Haydn kompakt

Wer bislang bei Joseph Haydn nur an das Klischee vom "Papa Haydn" denkt, wird durch diese knappe, aber äußerst informative Monographie eines Besseren belehrt. Arnold Werner-Jensen stellt den Lebens- und Karriereweg des Komponisten vor und schildert seine Bescheidenheit, aber auch seinen Humor und seine musikgeschichtliche Bedeutung. Als Einstieg für Haydn-Anfänger bestens geeignet!
Joseph Haydn ist einer der Komponisten, die am hartnäckigsten von Klischees verfolgt werden. Vor allem das Wort vom "Papa Haydn" - ursprünglich verehrungsvoll gemeint - wird heute eher im Sinne schulterklopfender Herablassung zitiert; ein Missverständnis wie auch das Vorurteil von Haydns angeblich schlichtem Gemüt.

Arnold Werner-Jensen korrigiert dieses landläufige Bild in seiner knappen Monographie, indem er den Leser auf eine Wanderung durch die Lebensgeschichte des Komponisten mitnimmt, Seitenblicke auf die geistige Verfassung der damaligen Zeit wirft und in groben Zügen die wichtigsten Werke Haydns würdigt und historisch einordnet, um abschließend einen Blick auf dessen Rezeptionsgeschichte zu werfen - und das alles auf nur 128 Seiten!

Es ist ohne Frage die knappste unter den neueren Haydn-Biographien, aber auch eine der substantiellsten, denn sie fasst auf engstem Raum alles zusammen, was man über den Komponisten wissen muss. Werner-Jensen informiert leicht lesbar und für jedermann verständlich über Haydns Charakter, sein Leben, sein Werk und seine musikgeschichtliche Bedeutung.

Kein leichtes Unterfangen bei der Biographie und Werkfülle des Klassikers, aber der Autor weiß die Spreu vom Weizen zu trennen und sein Thema anschaulich darzustellen. Zwei Drittel des Buches schildern ein plastisches Bild des Ausbildungs- und Karrierewegs des Komponisten, vor allem jene 30 Jahre in Diensten der Esterhazys, wo er abgeschieden vom Rest der Welt, in materieller Gesichertheit und vom Fürsten hochgeschätzt, in der Provinz eine beispiellose musikalische Werkstatt aufschlagen konnte, in der er nach Herzenslust in allen Gattungen experimentieren konnte.

Sehr anschaulich führt der Biograph den Arbeitsalltag Haydns, sein Dienstverhältnis und seine Entwicklung zum gefeierten Komponisten Europas vor Augen. Das Buch legt vor allem darauf Wert, Haydns sympathische Persönlichkeit, seine tiefe Freundschaft mit Mozart, seine Bescheidenheit und kritische Selbsteinschätzung zu vermitteln. Haydn war - allen Vorurteilen zum Trotz - ein gebildeter und vielseitig interessierter Mann und kannte die Tendenzen seiner Epoche. Wer vorher nichts darüber wusste, versteht nach der Lektüre des Buches, warum der Komponist als Pionier der klassischen Sinfonie und des Streichquartetts gilt und warum seine Gattungsmodelle in die Musikgeschichte eingingen, die ihn trotzdem im Schatten Mozarts und Beethovens dem Vergessen preisgab.

Das Buch macht neugierig auf das Hören Haydnscher Musik, weil sie, wie Werner-Jensen erläutert, ein Denken, kein Dichten in Tönen ist und weil sie Witz, Komik und Humor in seltener Weise einzusetzen weiß. Wer mehr über den Klassiker wissen möchte, dem gibt Werner-Jensen noch einen praktischen Überblick zur wichtigsten Haydn-Literatur mit auf den Weg. Mit diesem Büchlein kann sich auch der Haydn-unkundigste Musikfreund getrost auf den Ansturm an Events und Publikationen, Veranstaltungen und CD-Neuerscheinungen im Gedenkjahr wappnen.

Rezensiert von Dieter David Scholz

Arnold Werner-Jensen: Joseph Haydn
C. H. Beck Verlag, März 2009
128 Seiten. 7,90 Euro