Hauk gegen Aussetzung der Milchquote
Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk hat die Forderung nach einer Aussetzung der Milchquote zurückgewiesen. Eine derartige Maßnahme sei "zweifelsohne Planwirtschaft" und mache nur dann Sinn, wenn alle EU-Länder diese Idee unterstützten, betonte der CDU-Politiker. Dafür zeichne sich allerdings keine Mehrheit ab.
Christopher Ricke: Es gibt wieder massiven Protest der Milchbauern in Europa. Deutsche Milchbäuerinnen gehen in den Hungerstreik, französische Milchbauern kippen Milch auf die Straße, die Stimmung ist aufgeheizt, heute kommen die Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern zusammen zu einer Sondersitzung, sie wollen eine gemeinsame Linie verabreden, bevor dann die EU-Agrarminister tagen. Das Problem ist klar zu benennen: es wird zu viel Milch produziert, die Preise sind im Keller und Milchbauern, die den Dung ihrer Kühe zu Biogas vergären, verdienen damit inzwischen mehr Geld als mit der Milchproduktion. – Ich spreche jetzt mit Peter Hauk von der CDU, er ist Minister für Ernährung und ländlichen Raum in Baden-Württemberg, er ist auch studierter Forstwirt. Guten Morgen, Herr Hauk.
Peter Hauk: Guten Morgen, Herr Ricke.
Ricke: Die Arbeiter bei Opel haben Hoffnung, weil die Bundesregierung helfen wird, Opel zu retten. Welche Hoffnung haben die deutschen Milchbauern?
Hauk: Die deutschen Milchbauern können insofern Hoffnung schöpfen, dass wir sie in dieser Krise nicht alleine lassen. Dort, wo es Liquiditätsschwierigkeiten gibt, werden wir wie bei anderen Unternehmungen gleichermaßen alles tun, um diese auch zu überbrücken. Allerdings: Überproduktion vom Markt zu beseitigen, ist nicht mehr Sache der Politik, sondern dort müssen die Produzenten selber – und vor allen Dingen die Milchwirtschaft, das heißt die Molkereien – selber die Verantwortung tragen. Wenn Milch nicht abgesetzt werden kann, dann darf sie erst gar nicht produziert werden.
Ricke: Das heißt, die Idee, die gleich von nebenan kommt, aus Bayern, fünf Prozent der Milchquote noch im laufenden Milchwirtschaftsjahr auszusetzen, bis wieder ein Marktgleichgewicht hergestellt wird, das ist Planwirtschaft?
Hauk: Das ist zweifelsohne Planwirtschaft, aber sie würde sicherlich etwas bringen, wenn alle europäischen Länder einer solchen Idee nähertreten würden. Dabei zeichnen sich allerdings keine Mehrheiten ab. Das ist das Kritische. Wenn wir einen nationalen Alleingang machen würden, hätte das nur zur Folge, dass aus anderen europäischen Ländern billige Milch nach Deutschland hineinströmt. Den Bauern wäre damit nicht gedient, der Milchwirtschaft auch nicht.
Ricke: Die Bauern sagen ja, wenn der Markt immer weiter geöffnet wird, dann ertrinken wir in Milch, dann saufen wir da schlichtweg ab. Wie kann man denn jetzt die Bundesagrarministerin Ilse Aigner in Brüssel stärken?
Hauk: Ich glaube, es ist notwendig, dass wir in Deutschland zunächst mal alles dafür tun, dass wir unsere Strukturen stärken. Das heißt in allererster Linie, dass auch die Milchwirtschaft, die Molkereien ihrer Verantwortung endlich nachkommen müssen. Es kann nicht sein, dass dort Milch produziert wird und das Milchpulver wird in den Keller eingelagert, oder man ruft dann die Europäische Union zur Hilfe für Interventionen und dergleichen mehr. Das ist das eine.
Das andere heißt allerdings auch, dass wir der Bundesagrarministerin den Rücken stärken, wenn es um Verhandlungen in Brüssel geht, aber uns ist natürlich auch klar, dass die Verhandlungsposition Deutschlands als dem größten Milchlieferanten, aber auch dem größten, der Milch überliefert (nach dem bisherigen Quotensystem), nicht einfach ist.
Ricke: Wenn wir uns die Tatsache ansehen, dass die Milchproduktion in Deutschland einfach zu groß ist, dass es zu teuer ist, um wirklich am Markt bestehen zu können, wenn die Bauern von ihren Produkten nicht mehr leben können, heißt das, wenn man den Spieß umdreht, nicht, wenn wir jetzt hier weiterhelfen, wenn wir weitersubventionieren, wird uns das später teuer zu stehen kommen? Stichwort Steinkohlesubventionen; droht uns so was bei der Milch?
