polen liegt uns am Herzen, das immer noch in unseren Gedanken und Träumen existiert ... ."
Auf der dunklen Bühne des Berliner Hebbel Theaters stehend, ruft die israelische Documenta-Künstlerin Yael Bartana in einer verstörend propagandistischen Kunstaktion die Juden zur Rückkehr nach Polen auf.
"Du fragst, warum wir alte Wunden öffnen, warum wir alte Dämonen beschwören. Darauf antworten wir dir: Nur so können wir Geschichte verstehen, nur so kommt Geschichte zu uns."
Jewish Renaissance Movement nennt sich die Kunst-Performance, die sich zum Ziel gesetzt hat, in den nächsten Jahren drei Millionen Juden in Polen anzusiedeln. Eine Provokation der 1970 geborenen Multimediakünstlerin Yael Bartana, die sich auf eine sehr ungewöhnliche Weise mit dem Antisemitismus in Polen auseinandersetzt.
"Das Anliegen dieser Performance ist, keine Angst zu schüren, sondern einen Diskurs in Gang zu setzen. Es geht um so wichtige Fragen wie die des Nationalismus, Antisemitismus, der europäischen Verantwortung gegenüber den Juden."
Noch immer sind Vorurteile gegenüber Juden besonders in Polen völlig selbstverständlich. Auch wenn Polen nicht das einzige Land ist, in dem antisemitische Übergriffe passieren, so ist die Selbstverständlichkeit, mit der antijüdische Haltungen in die Öffentlichkeit getragen werden, doch erschreckend.
So gehören judenfeindliche Schmierereien auf Häusern und Plakatwänden zum Alltagsbild. Antijüdische Einstellungen bis hin zu offenem Antisemitismus in der Gesellschaft stellen ein ernstes Problem dar. Während eines Wahlkampfauftritts legte beispielsweise Lech Wałęsa darauf Wert, seine "rein" polnische Herkunft hervorzuheben.
Dinge, die die jüdische Künstlerin Yael Bartana veranlasst haben, deren Vorfahren bereits in den 30er-Jahren als jüdische Siedler aus Polen nach Palästina ausgewandert sind, sich ausgiebig mit diesem Thema zu beschäftigen.
"Ich hoffe auf ein neues Polen, ich hoffe auf ein Polen, dass es sich öffnet. Aber nicht nur für die Juden, auch für die anderen, die ins Land wollen, damit es wieder ein kosmopolitisches Land wird, was einmal war."
So gerät immer wieder schnell in Vergessenheit, dass es in Polen gerade die kommunistische Staatsführung war, die 1968 eine einzigartige, breit angelegte antisemitische Hetzkampagne startete. Ausgangspunkt waren die Studentenproteste. Als Drahtzieher galt eine Gruppe von "Zionisten", wie man sich damals pflegte auszudrücken, die angeblich die Aufstände finanzierte und das Ziel verfolgt hätte, die polnische Jugend zu verhetzen. Tausende polnische Juden verloren ihre Arbeit, waren Repressalien ausgesetzt, einige begingen Selbstmord. 20.000 bis 25.000 Juden mussten letztlich Polen verlassen und haben mit ihrer Ausreise auch die polnische Staatsbürgerschaft verloren.
"Es ist sehr ironisch und wirft ein Licht auf die Stalinisten und Kommunisten, nämlich, dass sie immer Wert darauf legten, dass alle Menschen Brüder sein sollten. Aber dass sie es gerade waren, die dann ethnische Säuberungen durchgeführt haben, ist unglaublich. Wir Juden dürfen das nicht vergessen. Und sollten uns dieser Geschichte immer bewusst sein, wenn es um den Kampf gegen Unterdrückung geht","
so der Warschauer Rabbiner Burt Schuman. Er warnt aber eindringlich davor, jetzt alle Polen deshalb kollektiv als judenfeindlich zu bezeichnen.
