He-Man erlebt Revival

Actionfiguren gegen Pippi-Langstrumpf-Idylle

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He-Man reitet auf einem Monster.
Breiter Brustkorb, umfangreiche Oberarme: He-Man mit seiner immensen physischen Stärke steht geradezu ikonisch für das Phänomen des "Amerika-Trash". © imago images / Everett Collection
Jörg Scheller im Gespräch mit Max Oppel · 11.05.2020
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In den Achtzigern brachte die Actionfigur He-Man den amerikanischen Trash in die bildungsbürgerlichen Kinderzimmer. Es sei fast etwas Verdorbenes gewesen, erinnert sich der Kulturhistoriker Jörg Scheller. Bald erscheinen neue He-Man-Folgen.
Ganze Wochenenden haben Kinder in den Achtzigerjahren mit He-Man und seinen Masters of the Universe zugebracht und gespielt: Bunte Actionfiguren, Muskelprotze aus Plastik.
Nun scheinen He-Man und seine Getreuen ein Revival zu erleben: Der Streamingdienst Netflix produziert neue Folgen der Trash-Saga. Gleichzeitig wird die alte Serie auf Blu-ray neu veröffentlicht.

He-Man-Nostalgie für Männer in der Midlifecrisis

Aus Sicht des Kunsthistorikers Jörg Scheller ist dies eine sinnvolle Marktentscheidung. "Die Kids von damals kommen jetzt in die Midlifecrisis." Viele blicken dann nostalgisch auf die Kindertage und die damals geliebten He-Man-Figuren zurück. "Und gleichzeitig interessiert man sich vielleicht für ein Update mit veränderter Technik, was jetzt bei Netflix der Fall sein wird."
Auch Scheller selbst war als Kind He-Man-Fan. "Ich bin in der süddeutschen Provinz, in einer christlich-ländlich geprägten Kleinstadt groß geworden", sagt er. Da sei "der Einbruch dieser amerikanischen Kulturindustrie natürlich ein Faszinosum" gewesen, das nicht zum Alltag gehört habe.
"Das war nicht das, was die Eltern sehen wollten bei uns", erinnert sich Scheller. "Man hat uns eben mit Pippi Langstrumpf und Michel aus Lönneberga traktiert. Und insofern waren die Masters of the Universe erst einmal ein faszinierendes Paralleluniversum. Man hatte immer noch so ein bisschen das Gefühl, es ist was Verbotenes und etwas Verdorbenes."

He-Man und Pippi Langstrumpf

Angesichts des heute wieder "grassierenden Pippi-Langstrumpf-Booms" sieht Scheller daher auch wieder "eine gewisse Aktualität" für die Masters of the Universe – und einen weiteren Grund für deren Neuerweckung: "Pippi Langstrumpf war ja so die bildungsbürgerliche Superheldin der Achtzigerjahre. Und ich finde die jetzt im Rückblick eigentlich wahnsinnig spießig und bieder. Das war dieses skandinavische Idyll, das da beschworen wurde. Und dem so ein bisschen Trash entgegenzusetzen, finde ich zurzeit gar nicht so übel."
He-Man und seine Getreuen seien eigentlich nicht "originell" und nicht "innovativ" gewesen, betont er. Aber genau dies habe ihren Erfolg ausgemacht. "Was das Franchise geleistet hat, das ist ein großer Mythensampler, großer Referenzensampler. Da wird alles reingeklatscht und für ein Massenpublikum aufbereitet. Das ist nicht wahnsinnig originell, was da passiert. Und das ist Stärke und Schwäche zugleich. Es ist ein klassisches Format für Zielgruppenmaximierung. Und das haben die Masters of the Universe famos geleistet."
(lkn)
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