Hauk: Das droht uns bei der Milch nicht. Wir sind ja nicht a priori zu teuer, sondern derzeit ist einfach zu viel Milch auf dem Markt und die Verbrauchernachfrage hat vor allen Dingen im letzten Jahr einen Einbruch (nicht nur in Deutschland, sondern europaweit, weltweit sogar) erlebt. Wir haben allein in Deutschland 1,5 Prozent Anteile im Milchsektor letztendlich verloren. Die Industrie setzt mehr Pflanzenfette statt Milchfette beispielsweise ein, der Verbraucher kauft weniger Jogurt und Quark, und das schlägt eben durch und da müssen sich die Molkereien an diesen geänderten Verbraucherverhalten ein Stück weit (natürlich an der Produktionsmenge) anpassen. Das entscheidende ist: die Wertschöpfungstiefe ist bei uns in Deutschland noch zu gering. Wir produzieren 0815-Käse, wir produzieren zu viel Milchpulver und H-Milch und zu wenig Produkte mit einer hohen Wertschöpfung im Jogurt-Bereich, im Käse-Bereich, im Bereich des Quarks beispielsweise, wenn Sie so wollen zu wenig Markenartikel und zu viel weiße Ware.
Ricke: Es geht ja vielleicht bei der Milch nicht nur um das schiere Lebensmittel, um die Marktwirtschaft und den Handel; vielleicht geht es ja tatsächlich auch um einen höheren Wert, um die bäuerliche Kulturlandschaft. Ein Forstwirt wie Sie, der weiß ja: man kann den Wald auch nicht einfach dem Markt überlassen, man muss ihn pflegen. Und die Umweltschützer sagen das auch: ein hoher Milchpreis sei die Voraussetzung für Naturschutz in der Landwirtschaft. Kommen wir irgendwann an den Punkt, an dem wir sagen, wir müssen die Bauern direkt bezahlen, mit einem staatlichen Abnahme-Garantiepreis vielleicht?
Hauk: Der Punkt ist ja folgender: ein hoher Milchpreis ist eine Voraussetzung für die Existenz der Landwirte. Deshalb müssen wir alles dafür tun, damit ein hoher Milchpreis erzielt wird. Das kann durch die von mir vorhin geschilderten Maßnahmen, mehr Wertschöpfungstiefe in der Milch, gelingen und durch eine aktive Steuerung des Marktes durch die Milchwirtschaft selber, durch die Molkereien. Das ist das eine.
Das zweite: wir haben natürlich nicht überall gleiche Produktionsverhältnisse. Schon in Deutschland sind die Unterschiede zwischen Nord und Süd unwahrscheinlich hoch. Die Produktionskosten in Bayern und Baden-Württemberg in den Mittelgebirgen sind deutlich höher. Das heißt, dort werden wir immer auch über Flächenbeihilfen Wettbewerbsnachteile ausgleichen müssen, weil einfach Produktionskosten schlichtweg höher sind, und wir wollen alles tun, dass gerade diese sensiblen Grünland-Landschaften auch erhalten bleiben.
Ricke: Der Minister für Ernährung und ländlichen Raum in Baden-Württemberg. Vielen Dank, Herr Hauk.
Hauk: Bitte schön.
Peter Hauk: Guten Morgen, Herr Ricke.
Ricke: Die Arbeiter bei Opel haben Hoffnung, weil die Bundesregierung helfen wird, Opel zu retten. Welche Hoffnung haben die deutschen Milchbauern?
Hauk: Die deutschen Milchbauern können insofern Hoffnung schöpfen, dass wir sie in dieser Krise nicht alleine lassen. Dort, wo es Liquiditätsschwierigkeiten gibt, werden wir wie bei anderen Unternehmungen gleichermaßen alles tun, um diese auch zu überbrücken. Allerdings: Überproduktion vom Markt zu beseitigen, ist nicht mehr Sache der Politik, sondern dort müssen die Produzenten selber – und vor allen Dingen die Milchwirtschaft, das heißt die Molkereien – selber die Verantwortung tragen. Wenn Milch nicht abgesetzt werden kann, dann darf sie erst gar nicht produziert werden.
Ricke: Das heißt, die Idee, die gleich von nebenan kommt, aus Bayern, fünf Prozent der Milchquote noch im laufenden Milchwirtschaftsjahr auszusetzen, bis wieder ein Marktgleichgewicht hergestellt wird, das ist Planwirtschaft?
Hauk: Das ist zweifelsohne Planwirtschaft, aber sie würde sicherlich etwas bringen, wenn alle europäischen Länder einer solchen Idee nähertreten würden. Dabei zeichnen sich allerdings keine Mehrheiten ab. Das ist das Kritische. Wenn wir einen nationalen Alleingang machen würden, hätte das nur zur Folge, dass aus anderen europäischen Ländern billige Milch nach Deutschland hineinströmt. Den Bauern wäre damit nicht gedient, der Milchwirtschaft auch nicht.