Yael Bartanas provokante Performance "We will be strong in our weakness", die der dritte und letzte Teil ihrer Filmtrilogie über die polnisch-jüdischen Beziehungen ist, ist auch ein deutlicher Fingerzeig, dass die Schoah in der polnischen Erinnerungskultur immer noch die Gemüter erhitzt.
Unverständlich für Slawomir Sierakowski. Begründer polnischen Zeitschrift "Krytyka Polityczna" und einer der führenden jungen polnischen Intellektuellen, der sich intensiv mit dem aktuellen Antisemitismus in Polen auseinandersetzt. Die Performance setzt in seinen Augen genau richtig an, indem sie provoziert und Fragen stellt.
""Es ist ein Weg, wie man diese Problematik in der polnischen Öffentlichkeit ansprechen kann, dass es verständlich wird und möglicherweise letztlich auch etwas in der Wahrnehmung ändert. Und das ist doch eine große Herausforderung."
Die Kunstaktion der israelischen Künstlerin Yael Bartana ist aber ein noch weiterreichender provokanter Kommentar. Es geht ihr auch um eine Kritik an Israels Siedlungspolitik. Und so will Yael Bartana nicht nur den Juden zurufen "Kehrt zurück", sondern auch den jungen Palästinensern, dass sie doch zurückkehren mögen in das Land, in dem ihre Vorfahren einst mal gelebt haben.
"Mit einer Religion: können wir nicht glauben.
Mit einer Farbe: können wir nicht sehen.
Mit einer Kultur: können wir nicht fühlen.
Ohne dich, können wir uns nicht erinnern."
Mit bestechender Radikalität, thematisiert Yael Bartana in bedrückender Weise den alltäglichen Antisemitismus. Sie zeigt, was vom jüdischen Leben in Polen noch übrig ist, und das es sich nicht so einfach aus dem kollektiven Gedächtnis ausradieren lässt. Ihr Blick ist geprägt von einer fast kindlichen Sehnsucht nach Harmonie und Versöhnung, der die Betrachter aber relativ ernüchtert zurücklässt.
Auf der dunklen Bühne des Berliner Hebbel Theaters stehend, ruft die israelische Documenta-Künstlerin Yael Bartana in einer verstörend propagandistischen Kunstaktion die Juden zur Rückkehr nach Polen auf.
"Du fragst, warum wir alte Wunden öffnen, warum wir alte Dämonen beschwören. Darauf antworten wir dir: Nur so können wir Geschichte verstehen, nur so kommt Geschichte zu uns."
Jewish Renaissance Movement nennt sich die Kunst-Performance, die sich zum Ziel gesetzt hat, in den nächsten Jahren drei Millionen Juden in Polen anzusiedeln. Eine Provokation der 1970 geborenen Multimediakünstlerin Yael Bartana, die sich auf eine sehr ungewöhnliche Weise mit dem Antisemitismus in Polen auseinandersetzt.
"Das Anliegen dieser Performance ist, keine Angst zu schüren, sondern einen Diskurs in Gang zu setzen. Es geht um so wichtige Fragen wie die des Nationalismus, Antisemitismus, der europäischen Verantwortung gegenüber den Juden."
Noch immer sind Vorurteile gegenüber Juden besonders in Polen völlig selbstverständlich. Auch wenn Polen nicht das einzige Land ist, in dem antisemitische Übergriffe passieren, so ist die Selbstverständlichkeit, mit der antijüdische Haltungen in die Öffentlichkeit getragen werden, doch erschreckend.
So gehören judenfeindliche Schmierereien auf Häusern und Plakatwänden zum Alltagsbild. Antijüdische Einstellungen bis hin zu offenem Antisemitismus in der Gesellschaft stellen ein ernstes Problem dar. Während eines Wahlkampfauftritts legte beispielsweise Lech Wałęsa darauf Wert, seine "rein" polnische Herkunft hervorzuheben.