Ricke: Die Bauern sagen ja, wenn der Markt immer weiter geöffnet wird, dann ertrinken wir in Milch, dann saufen wir da schlichtweg ab. Wie kann man denn jetzt die Bundesagrarministerin Ilse Aigner in Brüssel stärken?
Hauk: Ich glaube, es ist notwendig, dass wir in Deutschland zunächst mal alles dafür tun, dass wir unsere Strukturen stärken. Das heißt in allererster Linie, dass auch die Milchwirtschaft, die Molkereien ihrer Verantwortung endlich nachkommen müssen. Es kann nicht sein, dass dort Milch produziert wird und das Milchpulver wird in den Keller eingelagert, oder man ruft dann die Europäische Union zur Hilfe für Interventionen und dergleichen mehr. Das ist das eine.
Das andere heißt allerdings auch, dass wir der Bundesagrarministerin den Rücken stärken, wenn es um Verhandlungen in Brüssel geht, aber uns ist natürlich auch klar, dass die Verhandlungsposition Deutschlands als dem größten Milchlieferanten, aber auch dem größten, der Milch überliefert (nach dem bisherigen Quotensystem), nicht einfach ist.
Ricke: Wenn wir uns die Tatsache ansehen, dass die Milchproduktion in Deutschland einfach zu groß ist, dass es zu teuer ist, um wirklich am Markt bestehen zu können, wenn die Bauern von ihren Produkten nicht mehr leben können, heißt das, wenn man den Spieß umdreht, nicht, wenn wir jetzt hier weiterhelfen, wenn wir weitersubventionieren, wird uns das später teuer zu stehen kommen? Stichwort Steinkohlesubventionen; droht uns so was bei der Milch?
Hauk: Das droht uns bei der Milch nicht. Wir sind ja nicht a priori zu teuer, sondern derzeit ist einfach zu viel Milch auf dem Markt und die Verbrauchernachfrage hat vor allen Dingen im letzten Jahr einen Einbruch (nicht nur in Deutschland, sondern europaweit, weltweit sogar) erlebt. Wir haben allein in Deutschland 1,5 Prozent Anteile im Milchsektor letztendlich verloren. Die Industrie setzt mehr Pflanzenfette statt Milchfette beispielsweise ein, der Verbraucher kauft weniger Jogurt und Quark, und das schlägt eben durch und da müssen sich die Molkereien an diesen geänderten Verbraucherverhalten ein Stück weit (natürlich an der Produktionsmenge) anpassen. Das entscheidende ist: die Wertschöpfungstiefe ist bei uns in Deutschland noch zu gering. Wir produzieren 0815-Käse, wir produzieren zu viel Milchpulver und H-Milch und zu wenig Produkte mit einer hohen Wertschöpfung im Jogurt-Bereich, im Käse-Bereich, im Bereich des Quarks beispielsweise, wenn Sie so wollen zu wenig Markenartikel und zu viel weiße Ware.
Ricke: Es geht ja vielleicht bei der Milch nicht nur um das schiere Lebensmittel, um die Marktwirtschaft und den Handel; vielleicht geht es ja tatsächlich auch um einen höheren Wert, um die bäuerliche Kulturlandschaft. Ein Forstwirt wie Sie, der weiß ja: man kann den Wald auch nicht einfach dem Markt überlassen, man muss ihn pflegen. Und die Umweltschützer sagen das auch: ein hoher Milchpreis sei die Voraussetzung für Naturschutz in der Landwirtschaft. Kommen wir irgendwann an den Punkt, an dem wir sagen, wir müssen die Bauern direkt bezahlen, mit einem staatlichen Abnahme-Garantiepreis vielleicht?
Hauk: Der Punkt ist ja folgender: ein hoher Milchpreis ist eine Voraussetzung für die Existenz der Landwirte. Deshalb müssen wir alles dafür tun, damit ein hoher Milchpreis erzielt wird. Das kann durch die von mir vorhin geschilderten Maßnahmen, mehr Wertschöpfungstiefe in der Milch, gelingen und durch eine aktive Steuerung des Marktes durch die Milchwirtschaft selber, durch die Molkereien. Das ist das eine.
Das zweite: wir haben natürlich nicht überall gleiche Produktionsverhältnisse. Schon in Deutschland sind die Unterschiede zwischen Nord und Süd unwahrscheinlich hoch. Die Produktionskosten in Bayern und Baden-Württemberg in den Mittelgebirgen sind deutlich höher. Das heißt, dort werden wir immer auch über Flächenbeihilfen Wettbewerbsnachteile ausgleichen müssen, weil einfach Produktionskosten schlichtweg höher sind, und wir wollen alles tun, dass gerade diese sensiblen Grünland-Landschaften auch erhalten bleiben.
Ricke: Der Minister für Ernährung und ländlichen Raum in Baden-Württemberg. Vielen Dank, Herr Hauk.
Hauk: Bitte schön.