Dinge, die die jüdische Künstlerin Yael Bartana veranlasst haben, deren Vorfahren bereits in den 30er-Jahren als jüdische Siedler aus Polen nach Palästina ausgewandert sind, sich ausgiebig mit diesem Thema zu beschäftigen.
"Ich hoffe auf ein neues Polen, ich hoffe auf ein Polen, dass es sich öffnet. Aber nicht nur für die Juden, auch für die anderen, die ins Land wollen, damit es wieder ein kosmopolitisches Land wird, was einmal war."
So gerät immer wieder schnell in Vergessenheit, dass es in Polen gerade die kommunistische Staatsführung war, die 1968 eine einzigartige, breit angelegte antisemitische Hetzkampagne startete. Ausgangspunkt waren die Studentenproteste. Als Drahtzieher galt eine Gruppe von "Zionisten", wie man sich damals pflegte auszudrücken, die angeblich die Aufstände finanzierte und das Ziel verfolgt hätte, die polnische Jugend zu verhetzen. Tausende polnische Juden verloren ihre Arbeit, waren Repressalien ausgesetzt, einige begingen Selbstmord. 20.000 bis 25.000 Juden mussten letztlich Polen verlassen und haben mit ihrer Ausreise auch die polnische Staatsbürgerschaft verloren.
"Es ist sehr ironisch und wirft ein Licht auf die Stalinisten und Kommunisten, nämlich, dass sie immer Wert darauf legten, dass alle Menschen Brüder sein sollten. Aber dass sie es gerade waren, die dann ethnische Säuberungen durchgeführt haben, ist unglaublich. Wir Juden dürfen das nicht vergessen. Und sollten uns dieser Geschichte immer bewusst sein, wenn es um den Kampf gegen Unterdrückung geht","
so der Warschauer Rabbiner Burt Schuman. Er warnt aber eindringlich davor, jetzt alle Polen deshalb kollektiv als judenfeindlich zu bezeichnen.
Yael Bartanas provokante Performance "We will be strong in our weakness", die der dritte und letzte Teil ihrer Filmtrilogie über die polnisch-jüdischen Beziehungen ist, ist auch ein deutlicher Fingerzeig, dass die Schoah in der polnischen Erinnerungskultur immer noch die Gemüter erhitzt.
Unverständlich für Slawomir Sierakowski. Begründer polnischen Zeitschrift "Krytyka Polityczna" und einer der führenden jungen polnischen Intellektuellen, der sich intensiv mit dem aktuellen Antisemitismus in Polen auseinandersetzt. Die Performance setzt in seinen Augen genau richtig an, indem sie provoziert und Fragen stellt.
""Es ist ein Weg, wie man diese Problematik in der polnischen Öffentlichkeit ansprechen kann, dass es verständlich wird und möglicherweise letztlich auch etwas in der Wahrnehmung ändert. Und das ist doch eine große Herausforderung."
Die Kunstaktion der israelischen Künstlerin Yael Bartana ist aber ein noch weiterreichender provokanter Kommentar. Es geht ihr auch um eine Kritik an Israels Siedlungspolitik. Und so will Yael Bartana nicht nur den Juden zurufen "Kehrt zurück", sondern auch den jungen Palästinensern, dass sie doch zurückkehren mögen in das Land, in dem ihre Vorfahren einst mal gelebt haben.
"Mit einer Religion: können wir nicht glauben.
Mit einer Farbe: können wir nicht sehen.
Mit einer Kultur: können wir nicht fühlen.
Ohne dich, können wir uns nicht erinnern."
Mit bestechender Radikalität, thematisiert Yael Bartana in bedrückender Weise den alltäglichen Antisemitismus. Sie zeigt, was vom jüdischen Leben in Polen noch übrig ist, und das es sich nicht so einfach aus dem kollektiven Gedächtnis ausradieren lässt. Ihr Blick ist geprägt von einer fast kindlichen Sehnsucht nach Harmonie und Versöhnung, der die Betrachter aber relativ ernüchtert zurücklässt.